Uwe Hück (56) will in die Pforzheimer Politik einsteigen. Foto: dpa

Der ehemalige Porsche-Betriebsratsvorsitzende will für den Pforzheimer Gemeinderat kandidieren. Dort glauben viele, Uwe Hück habe falsche Vorstellungen von einem Kommunalparlament – gerade vom Pforzheimer.

Pforzheim - Die Freude über Hücks Ankündigung, in Pforzheim mit einer eigenen Liste für den Gemeinderat zu kandidieren, hält sich in der Goldstadt noch in engen Grenzen. Das liegt zunächst an Hücks selbstbewusstem, ja selbstverliebtem Auftreten. Mancher Stadtrat hat es nicht goutiert, dass Hück in einem Interview mit der örtlichen Zeitung den bisherigen Stadträten quasi die Kompetenz abgesprochen hat – wenn der Gemeinderat gute Politik gemacht hätte, so lautete die Aussage, müsste man keine Bäder schließen und hätte eine bessere Bildungsstruktur. Auch die Andeutung Hücks, das Amt als Stadtrat sei nur ein erster Schritt, er habe höhere Ambitionen, sorgt durchaus für Befremden.

Vor allem aber glauben viele, dass Uwe Hück wenig Ahnung von der Wirklichkeit in einem Kommunalparlament hat. Gerade im Pforzheimer Gemeinderat knirscht es heute schon. Das liegt zum einen am manchmal rauen Ton, was mit so polarisierenden Stadträten wie dem Fraktionsvorsitzenden der FDP-Landtagsfraktion Hans-Ulrich Rülke zu tun hat. Zum anderen gibt es dort bereits sechs Fraktionen und zwei Gruppierungen. Die Grünen haben sich vor Jahren zerstritten und sind heute doppelt vertreten. Außerdem existiert eine Liste „Unabhängige Bürger“ – sie sitzen mit zwei Stadträten im Parlament und kämpfen für mehr Bürgerentscheide und Transparenz. Bernd Zilly, einer der beiden Stadträte, hat aus der Zeitung von Uwe Hücks Vorstoß erfahren; Gespräche mit ihm habe es keine gegeben. Er ist einigermaßen befremdet, dass sich Hück plötzlich für die Kommunalpolitik in Pforzheim interessiert; bisher sei das nicht der Fall gewesen.

CDU: Auch Uwe Hück hat im Gemeindrat nur eine Stimme

Dennoch gibt es auch Sympathie für Hücks Pläne. Am deutlichsten spricht der CDU-Stadtrat Carsten von Zepelin aus, was ihn bezüglich des Pforzheimer Gemeinderats bewegt – Zepelin, im Hauptberuf Geschäftsführer der Immobiliengenossenschaft Arlinger, tritt nach 15 Jahren nicht mehr an und nimmt kein Blatt vor den Mund. Er bringt die Ambivalenz mit diesen Worten zum Ausdruck: „Wenn ich sehe, dass sich für den kommenden Gemeinderat teils irrlichternde Gestalten bewerben, kann man Uwe Hück sicherlich ehrlich gemeintes und uneigennütziges Engagement unterstellen. Allerdings wird auch er, sollte er gewählt werden, sich rasch in der Wirklichkeit Pforzheimer Kommunalpolitik wiederfinden. Weite Teile des Parlaments haben angesichts geradezu demokratiegefährdender Verweigerungshaltungen ihren Eid für das Wohl der Stadt wissentlich vergessen. Insoweit hat Hück schon recht, wenn er sagt: Pforzheim hat Besseres verdient.“

Marianne Engeser, die CDU-Fraktionsvorsitzende, äußert sich inhaltlich ähnlich, wenn auch in deutlich salomonischeren Worten. Sie freue sich über jeden neuen Kollegen, der konstruktiv mitarbeiten wolle, sagt sie: „Aber bunt sind wir bereits. Und eine zusätzliche Liste würde es nicht einfacher machen, Mehrheiten zu finden“, sagt sie. Schon heute sei das schwierig; der Pforzheimer Haushalt für 2019 ist deshalb zum Beispiel noch immer nicht verabschiedet. Im Übrigen, betont Engeser, seien ein Gemeinderat und ein Unternehmen verschiedene Dinge – als Betriebsratsvorsitzender habe Uwe Hück viele Dinge bewegen können, als Stadtrat habe aber auch er nur eine von 41 Stimmen (wenn man den stimmberechtigten OB dazunimmt).

Hück ist auch Vorsitzender eines Sportvereins in Pforzheim

Die SPD tut sich sowieso schwer mit Hücks Ansinnen, da dieser nicht als Genosse, sondern mit einer unabhängigen Wahlliste an den Start gehen will. Hück droht deshalb der Parteiausschluss. Mit welchen Pforzheimern Hück antreten will – eine Liste kann bis zu 40 Personen umfassen – ist im Moment völlig offen. Seine Liste sei weder links noch rechts, so Hück im Interview mit der „Pforzheimer Zeitung“; er suche junge Leute mit Pioniergeist.

Pforzheims OB Peter Boch (CDU), den Uwe Hück übrigens gut findet und unterstützen will, hält sich als Stadtoberhaupt natürlich aus der Sache raus. „Grundsätzlich freue ich mich über jede oder jeden, die oder der sich sozial engagiert“, sagt Boch nur. Er verweist auf Uwe Hücks Lernstiftung, die sozial benachteiligte Jugendliche unterstützt und in Pforzheim angesiedelt ist. Zudem ist Hück auch Vorsitzender des FSV Buckenberg, einem Sportverein in einem Pforzheimer Stadtteil. Insofern ist er mit der Stadt eng verbunden, auch wenn er erst seit wenigen Wochen dort seinen Hauptwohnsitz hat.

Unabhängige Listen sind im Südwesten sehr erfolgreich

Neue unabhängige Listen in Kommunalparlamenten – das sei in Baden-Württemberg eher die Normalität als die Ausnahme, erklärt der Politikwissenschaftler und Wahlexperte Ulrich Eith von der Universität Freiburg. Das Wahlrecht im Südwesten mit Kumulieren und Panaschieren komme solchen Listen zugute: „Wenn es große strittige Projekte in einer Stadt gibt und wenn sich prominente Leute aufstellen lassen, dann haben solche Listen gute Chancen, in den Gemeinderat zu kommen“, sagt Eith. Beides trifft auf Pforzheim und auf Uwe Hück zu. Wie erfolgreich diese unabhängigen Fraktionen dann in der täglichen Arbeit seien, hänge allein von lokalen Faktoren ab – vor allem aber müsse es den neuen Stadträten gelingen, eine eigene Position aufzubauen, die in der Stadt auch wahrgenommen wird. Letzteres dürfte bei Uwe Hücks rhetorischem Geschick kein Problem werden.

Wie der Sprecher der Stadt Pforzheim, Philip Mukherjee, mitteilt, braucht jede Partei oder Liste zunächst 150 Unterstützer, damit sie bei einer Gemeinderatswahl überhaupt antreten darf. Es ist üblich, aber nicht Pflicht, dass jede Partei mit so vielen Kandidaten ins Rennen geht wie es Sitze im Gemeinderat gibt – in Pforzheim also 40. Alle Wahlvorschläge müssten, so Mukherjee, bis zum 28. März eingereicht werden.