Eine US-Soldatin im Wahlhilfebüro der US-Standortverwaltung in der Böblinger Panzerkaserne. Foto: factum/Granville

In einer jüngsten Umfrage sprechen sich 40 Prozent der befragten US-Soldaten für den Republikaner Donald Trump aus. Die Demokratin Hillary Clinton landet nur abgeschlagen auf Platz drei. Vor allem US-Offiziere sind konservativer als Amerika insgesamt.

Stuttgart - US-Stabsfeldwebel Amador Aguillen will partout nicht preisgeben, für welchen Präsidentschaftskandidaten er per Briefwahl schon gestimmt hat – für Donald Trump, Hillary Clinton. Oder gar für den Bewerber einer der kleineren chancenlosen Parteien. Nur so viel verrät der 39-Jährige im Army-Flecktarn beim Gespräch in der Böblinger Panzerkaserne: „Wählen ist meine Chance, gerade als Einwanderer der ersten Generation mitzubestimmen, wer unser neuer Boss wird“, sagt der mexikanischstämmige Mann aus San Antonio, Texas. Hauptmann Robin Bruce aus Dallas, Texas, verkneift sich ebenfalls jede politische Aussage: „Wir reden im Dienst nicht über Politik“, meint die Kompaniechefin im Hauptquartier der US-Standortverwaltung.

Die beiden Soldaten gehorchen einer alten US-Militärtradition. Die Kommandeure pochen seit jeher darauf, dass für Politik in den Reihen aktiver Soldaten kein Platz sei. Wählen dürfen Soldaten seit dem Bürgerkrieg (1861-1865). Im Sommer erinnerte Amerikas oberster Soldat, Generalstabschef Joe Dunford, die 1,3 Millionen Soldaten daran, trotz hitzigem Wahlkampf überparteilich zu bleiben. Das amerikanische Volk, so Dunford, „muss uns als unpolitische Organisation betrachten, die einen Eid auf die Verfassung der Vereinigten Staaten schwört, nicht auf einen Einzelnen und nicht auf eine Partei oder einen Zweig der Regierung“.

Hillary Clinton nur abgeschlagen auf Platz 3

Nur pensionierte Offiziere halten sich immer weniger an die Regel. Und Hauptmann Bruce räumt ein, dass die Überparteilichkeit diesmal schwer fällt: „So etwas wie diese Wahlen habe ich noch nie erlebt“, sagt die 31-Jährige. Da wird politische Enthaltsamkeit auf eine harte Probe gestellt. Die Wogen gehen beim Militär nicht weniger hoch als bei Zivilisten. Das zeigt eine neue „Military Times“-Umfrage. Aber mit überraschenden Unterschieden: Gut 40 Prozent der G.I.s erklärten, sie wollten Trump wählen, gefolgt von 27 Prozent für den Libertären-Kandidaten Gary Johnson. Erst dann folgt Clinton mit 20 Prozent. Das stellt die Meinungsverhältnisse in Amerikas Zivilwelt auf den Kopf. Dort liegt Clinton vor Trump. Johnson spielt keine Rolle. Die Umfrage beim Militär verblüfft. Schließlich äußerte sich Trump mehrfach taktlos über Soldaten; Johnson fragte: „Was ist Aleppo?“ Und die E-Mail-Affäre lässt Clinton nicht los.

Das US-Militär ist seit langem konservativ gestrickt und wählt Republikaner ins Weiße Haus. Insbesondere die Offiziere. „Vor allem nach dem Ende des Kalten Krieges identifizierte sich das Offizierskorps zunehmend mit einer Partei – den Republikanern“, erklärt der US-Historiker Adam Seipp. Der Grund: In den Augen der Offiziere gelten die Republikaner in Verteidigungsfragen als kompetenter. Vielen ist auch der kulturelle Wandel ein Graus: „Das beste Beispiel dafür war Bill Clintons Versuch, Homosexuellen den Dienst in der Armee zu gestatten“, so Seipp. Bei den Mannschaften kommt hinzu, dass das Pentagon seit dem Ende der Wehrpflicht seine Soldaten vor allem im konservativen amerikanischen Süden rekrutiert.

Interesse an US-Wahlen in Stuttgarter Militärgemeinde riesengroß

Die Stuttgarter US-Verwaltung versucht, den politischen Streit von den Soldaten fern zu halten. „Wahlkampf auf Kasernengelände gibt es nicht“, erklärt Debra Peake in ihrem kleinen Büro in der Panzerkaserne. Die Wahlhilfebeamtin rührt nur die Werbetrommel dafür, dass sich Soldaten, Angehörige und Zivilangestellte rechtzeitig für die Wahlen in ihren Heimatstaaten registrieren lassen und die Stimmzettel pünktlich zurückschicken. In Stuttgart mit seinen fünf US-Einrichtungen und mehr als 3000 aktiven Soldaten macht das 20 000 Wahlberechtigte. „Als US-Bürger hat man das Recht und die Verantwortung, seine Stimme abzugeben“, sagt die 31-Jährige. Peake berichtet, das Interesse an den Wahlen sei auch in der Stuttgarter Militärgemeinde „riesengroß“.

Jeder US-Staat, in dem der Wähler registriert sein muss, hat andere Regeln: In North Carolina kann man online wählen, Alabama beharrt noch auf einem Wahlbrief. „Auch die Fristen sind überall verschieden“, sagt Peake. Einen ausgefüllten Stimmzettel in den richtigen Stimmbezirk zu bekommen, wird so zu einem komplexen Unterfangen. Selbst wenn das „nur“ von Stuttgart aus zu organisieren ist, und nicht aus einem Kriegsgebiet oder von einem Schiff auf hoher See.