Die großen Neonreklamen von einst, als Las Vegas vor allem ein Paradies von großen und kleinen Glücksrittern und Ganoven war, stehen heute im Museum. Foto: Molitor

Glücksspiel war gestern. Unterhaltung, Essen, Einkaufen: Das sind heute die Gründe für einen Besuch der glitzernden Stadt in der Wüste Nevadas.

Las Vegas - Du brauchst ein starkes Herz und Nerven wie Drahtseile. „All you need’s a strong heart und a nerve of steel.“ Elvis singt. Schwungvoll rauscht sein Cadillac-Cabrio in Bonbonrosa durch die breite Flügeltür, pflügt durch den wabernden Bodennebel und hält wenige Meter vor einem Brunnen, auf dem sich zwei steinerne Liebesboten geziert die Hände reichen. Elvis singt. It’s wedding time. Wanderer, kommst du nach Las Vegas, bring Geld mit - und dein Herz. Rund 80 000 Paare lassen sich jedes Jahr in der Wüste von Nevada trauen, und für viele trifft Brian Mills den richtigen Ton.

Er wirft sich ins golden glänzende Jackett, streicht sich kokett die Elvis-Tolle zurecht, wackelt mit den Hüften und legt schmissig los: „Viva Las Vegas!“ Brian Mills ist beileibe nicht der Einzige, der Elvis für eine Handvoll Dollar imitiert. In Las Vegas sitzen die Elvis-Doubles auf dem Strip, jener von plüschigen, powernden und prickelnden Prachthotels gesäumten Protz-Meile, an der New York, Paris und Venedig im Maßstab eins zu zwei ihre Schatten werfen. Das Venetian mit seinem Gondel-Teich, das Wynn mit eigenem Golfplatz, das ausgezeichnete Bellaggio mit seinen grandiosen Wasserspielen, das legendäre Ceasar’s Palace, Monte Carlo, Mirage, allesamt Bettenburgen wie Aria, Cosmopolitan oder MGM.

„Die Heiratslizenz kostet hier 60 Dollar“

Mancher dicke, sonnenverbrannte Elvis, der hier in seinem viel zu engen weißen Anzug rhythmisch zuckt und krächzt, ist nur eine traurige Karikatur. Nicht so Brian Mills. Er ist General Manager von Viva Las Vegas Wedding, eine unter den etwa 50 Hochzeitskapellen, in denen sich Paare aus aller Welt unkompliziert, wenn auch aufwendig das Jawort geben. Drei Stretch-Limousinen stehen im Hof. „Die Heiratslizenz kostet hier 60 Dollar“, rund 44 Euro, sagt Joni Moss-Graham. Sie organisiert schrille wie romantische Hochzeiten und sorgt für die Termine. Wartezeit zwischen vier und sechs Wochen. Mills macht nicht nur den Elvis.

„Ich bin Pirat, Harry Potter, Tom Jones und James Bond“, sagt er geschäftstüchtig. Einmal hat er eine Friedhof-Hochzeit für ein Gothic-Paar arrangiert, ein anderes Mal sprangen die Frischverheiraten aus dem siebten Himmel. Mit dem Fallschirm. „Wir machen alles, was ihr wollt“, verspricht Mills. Angelina Jolie hat bei ihm geheiratet und viele andere Promis auch. 4500 Trauungen schafft er im Jahr. „Einmal liefen 250 Hochzeiten in 36 Stunden“, erzählt er. „Alles total legal.“ Las Vegas mit all deinem Neonflimmern und dem Scheppern der einarmigen Banditen. „Viva Las Vegas with your neon flashin’ and your one-arm bandits crashin’“. Elvis singt. Ein bisschen von früher.

Die einarmigen Banditen stehen im Museum. Die Dollar fressenden Automaten in den fenster- und uhrenlosen Glücksspiel-Reichen heißen heute Money Comb, Sphinx, Goldfish oder Megabucks. Orte zum Verlaufen. Orte zum Verlieren. Schrille Schreie, wenn die Roulette-Kugel richtig gefallen ist, dumpfes Knurren, wenn beim Black Jack nach dem glücklichen Ass ein Jeton-Häuflein zum Gewinner geschoben wird. Jeder der jährlich rund 40 Millionen Gäste setzt in Las Vegas im Durchschnitt 485 Dollar ein, gut 350 Euro. Das sind allein in den Strip-Casinos mehr als 6,5 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro). Trotzdem: Las Vegas verändert sich.

In Downtown spürt man noch etwas vom sündigen Leben

Die Neon-Reklamen aus jener mafiösen Zeit, in der Alkohol verboten, das Glücksspiel erlaubt war und die Prostitution blühte, stehen mittlerweile im Museum am Las Vegas Boulevard. Sentimentale Erinnerungen an das alte Flamingo, das abgerissene Desert Inn und das Hotel- Urgestein El Cortez. In Downtown spürt man noch etwas vom alten, rauen, sündigen Leben. In der Fremont Street, wo man sich an die neue Zipline „SlotZilla“ hängt. Oder im Mob-Museum, dem ehemaligen Bundesgerichtsgebäude, wo glorreiche Gangster wie der von seinen eigenen Leuten ermordete Bugsy Siegel zum Leben erwachen und der blutige Sieg der Gerechtigkeit über die Mafia-Krake pompös gekonnt dokumentiert wird. Wo Frank Sinatra den Mafia-Bossen und ihren Gespielinnen ein Ständchen brachte. Und Elvis sowieso.

Unten an der Main Street, fern vom 7,2 Kilometer langen Glitzer-Strip, wo sich die Verlierer in den Vordach-Schatten trauriger Flachbauten drücken, versucht Marc Abelman die welken Ecken mit Graffiti-Kunst aufzuhübschen. Ein Museum für moderne Kunst soll entstehen, Studios wie das von Claus Schmidt oder Gina Quaranto könnten aus Downtown einen neuen Kunst-District werden lassen. Wie es läuft? „It works by accident“, sagt Quaranto. Etwas zufällig. „Wir haben den Mut zu scheitern“, sagt Schmidt, der aus Frankfurt kam. Das Glücksspiel ist in Las Vegas keine ganz große Nummer mehr. „Unterhaltung, Essen, Einkaufen, das steht mittlerweile im Vordergrund“, sagt David Gonzalez, der PR-Manager des Bellagio. Neue Shows wie „Michael Jackson One“ vom Cirque du Soleil im Mandalay Bay.

Orgiastische Kulinarik in den Spitzenhotel wie das „Uncork’d“-Festival mit Sterneköchen wie Thomas Keller, Daniel Boulud oder Bobby Flay. Schweißtreibende Runden mit Tempo 280 auf dem Motor-Speedway an der Seite von Tommi W. aus Richard Pettys Rennteam, in einem 650-PS-Nascar-Geschoss, in das man sich durchs kleine Seitenfenster hineindrückt. Ein Vormittag mit der Plaudertasche Randy L. im pinkfarbenen Jeep durch den nahen wilden Red Rock Canyon. Ein Helikopter-Flug mit dem maulfaulen Robert K. über den Lake Mead und die 220 Meter hohe Staumauer der Hoover-Talsperre. Dorthin, wo 1931 alles begann, als das Wüstendorf Las Vegas Wasser und Strom zum Spielen und Saufen brauchte.

Oder die Fahrt im 167 Meter hohen High Roller, dem größten Riesenrad der Welt, Wahrzeichen des Erlebniskomplexes The Linq. Tag oder Nacht, das ist hier kein Unterschied. Wer einmal da war, ist danach nicht mehr derselbe. „Turnin’ night into daytime, if you see it once, you’ll never be the same again.“ Elvis singt. Viva Las Vegas.

So wird das Wetter für die Weltreise

Infos zu Las Vegas

Anreise
Edelweiss ( www.edelweissair.ch ) bietet montags und freitags zwei Nonstop-Flüge ab Zürich zum McCarran-Airport. Condor fliegt mehrmals pro Woche nonstop ab Frankfurt am Main nach Las Vegas ( www.condor.de ). Delta Airlines ( www.delta.com/de ) hat Flüge ab Amsterdam im Angebot.

Allgemeine Informationen
Infos zu Las Vegas: www.visitlasvegas.de ; www.vegasexperience.com ; www.lasvegas.com

Riesenrad: www.linq.com ;

Helikopter: www.papillon.com ;

Hochzeit: www.TheElvisWeddingChapel.com ; www.lvweddingconnection.com ;

Red Canyon Tour: pinkjeeptours.com/las-vegas ;

Rennwagen: www.lasvegas.com/listing/richard-petty- ride-along/2498/tour/415 ;

Kulinarik-Festival: www.vegasuncorked.com

Fakten
Las Vegas hat über 150 000 Hotelbetten, mehr als jede andere US-Destination; Durchschnittspreis pro Nacht: 111 Dollar (81 Euro). Die durchschnittliche Zimmerauslastung: mehr als 84 Prozent. Das Bellagio darf sich bestes Hotel der USA nennen, das Wynn ist der Luxus-Geheimtip.

Sehr zu empfehlen: das Mandalay Bay mit einem riesigen Aquarium (Zimmerpreise nach Vereinbarung).

Das MGM Grand Hotel und Casino (www.mgmgrand.com) ist mit über 5,000 Zimmern das größte Hotel der USA, dicht gefolgt vom The Venetian (www.venetian.com) mit über 4,000 Zimmern.

Lohnenswert: der Marquee-Nachtclub im Cosmopolitan.

Essen & Trinken
Theater trifft Nachtclub-Atmosphäre: Vegas Nocturne im neuen Social Club „Rose.Rabbit.Lie.“ (http://www.roserabbitlie.com)

Feine Häppchen und gutes Bier: Fleur by Hubert Keller im Mandalay Bay (http://www.mandalaybay.com/dining/fleur/)

Tolle Aussicht auf den Strip: Mandarin Bar (http://www.mandarinoriental.com/lasvegas/fine-dining/mandarin-bar/)

Perfekte Stekas vom Grill: Tom Coliccios Heritage Steak im Mirage (http://www.mirage.com/restaurants/heritage.aspx)