Gibt es doch keinen großen US-Rettungseinsatz im Irak? Erst ließ Washington große Pläne verlauten. Jetzt rudert das Pentagon zurück. Offenbar sind nicht mehr so viele Jesiden im Nordirak in Not. Augenzeugen berichten jedoch etwas ganz anderes.
Gibt es doch keinen großen US-Rettungseinsatz im Irak? Erst ließ Washington große Pläne verlauten. Jetzt rudert das Pentagon zurück. Offenbar sind nicht mehr so viele Jesiden im Nordirak in Not. Augenzeugen berichten jedoch etwas ganz anderes.
Washington/Erbil - Ein erwogener US-Militäreinsatz zur Rettung von Flüchtlingen im Nordirak ist nach Angaben des Pentagons unwahrscheinlicher geworden. Spezialeinheiten seien nach Erkundungen im Sindschar-Gebirge zu dem Schluss gekommen, dass sich dort wesentlich weniger Flüchtlinge aufhielten, als zunächst angenommen, hieß es aus dem US-Verteidigungsministerium. Nach Luftschlägen der USA sei es vielen gelungen, mit Hilfe kurdischer Kämpfer der Belagerung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu entkommen.
Auch seien die Verfolgten nach Abwürfen von Nahrung und Wasser durch die US-Streitkräfte besser versorgt als noch vor einigen Tagen, teilte Pentagonsprecher John Kirby am Mittwochabend (Ortszeit) mit. Unterdessen gingen die US-Luftangriffe auf islamistische Milizen in der Region weiter.
Etwa ein Dutzend Marineinfanteristen und Sondereinsatzkräfte hätten nach 24 Stunden im Sindschar-Gebirge gemeldet, dass die Lage nun wesentlich leichter zu bewältigen sei, zitierte die "New York Times" einen Vertreter des Verteidigungsministeriums. Demnach halten sich nur noch einige Tausend Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden dort auf. Einige hätten zu verstehen gegeben, dass sie das Gebiet als ihre Zuflucht und Heimat betrachteten und nicht vorhätten, es zu verlassen, sagte ein weiterer US-Vertreter dem Blatt.
Nur wenige Stunden zuvor hatte die US-Regierung erklärt, sie erwäge eine Luftbrücke oder die Einrichtung von Korridoren, um die bedrohten Menschen in Sicherheit zu bringen. Zeitweise war von bis zu 20.000 Menschen die Rede, die sich vor den IS-Kämpfern in das karge Gebirge zurückgezogen hätten.
US-Militär wirft weiter Nahrung und Wasser ab
Kirby sagte, eine Evakuierungsaktion sei nach den neuen Erkenntnissen "viel weniger wahrscheinlich". Die Luftabwürfe von Nahrung und Wasser gingen aber weiter.
Der TV-Sender CNN zitierte einen hohen IS-Kommandeur, die Milizen hätten etwa 100 Frauen und Kinder der Jesiden aus dem Sindschar-Gebirge entführt. Die Entführten befänden sich in der Stadt Mosul im Nordirak. CNN fügte allerdings hinzu, die Behauptung lasse sich nicht durch unabhängige Quellen bestätigen.
Unterdessen setzte das US-Militär seine Luftangriffe auf die sunnitischen Milizen fort. Eine Kampfdrohne habe am Mittwochabend (Ortszeit) einen mit Waffen beladenen Lastwagen westlich von Sindschar angegriffen und zerstört, teilten die Militärs in Tampa (Florida) mit.
Die im Nordirak gegen die Extremisten kämpfenden Kurden sollen Militärhilfe aus Europa erhalten. Als erstes EU-Land kündigte Frankreich an, wie die USA Waffen an die kurdischen Peschmerga-Truppen zu liefern. Die Bundesregierung schließt inzwischen auch Waffenlieferungen nicht mehr aus. In der Koalition ist das aber hoch umstritten.
Im Irak und in Syrien sind nach Angaben der EU-Kommission inzwischen mehr als 2000 gewaltbereite Islamisten aus der Europäischen Union unterwegs. Es gebe keine spezifische Zahl für den Irak, weil Kämpfer wie die der Terrormiliz IS auch im Nachbarland Syrien aktiv seien, gab das Büro der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström bekannt.