Herbst 1985: Jungschauspielerin Ute Lemper, umrahmt von den Jungjournalisten Dirk Herrmann und Klaus Waschkies (rechts) Foto: privat

Musical-Star Ute Lemper ist Botschafterin für „Chicago“. Am Donnerstagnachmittag empfing sie StN-Redakteur Dirk Herrmann zum Interview – und man erinnerte sich gemeinsan an den Anfang ihrer Karriere am Kleinen Haus in Stuttgart.

Stuttgart - Hin und wieder gibt es für einen Journalisten jenseits der üblichen Pressekonferenzen Termine, auf die man vielleicht sogar Jahre wartet. Oder Jahrzehnte. Am Donnerstagnachmittag war so ein Termin. Ein Interview stand an – mit Ute Lemper, dem Weltstar, der Botschafterin fürs neue Stuttgarter Musical „Chicago“. Klar, dass dafür nur einer infrage kommt.

Fast 30 Jahre ist es her, dass zwei umtriebige Jungjournalisten des längst verblichenen Stadtmagazins „Ketchup“ – unsereiner sowie der Kollege Klaus Waschkies – die damals von Intendant Ivan Nagel ans Staatstheater verpflichtete Nachwuchsschauspielerin Ute Lemper für ihr vermutlich erstes Interview in Stuttgart überhaupt trafen. Zum Abschluss gab’s an jenem regnerischen Nachmittag im Herbst 1985 ein gemeinsames Foto per Selbstauslöser vor dem Kleinen Haus – als strahlendes Trio im tänzerischen Ausfallschritt wie auf der Showbühne. Mächtig beeindruckt schwärmten die beiden Jungreporter im Alter von 21 und 22 Jahren noch Jahre später von der übersprudelnden Energie der gleichaltrigen Frau.

Zum aktuellen Interview habe ich mit viel Geduld die alten Schwarz-Weiß-Bilder aus einem Schuhkarton gekramt. Als Ute Lemper (51), ihre Lesebrille zückend, Donnerstagnachmittag in der Lounge des Apollo-Theaters die Abbildungen von sich selbst sieht, entfährt ihr mehrfach ein „Wahnsinn – so jung, so unschuldig!“. Stuttgart ist ihr noch gut in Erinnerung. „Na klar, auch wenn es nur ein Jahr war“, in dem sie in der Revue „Bye Bye Showbiz“ und in Rainer Werner Fassbinders „Katzelmacher“ für Furore sorgte. „Damals bin ich mit meinem Kollegen Peter Lohmeyer immer in die Bhagwan-Disco zum Abtanzen gegangen.“ Jener Lohmeyer, der später im „Wunder von Bern“ groß rauskommen sollte. „Ich war schon immer ein Nachtmensch“, sagt Ute Lemper,, „habe zuvor in Berlin in meinem Loft bis in die Puppen riesige Leinwände vollgemalt.“

Sie plaudert über ihre vier Kindern – den jüngsten Sohn bekam sie mit 48. Ihre Schwangerschaften seien immer problemlos abgelaufen – legendär Ute Lempers Auftritt 1994 in Robert Altmanns Film „Prêt à Porter“ als Hochschwangere nackt auf dem Laufsteg , „damit hatte ich keine Probleme, ich fand mich wunderbar“. Trotzphasen in der Pubertät habe es bei ihren beiden älteren Kindern (18 und 20 Jahre) nie gegeben, „ich war so eine liberale Mutter, bei mir war alles erlaubt, die hatten nicht die rebellische Phase, wie ich sie selbst einst gehabt habe“. Allerdings: Der älteste Sohn Max, von der Mum zu Klavierstunden verdonnert, spielte mit 13 ihr und dem Großvater „Rhapsody in Blue“ vor, um danach zu sagen: „Ich bin fertig mit dem Piano, ich wechsle zur Gitarre.“

Gemeinsam tauschen sich Musicalstar und Journalist noch über gemeinsame Zipperlein aus – wo sie mit fünf gegen zwei Bandscheibenvorfällen klar im Vorteil ist. „Ich muss immer warm bleiben, habe zumeist zwei Hosen und Wollsocken an. Doch auf der Bühne gehen alle Schmerzen sofort weg, auch Zahnschmerzen.“ Es geht ums Dasein als Ü-50: „Ich fühle mich wie ein junger Mensch, aber Beine werfen mache ich aus Prinzip nicht mehr, obwohl ich den Spagat noch kann.“ Nach einer Dreiviertelstunde werden die Anekdoten unterbrochen, die nächste Journalistin will ihre Fragen loswerden. „Das war sehr lustig, na dann, bis spätestens wieder in 30 Jahren“, sagt Ute Lemper. Na, an mir soll’s nicht liegen.