Zsusza Bánvölgyi-Stadlers Idee ist gut angekommen. Foto: Susanne Müller-Baji

Für Veganer ist die Zeit rund ums Weihnachtsfest ziemlich fade. Normale Weihnachtsmärkte können sie sich eigentlich schenken, denn da gibt es so gut wie nichts für sie. Deshalb hatte eine Frau aus Stuttgart nun eine Idee – und die kam an.

Feuerbach - Wie passt das eigentlich zusammen? Ausgerechnet zum Fest der Liebe müssen unzählige Tiere ihr Leben lassen. Das fragt sich Zsuzsa Bánvölgyi-Stadler aus Waiblingen schon lange. Jetzt hat sie im Feuerbacher Karl-Kloß-Heim den ersten Veganen Weihnachtsmarkt Stuttgarts organisiert. Und der Zuspruch am Wochenende zeigt: Sie ist mit dieser Frage nicht allein.

Schlangen haben sich an den Foodtrucks und Ständen gebildet. Die Besucher stehen an für Chili sin carne, Gemüse-Panini oder Burger. Drinnen im Karl-Kloß-Heim gibt es Nachhaltiges, nicht nur für den Gabentisch. Nadine Oestringer etwa fertigt aus alten Jeans schöne Dinge. Klar seien Jeans vegan sagt sie, „aber die Produktionsbedingungen sind unschön. Umso mehr will ich verhindern, dass ausgediente Jeans einfach im Müll landen“. Ein paar Schritte weiter verkauft Martina Wilpert tierversuchs- und palmölfreie Seifen ohne künstliche Zusatzstoffe. Und sie hat ein Shampoo in Blockform mitgebracht, das den Plastik-Müllberg deutlich verringern soll. „Damit trage ich meinen Teil bei“, sagt sie. Vom ersten veganen Weihnachtsmarkt ist sie begeistert: „Klasse! Ich hätte gar nicht gedacht, dass die Räume hier so viele Menschen anlocken.“

Also hat sie angefangen, selbst zu kochen und darüber zu schreiben

Initiiert und organisiert hat ihn Zsusza Bánvölgyi-Stadler. Die Dresdenerin mit dem ungarischen Namen und der Wahlheimat in Waiblingen ist in der Szene bekannt und betreibt ein veganes Catering. Wie kam es dazu? Sie lebt seit neun Jahren vegan: „Ich hatte Gelenkrheuma, und die Umstellung hat geholfen. Aber glauben Sie mir: 2010 war das noch kein Spaß, es gab ja kaum Angebote für Veganer.“

Also begann sie damals selbst zu kochen, darüber zu schreiben und machte sich selbstständig. Die Auseinandersetzung mit dem Thema führte zu spannenden Erkenntnissen, etwa dass sich Tierprodukte auch an unerwarteter Stelle verbergen: „Molkepulver ist beispielsweise in vielen Chips und in Pflanzenmargarine. Man fragt sich: Was hat es da zu suchen?“ Aber die Lebensmittelindustrie verwerte so wohl ihre Abfallprodukte. Ein weiteres leidiges Thema für sie: „Als Veganer auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen, ist eine langweilige Angelegenheit, es gibt da ja fast nichts für uns.“

Sie musste sogar Anfragen ablehnen

Also musste eine vegane Veranstaltung her, und die Wahl fiel auf das Feuerbacher Karl-Kloß-Heim, „weil ich eine Zeit lang aktiv in der Gewerkschaft war, und daher die Räumlichkeiten gut kannte“. Schon denkt sie über einen zweiten veganen Weihnachtsmarkt im kommenden Jahr nach, dann aber an anderer Stelle: Die Räumlichkeiten seien recht beengt, und man habe schon dieses Mal viele Anfragen von Beschickern ablehnen müssen.

Ob die Gäste wohl alle Veganersind? „Nein, das glaube ich nicht: Vielleicht die Hälfte “, sagt sie. Nachgefragt bei einem Besucher-Grüppchen: „Nur ich bin Veganer“, sagt ein Mann und erzählt von einer Laktose-Intoleranz und dass es von da nicht mehr weit sei zum Leben ohne Tierprodukte. Die beiden Frauen leben vegetarisch. Könnten Sie sich nach dem Besuch dieses Weihnachtsmarktes vorstellen, ganz auf tierische Produkte zu verzichten? „Klar, das ist nur noch ein kleiner Schritt.“

Ein Schritt mit Wirkung. Im Untergeschoss werben Tierrechtsorganisationen für die Vegan Street Days am 30. und 31. Mai 2020 im Europaviertel. Von ihnen gibt es auch einen Denksatz als Weihnachtsgruß: „Liebe Gänse, ihr seid schön anzuschauen, besitzt einen ausgeprägten Familiensinn, liebt eure Kinder über alles, pflegt Freundschaften und überhaupt... Es gibt keinen Grund euch umzubringen. Auch nicht zur Weihnachtszeit.“