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Bekannt geworden ist er vor fast 25 Jahren mit dem Film "Männer". Nun schlüpft Uwe Ochsenknecht (53) in Frauenkleider: Im Musical "Hairspray", das am 6. Dezember in Köln Premiere hat.

Köln - Bekannt geworden ist er vor fast 25 Jahren mit dem Film "Männer". Nun schlüpft Uwe Ochsenknecht (53) in Frauenkleider: Im Musical "Hairspray", das am 6. Dezember in Köln Premiere hat, spielt er die Hausfrau Edna Turnblad - eine gewichtige Rolle, für die er sich aufpolstern lassen muss.

Herr Ochsenknecht, gestatten Sie die indiskrete Frage: Was bringen Sie zurzeit auf die Waage?

Ich wiege mich eigentlich nie. Schätze aber, dass ich im Moment 75 Kilo drauf habe.

Nur? Dann müssen Sie sich für die Rolle der drallen Edna wohl noch was anfuttern?

So einen Vertrag hätte ich nie unterschrieben, denn die Pfunde kriegt man so schlecht wieder weg. Aber es stimmt schon, bisher waren es zum Beispiel in New York und London gewichtigere Herren, die für die Rolle engagiert wurden.

John Travolta legte 2007 für die Neuverfilmung von "Hairspray" aus dem Jahr 1988 künstliche Polster an. Tun Sie es ihm gleich?

Ja, der Fatsuit bringt die nötige Fülle.

Sie schlüpfen zudem in Frauenkleider. Wie fühlen Sie sich dabei?

Man wird dadurch, dass man Stöckelschuhe anzieht, nicht zum Frauenversteher. Aber ich merke schon, dass man zum Beispiel durch BHs eingeschränkter ist. Und in hohen Hacken herumzustolzieren ist eine Kunst für sich. Ich übe noch. Zum Glück gibt es auch Passagen, in denen ich in Hauslatschen auf der Bühne stehe.

"Hairspray" spielt Anfang der 60er Jahre. Auch die Musik stammt aus dieser Zeit - und kommt beim Publikum an. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ganz einfach: Es gibt Musik, die nie alt wird, die immer aktuell bleibt. Motown, R&B und Soul gehören dazu. Und die mag ich übrigens auch privat sehr gern.

Sie machen selbst Musik. Ein Grund dafür, dass Sie den Zuschlag bekommen haben?

Na ja, Edna glänzt ja nicht unbedingt durch tolle Gesangspassagen. Aber ich singe tatsächlich ganz gern, und gar nicht schlecht, wie ich finde.

Nach welchen Kriterien suchen Sie sich Ihre Rollen aus? Drehbuch, Kollegen, Bezahlung?

Klar, das spielt beim Entscheidungsprozess alles eine Rolle. Aber wenn mir ein Projekt gefällt, sage ich zu - selbst wenn dafür wenig Geld zur Verfügung steht. Mir kommt es zuerst auf das Drehbuch an, dann wer's macht und wer mitmacht. Den Spaßfaktor sollte man auch nicht vernachlässigen.

Und bei "Hairspray" hat alles gestimmt?

Ja, es macht schon jetzt riesigen Spaß. Wir reißen uns hier alle den Arsch auf, proben sechs Tage die Woche von 10 bis 19 Uhr.

Bei den vielen Tanzszenen, die dazu gehören, wird man bestimmt fit.

Eins kann ich Ihnen sagen: So schöne, wohlgeformte Beine wie zurzeit hatte ich noch nie.

Gut für Sie. Dann sind Sie vermutlich auch in Stöckelschuhen sexy ...

So sieht's aus!

Sind Sie eigentlich Musical-Fan?

Ehrlich gesagt halte ich von dem Genre nicht viel. Die meisten Musicals, die ich gesehen habe, haben mich - freundlich ausgedrückt - nicht überzeugt. Aber "Hairspray" hebt sich von dieser Masse sehr positiv ab.

"So schöne Beine hatte ich noch nie"

Inwiefern?

Bei den meisten Musicals ist es doch so, dass es ein paar Lieder gibt, um die herum dann irgendwie eine Geschichte gebastelt wird, und sei sie noch so abstrus. Nur damit die Songs irgendwie zusammenhalten. Bei "Hairspray" dagegen gibt es eine richtige Geschichte. Und die Lieder sind schön integriert. Das wirkt nicht wie Flickschusterei, sondern passt einfach. Nicht umsonst hat das Stück über 30 internationale Auszeichnungen bekommen, darunter acht Tonys, die als wichtigste US-Theaterpreise gelten.

"Hairspray" spielt 1962 in Baltimore und erzählt die Geschichte des übergewichtigen Teenagers Tracy Turnblad. Tracy träumt davon, in einer beliebten Fernseh-Tanzshow auftreten zu dürfen. Als ihr das gelingt, wird sie zum Star. Ihre Berühmtheit nutzt sie nun zu einer Kampagne gegen die Rassentrennung. Welche Relevanz hat das Thema hier und heute?

Eine große. Es geht um Toleranz, um Gerechtigkeit, um Freundschaft. Also um zeitlose Themen. Und es geht um den Mut, aufzubegehren, selbst wenn die Übermacht stärker scheint. Es gibt immer wieder Gründe, für die man den Mund aufmachen muss, für die es sich lohnt, auf die Straße zu gehen und zu sagen: Wir lassen uns das nicht mehr bieten! Leider ist das bei uns in Deutschland verloren gegangen. Wir haben keine Demonstrationskultur. Protestieren und boykottieren - das macht kaum noch jemand.

Warum?

Ich weiß es nicht. Was Streiks betrifft, ist es wohl so, dass die Menschen Angst haben, durch solche Aktionen ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Trotz Gesellschaftskritik setzt "Hairspray" aber auch auf viel Humor.

Sicher. Aber das ist kein Karneval, keine platte Comedy. Man muss auch die komischen Momente seriös spielen. Und man darf Edna nicht vorführen, sich nicht über sie lustig machen. Ich nehme die Rolle ernst.

Was ist Ihr Ziel?

Dass die Leute vergessen, dass da ein Mann spielt, dass da ich spiele. Ich will einfach diese Figur dem Publikum nahebringen.

Im Original war Dragqueen Divine in der Hauptrolle zu sehen, in der Neuverfilmung John Travolta. Haben Sie sich bei den beiden etwas abgeschaut?

Nein, ich will ja keine Kopie sein. Außerdem ist mir Divine in dieser Rolle ehrlich gesagt zu tuntig und Travolta zu eindimensional.

Ihre Söhne Jimi Blue und Wilson Gonzales sind ebenfalls Schauspieler. Was halten die denn davon, dass Papa als Mami bei einem Musical auf der Bühne steht?

Ach, wissen Sie, die sind da ganz professionell. Bevor sie mich nicht auf der Bühne gesehen haben, erlauben sie sich kein Urteil.