Ute Lemper rät dem Ensemble zur Gelassenheit Foto: Leif Piechowski

Der Countdown zur großen Premiere von „Chicago“ läuft. Musical-Star Ute Lemper war am Montag zu Besuch im Palladium-Theater in Möhringen. Sie selbst hat die Rolle der Velma Kelly viele Jahre im Londoner West End und am New Yorker Broadway gespielt.

Stuttgart - „Chicago“ ist Ute Lempers größter Musical-Erfolg, die Darstellung der Velma ihre Paraderolle. Noch heute wirbt das Ambassador Theater in New York mit einem Riesenplakat der Deutschen für das Musical. „Heute bin ich wohl eher Großmutter Velma“, scherzt die 50-jährige Musical-Legende beim Pressegespräch am Montag im Palladium. Nach 30 Jahren Tanzen und mehreren Bandscheibenvorfällen ist sie ganz froh, bei den Proben im Stage-Palladium-Theater nur Zuschauerin zu sein.

Für zwei Wochen war sie in Europa auf Tour und schaute deswegen, vor ihrem Rückflug in ihre Wahlheimat New York, bei den Proben vorbei. Die Begeisterung für „Chicago“ ist dabei immer noch ungebrochen. „Du stehst in diesem großen Saal und auf der Bühne ist diese Armee von schönen Menschen“, schwärmt sie. Diese Show ist aber nicht nur ein Genuss für die Augen, auch die Geschichte hat es in sich. Ein romantisches Musical sei es definitiv nicht, meint Lemper und bezieht sich dabei auf die Darstellung der oberflächlichen und schamlosen Gesellschaft. Diese lässt sich nämlich von den Verführungskünsten der beiden Hauptdarstellerinnen Roxy Hart und Velma Kelly ordentlich um den Finger wickeln.

Genau dieser Bestechlichkeit wollten die Produzenten Fred Ebbe und Bob Fosse Anfang der 1970er Jahre mit Chicago einen Spiegel vorhalten. Dabei orientierten sie sich an Berthold Brechts Dreigroschenoper. Der Abstand zur Realität, der im epischen Theater aufgebaut wird, ist genau das, was sie für ihr Musical haben wollten. „Deswegen haben sie mich auch engagiert. Sie wollten eine Deutsche mit der Brecht’schen Abgebrühtheit“, erzählt Lemper. Auch wenn die Handlung im Chicago der 1920er Jahre spielt, sei das Musical sehr zeitgenössisch. Die emanzipierten Frauen, die sich von den Männern nicht auf der Nase herumtanzen lassen und genau wissen, was sie wollen, entsprächen dem aktuellen Frauenbild, meint die 50-Jährige.

Seit zwei Wochen probt die 34-jährige Niederländerin Carien Keizer ihre Hauptrolle der Roxy Hart. Deren theatralische Verwandlung steht im Mittelpunkt des Musicals. „Die Dialoge sind knallhart übersetzt und wirklich genial“, sagt sie. Der erste Akt ist schon einstudiert, jetzt nehmen die Darsteller den zweiten in Angriff. Bis zur Premiere am 6. November sind es noch knapp vier Wochen. Dementsprechend nervös ist auch Keizer. „Man fragt sich immer: wird auch alles klappen, werden wir rechtzeitig fertig?“, erzählt sie.

Wenn sich der Premieren-Vorhang öffnet, ist genau das der magischste Moment in der Musical-Welt. „Dabei ist es allerdings egal, ob das am Broadway in New York, hier in Stuttgart oder in irgendeiner Kleinstadt ist“, betont Ute Lemper, „der Einsatz und die Nervosität müssen immer derselbe sein, sonst kann man nicht die gewünschte Leistung bringen.“ Für Keizer und die neue „Chicago“-Generation hat sie einen wichtigen Rat: Bloß keine Angst haben und sich vom Lampenfieber nicht zu sehr beeinflussen lassen.

Als „Chicago“-Botschafterin wird Ute Lemper auch zur Premiere kommen. Überzeugt ist sie davon, dass dieses Musical auch in Stuttgart ein Erfolg wird. „Die Deutschen lieben das Theater und das amerikanische Showbusiness. ,Chicago’ vereint das alles: Glamour, Intrigen und natürlich Liebe“, sagt Lemper.