Michael Hering Foto: Alexandra Kratz

In 80 Tagen um die Welt? Nicht ganz, aber der Student Michael Hering will zusammen mit einem Freund in 60 Tagen quer durch die USA reisen – mit dem Fahrrad. Am 1. März starten die beiden 25-Jährigen in New York, das Ziel ist San Francisco.

Michael Hering ist 25 Jahre alt und studiert an der Hochschule der Medien (HdM) Drucktechnik. Doch in den kommenden zwei Monaten wird er nicht an der Uni sein. Zusammen mit seinem Freund Thomas Warbeck radelt er von New York nach San Francisco.
Herr Hering, was genau haben Sie vor?
Mein Freund und ich werden 7000 Kilometer in 60 Tagen radeln. Das macht durchschnittlich 140 Kilometer am Tag. Das klingt viel, aber ich bin davon überzeugt, dass wir es schaffen. Auf unserer Reise überwinden wir 50 000 Höhenmeter und durchqueren 19 Staaten. Zwischendurch gönnen wir uns zehn Ruhetage. Unsere Tour startet auf der Brooklyn Bridge und endet auf der Golden Gate Bridge.

Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen?
Die Idee ist schon alt. Ich hatte mir gerade ein neues Fahrrad gekauft. Doch mit dem bin ich überhaupt nicht zufrieden gewesen. Also sind mein Freund und ich zu dem Entschluss gekommen, selbst ein Fahrrad zu bauen. Wir haben im Internet recherchiert und am Computer eins entworfen. Und wir haben uns überlegt, dass wenn das Fahrrad fertig ist, wir damit quer durch die Vereinigten Staaten fahren. Das Fahrrad ist noch nicht fertig, aber die Tour wollen wir jetzt trotzdem machen.

Haben Sie denn schon mal eine vergleichbare Radtour gemacht?
Meine erste große Radtour habe ich mit 16 Jahren gemacht. Damals sind wir von Chemnitz nach Dänemark und weiter nach Hamburg gefahren. Das waren 1500 Kilometer. Wir waren unerfahren und unsere Ausrüstung war schlecht. Aber wir sind trotzdem gut angekommen.

Und von da an gab es jedes Jahr eine Tour?
So gut wie. 2010 bin ich mit einer Gruppe von Dresden nach Frankfurt und dann rund um die Schweiz gefahren. Dabei haben wir mehrere Alpenpässe überquert. 2011 bin ich allein von Stuttgart nach Helsinki gefahren und dann durch das Baltikum zurück nach Deutschland und wieder nach Stuttgart. 2012 habe ich mit Freunden eine Rundfahrt durch Tschechien gemacht.

Sind solche Touren nicht gefährlich?
Bei der ersten Tour hatten meine Eltern noch Angst. Die Vorsichtsmaßnahmen, die wir damals ergriffen haben, kann man daran ablesen, dass wir 30 Kilogramm Gepäck dabei hatten. Doch inzwischen haben sich alle daran gewöhnt. Und eigentlich ist Fahrradfahren in Deutschland am gefährlichsten. Ich erlebe hier täglich mehr brenzlige Situationen als auf jeder meiner großen Touren insgesamt.

Woher kommt Ihre Liebe zum Radfahren?
Das hat sich so entwickelt. Ich bin schon als Kind gern Rad gefahren. In einem Radfahrverein war ich nur einmal für kurze Zeit. Das hat nicht so geklappt. Denn letztlich gab es nur wenige, die bei meinem Tempo mithalten konnten. Also trainiere ich lieber für mich selbst. Das Tolle am Radfahren ist, dass einem bewusst wird, was man aus eigener Kraft schaffen kann. Und die Geschwindigkeit ist ein guter Kompromiss. Denn man kommt gut voran und kann dennoch Land und Leute genießen.

Wenn Sie so gut im Radfahren sind, hätten Sie doch eigentlich Ihr Hobby zum Beruf machen können?
Das wollte ich nicht. Denn dann hätte ich womöglich den Spaß am Radfahren verloren. Und bei all den Dopingskandalen, von denen man immer wieder hört, bin ich wirklich froh, dass ich nicht im professionellen Radsport tätig bin.

Wie bereiten Sie sich denn auf Ihre Radtouren vor? Trainieren Sie richtig?
Ich trainiere nicht gezielt. Vielmehr nutze ich das Fahrrad so wie andere Menschen das Auto. Wenn ich meine Eltern in Dresden besuche, dann fahre ich mit dem Fahrrad. Das dauert dann eineinhalb Tage. Auf diese Weise fahre ich mehr als 10 000 Kilometer Rad im Jahr. Auch für die USA-Tour habe ich nicht extra trainiert. Aber mein Freund und ich haben die Strecke genau geplant. Denn die Erfahrung zeigt, dass man die meiste Zeit verliert, wenn man nicht genau weiß, wo man lang fahren muss.

Was wird denn auf Ihrer Tour quer durch die USA die größte Herausforderung sein?
Wahrscheinlich das Wetter. Wir starten am 1. März auf der Brooklyn Bridge in New York. Dann geht es quer durch die Appalachen und die Rocky Mountains. Im Gebirge wird noch Winter sein. Wenn wir Glück haben, beginnt gerade der Frühling. Aber wir mussten die Tour jetzt machen, weil mein Freund am 2. Mai anfängt zu arbeiten.

Werden Sie denn Zeit haben, auch Land und Leute kennenzulernen?
Auf alle Fälle. 140 Kilometer am Tag ist nicht besonders viel. Und wir sind zu zweit. Da ist man motivierter und man kann abwechselnd im Windschatten des anderen fahren. Das macht es einfacher. Wir wollen uns auf unserer Tour auf jeden Fall auch die ein oder andere Sehenswürdigkeit anschauen, beispielsweise die großen Städte Washington, Memphis und Las Vegas.

Mit was für einem Rad sind Sie unterwegs?
Mit einem selbst zusammenmontierten Liegefahrrad. Ich bin früher auch mit normalen Fahrrädern unterwegs gewesen. Ich habe versucht, diese so einzustellen, dass nichts drückt. Aber es ist mir nicht gelungen. Bei einem Liegefahrrad hat man eine viel größere Fläche, die das eigene Körpergewicht trägt. Vom normalen Fahrrad steige ich ab, weil mir alles weh tut. Vom Liegefahrrad steige ich ab, weil ich Hunger habe. Das ist der Unterschied.

Sie bauen Ihre Fahrräder selbst?
Bauen ist übertrieben. Ich weiß, welche Teile ich brauche, die kaufe ich dann und montiere sie zusammen. Ich habe inzwischen viel Erfahrung damit. Und wie gesagt, mein Freund und ich haben am Computer bereits ein Rad entworfen, das wir wirklich selbst bauen wollen. Dann stellen wir auch den Rahmen selbst her, was die größte Herausforderung ist. Aber bisher ist es noch nicht dazu gekommen.

Für Ihre USA-Reise haben Sie einen Blog, also ein virtuelles Tagebuch im Internet, eingerichtet. Was hat es damit auf sich?
Unser Ziel ist es, in den USA mit möglichst vielen Menschen in Kontakt zu kommen. Jeder, den wir treffen, soll lesen können, wie es weiterging. Darum wird der Blog auch in Englisch geführt. Und natürlich halten wir mit dem Blog unsere Familien und Freunde auf dem Laufenden. Den Blog findet man unter wildridewest.blogspot.de.

Wie geht es nach der Tour für Sie weiter?
Ich bleibe auf dem amerikanischen Kontinent. Denn ich habe ein Urlaubssemester und mache „Work and Travel“ in Kanada. Anschließend werde ich ein Auslandssemester in Toronto absolvieren.

Wie finanzieren Sie die Radtouren?
Aus Rücklagen. Doch eigentlich ist Radfahren gar nicht teuer. Ich bin mal drei Tage durch Polen gefahren und habe in diesen drei Tagen gerade einmal 30 Euro gebraucht. Wir werden meistens in unserem Zelt übernachten. Hin und wieder schlafen wir sicher auch mal in einem Motel oder bei Menschen, die wir unterwegs treffen.