Janosch Renner testet den Skateparcours im Juze. Foto: Gottfried / Stoppel

Die Ausstellungsreihe „Utopœsie“ führt dieses Mal ins Jugendzentrum Backnang: Dort entsteht als Kunstprojekt eine Skateboardbahn, die durch und um das Gebäude führt.

Wandbilder, Aufkleber und Konzertplakate überall – viel freie Fläche gibt es nicht mehr im Backnanger Jugendzentrum. Bildhauer Norbert Kempf zeigt auf die rote Backsteinwand im Juze, wo noch ein Plätzchen frei war. Dort hängt seit Kurzem eingerahmt eine Grafik des italienischen Malers Antonio Tempesta, eine Leihgabe aus der städtischen Sammlung Ernst Riecker. „Die Miniatur zeigt Gott, wie er Erde und Wasser trennt“, sagt Kempf. „Und es sieht aus, als würde er auf einer Wolke surfen.“ Ein Alter Meister zwischen modernen Graffiti. „Das scheint nicht hier reinzupassen, doch darum geht es mir: um Schnittstellen – darum, Sachen zusammenzubringen, die scheinbar nicht zusammengehören.“

 

Das Juze ist Kunst

Die drei Backnanger Künstler Barbara Kastin, Fabian Baur und Norbert Kempf haben sich für die nunmehr dritte Folge ihrer Ausstellungsreihe „Utopœsie“ das Juze an der Mühlstraße 3 ausgewählt. Ziel ihrer Ausstellungsaktion ist einmal mehr, „Räume, die uns temporär zur Verfügung gestellt werden, zu einem Gesamtkunstort zu verdichten“. Gar nicht so einfach, wenn man sich im Juze umschaut, denn, die Wandgestaltung mit ihrem Bildermix gleicht bereits einem Gesamtkunstwerk. Bewusst hat das Künstlertrio schon vorhandene Motive in Szene gesetzt und den Innenraum durch einige Einzelstücke ergänzt. Zusätzlich wurden die alten Gästebücher des Juze hinter einer Vitrine platziert und damit in einen „musealen Kontext gestellt“, erklärt Norbert Kempf. Immerhin handle es sich beim Juze um das älteste bestehende selbstverwaltete Jugendzentrum in Deutschland.

Täglich wird am Skateparcours gebaut

Neben den eigenen künstlerischen Beiträgen haben sich Kastin, Baur und Kempf etwas Besonderes fürs Juze einfallen lassen: „Wir bauen gemeinsam mit Helfern einen Skateboardparcours aus Holzelementen, der durchs Juze und um das Gebäude führt“, erklärt Kempf. Es sei eine Kooperation mit dem örtlichen Skateboardverein „Sk8“. Dessen Vorstandsmitglied Janosch Renner sitzt dem Verein Aktion Jugendzentrum Backnang vor und war von der Idee sofort begeistert.

Seit Tagen treffen sich Helfer täglich, um das Projekt des Künstlertrios in die Tat umzusetzen. Auf einem Grundriss des Juze im Maßstab 1:20 haben die kreativen Köpfe sich zunächst eine Streckenführung überlegt und dann mit dem Bau des Parcours begonnen. Dazu stellen sie aus verleimten Platten und Dachlatten verschiedene Holzelemente her, die sie zu Modulen verbinden. So entstehen Wellen, Rampen und Kurven. „40 Elemente haben wir schon, 60 sollen es werden“, sagt Kempf. Das größte zusammenhängende Stück ist eine Steilwandkurve im knapp hundert Quadratmeter großen Aktionsraum des Juze. Eine Holzrampe führt auf die Bühne, dort bilden ein Dutzend einzelner Elemente die Steilwandkurve, ehe die Strecke runter auf den Boden führt. „Die Akkuschrauber laufen heiß“, sagt Holger Schmidt und lacht. Der 37-jährige Landschaftsgärtner hilft beim Sägen und Schrauben. „Ein paar Tausend Schrauben haben wir schon gebraucht. Das Holz stiftet uns das Pill Schreinerwerk.“

Finissage am Sonntag

Dass in dem Raum geskatet wird, ist keine Ausnahme. Jeden Donnerstag wird die Fläche zum Indoor-Skaten genutzt, erzählt Janosch Renner. Eine Miniramp haben sie zu diesem Zweck vor ein paar Jahren gebaut. Kinder und Jugendliche, die sich fürs Skaten interessieren, können vorbeischauen und sich Bretter und Schutzausrüstung ausleihen. Aktuell ist im Juze allerdings Sommerpause, geöffnet ist nur für die „Utopœsie“. „Die Aktion hier ist eine interessante Mischung“, sagt Benedict Härer, der im Juze aktiv ist. „Man gestaltet und schafft Kunst, die nicht hinter Glas verschwindet, sondern die man hinterher nutzen kann.“

Wie weit der Parcours in den kommenden Tagen noch wächst, wird sich bei der Finissage am Sonntag, 21. Juli, ab 14 Uhr zeigen, bei der um 18 Uhr auch Martin Schick, der Leiter der Galerie der Stadt Backnang, sprechen wird. Helfer sind bis dahin täglich willkommen. Und zwischen 16 und 22 Uhr auch jeder, der sich das Juze und die Kunst anschauen oder einfach nur skaten mag.