Das Geburtstagskind: Uschi Glas ist sich treu geblieben. Foto: dpa

Uschi Glas wird 75. Die bayerische Schauspielerin hat es nicht allen leicht gemacht, sie zu mögen. Denn vereinnahmen lassen hat sie sich nie. Sie ist sich treu geblieben.

Stuttgart - Ein Leben voller Knalleffekte – sogar dann, wenn der Schuss gar nicht losging: Als sich Uschi Glas anno 1968 mit einer Pistole in beiden Händen weigerte, abzudrücken, da ließ sich an ihrem leicht genervten „Nein!“ erahnen, dass es so leicht mit ihr nicht werden würde, obwohl der spätere Kultfilm „Zur Sache Schätzchen“ hieß. Knapp fünf Jahrzehnte und unzählige Rollen später empfahl Uschi Glas als schutzbebrillte Chemielehrerin einer Schülerhorde: „Aufgepasst! Und beschreiben, was passiert!“ Daraufhin Kawumm. Auch der Film „Fack ju Göhte“ bildete 2013 wieder präzise das Jetzt ab. Und noch immer mittendrin: Helga Ursula „Uschi“ Glas, deren Schauspielkunst von Neidern oft als ein wenig schlicht und deren Image als das einer sogenannten Sauberfrau beschrieben wird. Das dürfte ihr, die an diesem Samstag ihren 75. Geburtstag feiert, aber herzlich wurscht sein.

„Ich finde das Wort ,Sauberfrau‘ schon so vertrottelt“, sagte Uschi Glas in einem Interview dieser Zeitung anlässlich ihres 60. Geburtstages, „soll es denn den besseren Künstler ausmachen oder den besseren Menschen, dass er besoffen unter dem Tisch rumkugelt oder 27 Affären nebeneinander hatte?“ Nein, fand sie, und spätestens, als sie plötzlich ins Englische wechselte („I couldn’t care less!“) war der Interviewer vollends hingerissen.

Frauen, die man als kess bezeichnet hat

Uschi Glas wollte nie jedermanns Liebling sein: Ende der sechziger Jahre verweigerte sie den Rebellen ihre Gefolgschaft („weil die Achtundsechziger-Bewegung so ein Gleichschritt war“) und wollte den Wahlaufruf für den in Künstlerkreisen so geliebten SPD-Kandidaten Willy Brandt nicht unterschreiben. Stattdessen spielte sie Frauen wie das Halbblut Apanatschi an der Seite von Winnetou oder eben das Schätzchen mit der Pistole. Sie spielte Frauen, die man damals kess zu nennen pflegte. Im Mieder, aber niemals nackt, also so eine Art Uschi-Obermaier-Variante für Typen, denen die Revolution zu gefährlich war.

Später wurde sie vor allem als patente Frau in den besten Jahren besetzt, gerne als Erbin. Sowohl als Kiesgruben-Besitzerin wider Willen („Eine Frau macht ihren Weg“) wie auch als durchsetzungsfähige, aber liebenswerte Selfmadefrau gelang ihr eine plausible Verkörperung des „Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied“-Prinzips, das die Neoliberalen bis heute lieben.

Ihre Gesichtscreme wurde 2004 als Pickel-Auslöser geoutet

Aber auch von ihnen hat Uschi Glas sich nie vereinnahmen lassen: Da versorgt sie doch mit ihrem Verein „brotZeit“ lieber Schulkinder mit Frühstück. „Der Wunsch oder vielleicht auch die Seligkeit, ein Happy End anzustreben, steckt bei mir schon drin“, hatte sie zu ihrem 60. Geburtstag gesagt, als sie nach ihren Film- und Fernsehrollen gefragt wurde.

Tatsächlich gilt die Happy-End-Sehnsucht dieser Konservativen, die auch Linke gut finden können (ähnlich wie bei Gregor Gysi, nur andersherum), viel umfassender: Ihre Gesichtscreme, die 2004 als Pickel-Auslöser geoutet wurde, ihr Sohn mit Gefängnis-Erfahrung, dessen untreuer Vater – derartige Tiefschläge steckte die am 2. März 1944 in Landau an der Isar geborene Bayerin immer wieder mit hanseatischer Disziplin weg. Das kann nicht allein daran gelegen haben, dass Uschi Glase seit Anfang der Neunziger für das ZDF Jahre lang mit Elmar Wepper „Zwei Münchner in Hamburg“ verkörpert hatte.

Charmant im bunten Sommerkleidchen

Nein, das Mädchen aus einfachen Verhältnissen, das für Franz Josef Strauß schwärmte und später für Helmut Kohl spendete, ist sich einfach treu geblieben: Eine Radikale der Normalität, aber keine Fanatikerin. Eine Happy-End-Frau eben: „Ich empfinde es als großes Glück, dass ich älter werden darf, dass ich gesund bin, dass ich fähig bin zu arbeiten, zu denken und mich zu bewegen“, sagte sie jüngst, „das ist jetzt keine Koketterie oder so“.

Die freilich war ihr nicht fremd, als sie Ende der Sechziger ein halbes Dutzend Filme pro Jahr drehte, „Immer Ärger mit den Paukern“ zum Beispiel. Herrlich, wie sie da im bunten Sommerkleidchen zum Schlagersänger Roy Black ins weiße Cabriolet steigt, charmant diese Mischung aus Unschuld, Schalk und Schönheit, mit der sie weit gekommen ist. Weite hat sie immer eher in Realmetern denn in Traumkilometern bemessen. Das machen bodenständige Bayern nun mal so.