Mit Tüchern und Bällen hat sich der Artist Martin Bukovsek das Jonglieren in jungen Jahren selbst beigebracht. Foto: Rebecca Beiter

Artistik leicht gemacht: Der aus Vaihingen stammende Moderator des Weltweihnachtszirkus zeigt im Video artistische Übungen für jedermann.

Vaihingen - Die goldenen Verzierungen auf seinem roten Frack glänzten, wenn er in das Scheinwerferlicht trat. In der jüngsten Saison stand ein Vaihinger in der Manege des Stuttgarter Weltweihnachtszirkus in Bad Cannstatt. Der Artist Martin Bukovsek gab diesen Winter sein Debüt als Moderator des bekannten Zirkus. Einen Monat lang, vom 8. Dezember bis zum 8. Januar, führte er teilweise mehrmals täglich durch das Programm aus Artistik, Dompteurkunst und Showeinlagen. „Das Wort dafür, was ich in diesen Momenten empfunden habe, muss erst noch erfunden werden“, beschreibt Bukovsek seine Gefühle, wenn er in die Manege trat. Demut und Dankbarkeit träfen es am ehesten, ein Traum habe sich für ihn erfüllt.

Ein Schritt in große Fußstapfen

Im Alltag weicht die auffällige Robe des Zirkusmoderators dunklen Klamotten. Doch wenn der 46-jährige Bukovsek von seinen vergangenen Wochen berichtet, werden seine Gesten ausladend und seine Worte deutlicher. Die Rolle des Zirkusmoderators hat er noch nicht abgelegt. Mehrere Monate lang feilte der Vaihinger an seiner Moderation; er übte sie sogar vor den Bäumen in den Wäldern rund um den Bezirk. Zur Entspannung hängte er sich manchmal kopfüber an die Äste – eine Artisteneigenheit, scherzt er.

Zirkus bleibt für ihn ein besonderes Erlebnis. Man könne sich zwar einige akrobatische Shows im Internet anschauen, „aber die gemeinsame Begeisterung des Publikums bei Spitzenleistungen, die Euphorie und Ekstase sind dadurch nicht zu ersetzen“. Der Vaihinger Artist mit dem Künstlernamen Carismo trat in große Fußstapfen: 19 Jahre lang moderierte Peter Goesmann die Show des Weltweihnachtszirkus, bevor er 2014 starb. „Wir waren viele Jahre lang befreundet“, sagt Bukovsek. Die gemeinsame Liebe zum Zirkus habe ihn dazu gebracht, sich auf die Stelle zu bewerben.

Bekanntheit erlangte Bukovsek bereits für seinen Weltrekord im Stillstehen; mehr als 16 Stunden verharrte er im Jahr 1993 regungslos. Die Vaihinger kennen ihn als Betreuer des Jugendzirkusprojekts Calibastra. Er ist Zirkuspädagoge und als Artist mit Feuer-, Zauber- und Luftakrobatikshows im Großraum Stuttgart unterwegs.

Tiere gehören zum Zirkus dazu

Ein Sprung in die Tiefe, gestreckt bis in die Fußspitzen. Hände greifen unter dem Dach des Zirkuszelts ineinander, der Luftakrobat kommt sicher auf die andere Plattform. „Es war ein Geschenk, den Künstlern zuzusehen“, erzählt Bukovsek begeistert von den abendlichen Auftritten beim Weltweihnachtszirkus auf dem Cannstatt Wasen. Doch auch die tierischen Kollegen faszinierten ihn. „Morgens grüßte ich auch die Tiere, die Pferde, Hunde und Seelöwen“, erzählt Bukovsek.

Kunststücke mit Tieren gehören für ihn zum Zirkus dazu, solange die tierischen Artisten artgerecht gehalten werden. Es sei auch für das Publikum immer wieder spannend, was Tiere und Menschen gemeinsam leisten könnten und wie intelligent Tiere eigentlich seien. Der Zirkus und speziell die Luftakrobatik faszinierten Bukovsek schon seit seiner Kindheit, die er in Degerloch verbracht hat. Der Berufswunsch des gläubigen Christen wandelte sich damals von Astronaut zu Artist: „Als Kind wollte ich Gott im Himmel nahe sein“, ob im Weltall oder in der Luft, das war ihm egal. Eine Artistenschule besuchte er nie; er experimentierte stattdessen an Geräten der Trimm-dich-Pfade der Region, kletterte im Wald an Bäumen herum, übte Salti von Sprungbrettern in Schwimmbädern und brachte sich selbst Zaubertricks bei. „Verfolge deinen Traum, das war mein Motto“, erzählt er – ein Rat, den er an jeden jungen Artisten weitergeben möchte.

Bunte Welt für Trauernde

Jetzt, nachdem der Zirkus sein Zelt in Bad Cannstatt wieder abgebaut hat, holt ihn der Alltag wieder ein. Mit seiner Performance ist er zufrieden, auch im kommenden Winter würde er gerne wieder in der Cannstatter Manege stehen. Doch als Artist sei er ganz froh, statt in einen umherreisenden Zirkuswagen in seine feste Wohnung in Vaihingen gehen zu können.

Aktuell unterstützt er ein Projekt im Degerlocher Hospiz, bei dem Kinder, die jemanden verloren haben, ihre Trauer mit Zirkusübungen verarbeiten. Er beschreibt diese Arbeit als erfüllend: „Die Kinder lassen sich aus der grauen Welt der Trauer in die bunte Zirkuswelt fallen, das ist sehr wertvoll.“ Grundsätzlich lehren die Kinder- und Jugendzirkusprojekte auch für das Leben. „Zum Beispiel beim Jonglieren scheitert man immer wieder, doch wer nicht aufgibt, wird besser“, sagt Bukovsek. Wer selbst ein Meister der Jonglage werden will, kann mit Bukovsek die ersten Schritte gehen. Im Video zeigt der Artist einfache Übungen für jedermann.