Mattes und Merkel auf der IAA – kurz darauf kündigte der Verbandschef seinen Rücktritt an Foto: dpa

Die Autobranche hadert seit Jahren mit ihren Cheflobbyisten. Möglicherweise liegt das nicht an deren angeblicher Unfähigkeit, sondern an der Industrie selbst, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Der Frust muss tief gesessen haben. Noch am Vormittag eröffnete der Chef des Auto-Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, zusammen mit der Kanzlerin die Automesse IAA, am Abend schmiss er die Brocken hin und kündigte seinen Rückzug an. Er steht damit ganz in der Tradition seiner Vorgänger, deren Ausscheiden aus dem Amt ebenfalls forciert wurde, indem Gerüchte über deren bevorstehende Ablösung kursierten, die sich auf wundersame Weise selbst bewahrheiteten. Schon Bernd Gottschalk, der bis 2007 die Interessen dieser Industrie vertreten hatte, musste sich aus den Chefetagen in anonymisierter Form einen zu weichen Umgang mit der Deutschen Umwelthilfe vorwerfen lassen. Seinem Nachfolger Matthias Wissmann wurde zum Verhängnis, dass er die Branche angesichts von Dieselskandal und Kartellverstößen vor dem „Surfen in rechtlichen Grauzonen“ warnte. Nun also Mattes.

Lobbyist oder Brückenbauer?

Während sich die Chefs von Volkswagen und Daimler in Dialog mit Umweltpolitikern und Aktivisten einsichtig zeigen, kann manchen Herstellern die politische Interessenvertretung offenbar gar nicht hart genug sein. Dabei hat letztlich auch Mattes dafür gesorgt, dass die IAA dieses Mal zu der Plattform für den Dialog über die Mobilität wurde, von der die Vorstände regen Gebrauch machten.

Ex-EU-Kommissar Günther Oettinger wäre sicher ein hochkarätiger Cheflobbyist – doch bequem wäre er nicht. Er hat sich nichts mehr zu beweisen und würde wohl mindestens ebenso intensiv wie seine Vorgänger darauf pochen, dass die Branche all ihren Bekenntnissen weitere Taten folgen lässt. Nur so lässt sich gegenüber der Politik die Glaubwürdigkeit aufbauen, die durch die Dieselmanipulationen nachhaltig beschädigt wurde.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de