Brian Scott Bagley lässt in Stuttgart die Bananen fliegen, ganz so wie die von ihm verehrte ­Josephine Baker 100 Jahre zuvor. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt, Repro: Friedrichsbau

Mit viel „Verve“ startet das Friedrichsbau Varieté in den Frühling. In der neuen Show tritt auch Brian Scott Daley. Er hat aus Paris nicht nur eine Nummer als Hommage an Josephine Baker mitgebracht. Sondern auch Neues über Bakers legendären Auftritt in Stuttgart.

Brian Scott Bagley als Fan von Josephine Baker zu bezeichnen ist die Untertreibung des Jahrhunderts. Der Entertainer ist der glühendste Verehrer der Tänzerin. Durch ein Schwarz-Weiß-Foto der Baker entdeckte er seine Liebe zur Bühne. Er selbst stellt sich vor, er sei das Kind von Liza Minelli und Sammy Davis Jr., adoptiert von Josephine Baker. So lebt er sich auf der Bühne aus, und so überrascht es kaum, dass er im neuen Programm „Verve“ des Friedrichsbau Varietés mit einer Hommage an seine Adoptivmama auftritt. Die berühmteste Nummer der Baker zeigt er, lässt das Bananenröckchen schwingen und singt dazu voller Selbstironie: „I’m a fat Banana.“

Warum Baker in München nicht auftreten durfte

Die fette Banane ist aber nicht sein einziges Mitbringsel. Er sammelt alles was er bekommen kann über Josephine Baker, weil er zu Hause in Paris eines Tages ihr zu Ehren ein Museum eröffnen möchte. Die schwarze Tänzerin war einer der ersten Weltstars des 20. Jahrhunderts. Ihre Auftritte waren legendär – und gefielen nicht jedem. In München etwa verbot die Stadt Mitte der 20er-Jahre ihre Darbietung, weil, so damals die Begründung, die „Neger-Nackttänzerin eine Verletzung des öffentlichen Anstands“ darstelle.

Eine Heldin des Widerstands

Man merkt schon an der beleidigenden Wortwahl, die gebürtige Amerikanerin war rassistischen Attacken ausgesetzt. Zeit ihres Lebens kämpfte sie gegen Willkür und Rassismus. Sie war im Widerstand gegen die Nazis aktiv, wurde später mit einem der höchsten französischen Orden ausgezeichnet, Mitglied der Ehrenlegion, adoptierte zwölf Kinder aus allen Herren Ländern und aller Couleur, ihre „Regenbogenfamilie“, wie sie selbst sagte.

Ein schillernder Mensch mit viel Mut und Charisma. Der in München nicht erwünscht war, in Stuttgart aber wohl. Bisher wusste man, dass sie im alten Friedrichsbau Varieté aufgetreten war. Zeugnisse darüber gab es aber nicht. Bis Bagley sie entdeckte und mitbrachte. Für Varieté-Chef Timo Steinhauer „ein Geschenk“. Lange hatten sie selbst geforscht und nichts entdeckt, nun hat Bagley eine Lücke geschlossen. Und knüpft höchstselbst mit seinem Auftritt an die 123 Jahre alte Historie des Varietés an. Und zwar mit viel „Verve“.

Gebt Gedankenfreiheit

Der Titel ist Programm. Mit „Schwung und Begeisterung“ will man nach langen Corona-Jahren und der Düsternis durch den Krieg den Frühling beginnen. Das Schöne im Leben feiern und die Vielfalt. Und die Gedankenfreiheit. Nicht vorschnell zu urteilen, Menschen so sein zu lassen wie sie sind, sich eine eigene Meinung zu bilden, „man höre auf die andere Seite“, das wünscht sich Moderator Merlin Johnson, mittlerweile schon Stammgast in Stuttgart.

Wild und struppig

Mit dabei ist Artist Andriy Ruzhylo aus der Ukraine, der nach langem Hin und Her endlich in Stuttgart auftreten darf. Thula Moon aus Hawaii sprengt symbolisch Ketten; Vivian Spiral zeigt einen Reifentanz, inspiriert von amerikanischen Ureinwohnern; Lisa Chudalla schluckt Schwerter, Skizzo Davide Nicolosi zaubert; der Kanadier Jerry Tremblay fährt Kunstrad zu „T.N.T“ von AC/DC: „I’m Dirty, I’m mean!“ Das passt, struppig, unangepasst, wild, so kommt „Verve“ daher. Ganz so wie Josephine Baker einstmals.

Mehr Informationen zu „Verve“ auf der Webseite www.friedrichsbau.de