Seit dem Jahr 2004 existiert im Mütterzentrum Süd (MüZe) im Generationenhaus in Stuttgart-Heslach ein Vätertreff. Drei Männer erzählen, was sie dort Woche für Woche hinführt.

S-Süd - Etwas mehr Zeit für sich, mehr entspannen, raus aus dem Berufsstress – so hat sich Kai Ziefle seine sieben Monate Elternzeit vorgestellt. Eine schöne Idee, aus der leider nichts wurde. „Man glaubt erst, wie viel man zu tun hat, wenn man es am eigenen Leib erfährt“, sagt der 39-jährige Vater einer Tochter aus dem Stuttgarter Westen. Er verstehe nun sehr gut, was Mütter leisten. Schnell hat er realisiert, mit einem Kind dauert alles länger: „Da will man grade wohin aufbrechen und dann ist wieder die Windel voll.“ Der Tag sei viel zu schnell rum. „Ich habe Feierabend, wenn Lina schläft.“

Manchmal fällt ihm dann aber doch zu Hause die Decke auf den Kopf. Einmal die Woche geht er mit Lina deshalb ins Mütterzentrum Süd (MüZe) im Generationenhaus Heslach. Da ist quasi Vatertag: Immer mittwochs von zehn bis zwölf treffen sich dort Väter mit ihren Kindern in einer offenen Spielgruppe zu Kaffee und Kuchen.

Das Väterseminar im Süden existiert bereits seit 2004

Die Gruppe hat „Gianni“ auf Initiative des städtischen Elternseminars im Jahr 2004 gegründet. Seinen richtigen Namen möchte er partout nicht verraten. „Ich bin nur der Mann im Hintergrund“, gibt er als Grund an. Er koordiniert die Gruppe, begleitet die Väter, wenn sie Fragen haben. „Männer sind anders“, sagt Gianni. Näher begründen möchte er diese Aussage nicht: „Sie haben halt andere Themen.“

Bedauernswert findet er, dass es immer noch so wenige Väter sind, die für mehrere Monate Elternzeit nehmen, während die Frau arbeiten geht. „Oft spielt der Arbeitgeber eine Rolle, wenn Väter die Möglichkeit nicht nutzen“, ist seine Erfahrung aus den vergangenen Jahren.

Viele Väter nutzen zwar das Angebot, in Elternzeit zu gehen, häufig wird aber die kurze Variante von zwei Monaten gewählt. Denn wenn beide Eltern vorübergehend daheim bleiben, verlängert sich die bezahlte Elternzeit von zwölf auf 14 Monate. Gerne wird das für einen längeren Urlaub verwendet. Für Ziefle war das zu wenig: „Mir war es wichtig, richtig mit zu erleben, wie meine Tochter sich entwickelt.“

Für Väter gibt es kaum gesonderte Gruppen oder Aktivitäten

Er ist seit Ende Juli in Elternzeit, seine Frau arbeitet als Lehrerin. Für ihn ist es normal, dass sie sich alle Aufgaben teilen: „Wir beide wollten ja unbedingt ein Kind. Da ist es nur logisch und konsequent, dass wir beide uns kümmern.“ Das machen im Jahr 2016 immer noch wenig Männer. Ziefle hat das Gefühl, er ist da noch eine große Ausnahme. In seinem Bekanntenkreis gibt es kaum andere Männer, die daheim sind.

Ralf Münch aus Echterdingen hat deshalb erst einmal recherchiert, wie er denn seine Tage füllen kann und dabei ein bisschen Anschluss hat. „Es gibt viele Gruppen und Aktivitäten für Mütter, für Väter allein kaum.“ Im Vordergrund steht für ihn, dass seine Tochter Ronja dabei Anschluss zu anderen Kindern hat. Deshalb hat er sich den Vätertreff ausgesucht.

Gianni ist überzeugt, dass man immer noch das einzige städtische Angebot für Väter bundesweit sei. Bremen fällt ihm noch ein. „Es gibt viele private Initiativen.“ Dabei sei so ein Angebot gut: „Die Väter öffnen sich hier langsam und finden zueinander. Das ist für die auch wichtig“, sagt er. Frauen seien da ja ganz anders: „Die finden sofort Kontakt zu anderen Frauen in ihrer Situation. Die reden ja einfach draus los.“

Kursleiter Gianni wurde von der Stadt „entdeckt“. Er selbst sei nämlich drei Jahre in Erziehungsurlaub gegangen, seine Frau ging arbeiten. „Damals, vor 22 Jahren, war das wirklich selten.“ Seine Frau sei da aber wenigstens locker gewesen und überzeugt, dass er das schafft. „Aber man muss schon ein cooler Typ sein, sonst klappt das nicht“, ist der 60-Jährige überzeugt.

Von dem offenen Angebot haben alle Väter profitiert

Ziefle und Münch kommen gut klar. Für Münch ist die Elternzeit eine „nette Abwechslung“. Langfristig würden er und seine Frau gerne beide nur 70 Prozent arbeiten. „Beide 40 Stunden die Woche ist für uns eigentlich keine Option“, sagt er.

An dem Treff schätzt er, dass es ein lockeres und ungezwungenes Zusammensein ist. Meistens seien sie um die sieben Väter, alle zwischen 30 und 40 Jahren. Für Münch ist diese Woche schon der letzte Tag in der Vätergruppe. Ab März arbeitet er wieder. „Wirklich schade. Mir hat es gefallen hier.“ Auch Ziefle bedauert, dass er bald nicht mehr kommen kann: „Ich habe kein einziges Mal gefehlt.“ Einig sind sich auch beide: Elternzeit jederzeit gerne wieder.