Beim Kostümdefilee am Samstagabend ist der Andrang auf dem Marktplatz und vor der Gondelbrücke riesig. Foto: Werner Kuhnle

Vom 6. bis zum 8. September brachte die Venezianische Messe den Karneval aus Venedig nach Ludwigsburg. Tagsüber bei Sonnenschein, am Abend prachtvoll illuminiert, präsentierten Kostümträger ihre Gewänder.

Die Barockstadt ist im Venedigfieber gewesen. Sogar die Schaufensterpuppen der Modegeschäfte trugen Masken. Rund 1000 Maskenträger und mehr als 70 000 Besucher sind die Bilanz der Venezianischen Messe auf dem Marktplatz in Ludwigsburg am Wochenende. Drei Tage lang wurde nach venezianischem Vorbild gefeiert – bei strahlendem Sonnenschein.

Stichpunktartige Taschenkontrollen

Zum Start der Veranstaltung zog am Freitagabend die bunte Parade vom Blühenden Barock zum Marktplatz, wo der Oberbürgermeister Matthias Knecht die Veranstaltung offiziell eröffnete. Am Samstag und Sonntag konnten die Besucher dann in die Welt des venezianischen Karnevals und ins Flair Italiens eintauchen – zum ersten Mal, ganz ohne Eintritt zu bezahlen.

Die Begründung der Organisatoren: Zum einen wolle die Stadt so die Veranstaltung stärker in der Bevölkerung verankern und jedem die Chance geben, am Fest teilzunehmen. Zum anderen komme man mit einem abgespeckten Programm und dem Verzicht auf die Umzäunung sowie dem damit verbundenem organisatorischen und logistischen Aufwand mit deutlich weniger finanziellen Mitteln aus. Dennoch wurden die Sicherheitsmaßnahmen vor dem Start der Veranstaltung erhöht und ein Waffenverbot ausgesprochen. An den Eingängen wurden stichpunktartig Taschen kontrolliert. Auch Securitypersonal war stets präsent.

Einige Maskenträger hatten Sorge, dass der Platz durch die fehlenden Eintrittskarten zu voll werde und sie nicht mehr so frei flanieren können. „Ein paar Freunde von mir wollten heute Nachmittag noch nicht kommen, weil sie Angst um ihre Kostüme hatten“, sagte die Kostümträgerin Gabriele Schmieke am Samstag, „doch die Sorge ist völlig unbegründet. Wir haben viel Platz auf der Piazza.“

Feeling wie in Italien

Rund um den Marktbrunnen sorgten Pflanzen und Blumen für Schatten und kleine Wasserspiele für Erfrischung. Wie in einem Park konnte man kurz dem Trubel auf dem Marktplatz entfliehen und sich auf einer der Bänke eine Pause gönnen. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, ich bin in Italien.“ Auch die Kostümträger flüchteten regelmäßig vom Marktplatz an einen schattigen Ort. Die schweren Gewänder und die Vollmaskierung seien für so ein Wetter eigentlich nicht geeignet.

Der Andrang beim Kostümdefilee

Auf der Bühne wechselten sich Akrobatik mit Italo-Hits und Gondelliedern ab. Auf der Piazza begeisterten Kostümierte auf Stelzen oder pantomimische Jonglage und Akrobatik das Laufpublikum. Die wilde Haar-Skulpturenkunst machte viele Besucher neugierig. Auch das beliebte Gondelpaar, das auf dem schmalen venezianischen Boot Arien und Gondellieder zum Besten gab, und Trabers Musik-Karussell waren erneut Teil der Venezianischen Messe.

Die wohl größte Attraktion am Wochenende waren aber natürlich unangefochten die eindrucksvollen Gewänder und Masken der Kostümträger aus ganz Europa. Schnell bildeten sich Menschentrauben um die Kostümierten. Jeder wollte ein Foto von den einzigartigen Gewändern haben. „Auf so einem Fest wird die Arbeit richtig gewürdigt“, sagte Gudrun Weigmann. „Es gibt viel Applaus und viele Menschen machen Fotos. Das ist ein tolles Gefühl.“

Viel Applaus für die Kostüme

Das Gondelpaar gibt Arien und Gondellieder zum Besten. /Werner Kuhnle

Wie viel Arbeit in einem Gewand steckt, kann ein Laie wohl nur erahnen. Mehrere Monate dauert es, bis ein Kostüm fertiggestellt ist. Alles in Handarbeit. „Das Gewand glitzerte ein dreiviertel Jahr bei uns in der Wohnung herum“, berichtete Bernd Krauss. Seine Frau Gabriele schneidert all ihre Kostüme, die bis aufs kleinste Detail aufeinander abgestimmt sind. „Wir haben immer ein Spaßkostüm, in dem wir uns gut bewegen können und ein Hauptkostüm.“ Einige Accessoires wie Knöpfe, Federn oder Masken stammen aus Venedig. Der Rest von kleinen Händlern oder aus dem Internet. Regelmäßig ist das Paar beim Karneval in Venedig und hat dort eine ganze Gruppe Freunde kennengelernt mit denen sie unter anderem auf Veranstaltungen wie die in Ludwigsburg gehen. „Es ist einfach eine tolle Gemeinschaft und man kann sich über die gleichen Interessen austauschen“, sagte der 58-Jährige.

Auf dem Kunsthandwerkermarkt präsentierten derweil Handwerker ihre Waren. Kunstvoller Kopfschmuck, Engelsflügel und gigantische Blumen aus Stoff reihten sich an Ständen mit Perücken, Federn oder Glasschmuck. Und natürlich: Venezianische Masken in allen Formen, Größen und Farben zum Selbsttragen oder als Dekoration wurden angeboten.

Eine Premiere feierte in diesem Jahr der kleine Genussmarkt neben der evangelischen Kirche. Neben frischen Früchten und Crêpes wurden aus einem kleinen Cafémobil heraus Aperol und Kaffeespezialitäten verkauft. Sizilianisches Mandelgebäck und gefüllte Cannoli rundeten das Angebot ab.