US-Präsident Barack Obama verkündet die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit Kuba. Foto: AP

International wird die Kurskorrektur der USA gegenüber der Karibikinsel schon als Durchbruch gefeiert. Doch im amerikanischen Kongress laufen einflussreiche Mitglieder gegen den US-Präsidenten Sturm.

Stuttgart/Washington - Seit seinen Tagen als US-Senator wollte US-Präsident Barack Obama neue Beziehungen zu Kuba aufbauen. Nun hat er mit der von ihm verkündeten historischen Wende der US-Kuba-Politik die Chance dazu.

Staatenlenker in aller Welt begrüßten die Initiative der USA und Kubas. Die Europäische Union setze nun auf einen vollständigen Neustart der Beziehungen zwischen Havanna und Washington, teilte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel mit. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bezeichnete die Entwicklung als einen „längst überfälligen Schritt“.

In Lateinamerika feierten die Regierungen von Mexiko bis Argentinien den Durchbruch nach mehr als 50 Jahren Eiszeit und gratulierten US-Präsident Barack Obama und Kubas Staatschef Raúl Castro. Auch Papst Franziskus, unter dessenmaßgeblicher Vermittlung die Annäherung zwischen Washington und Havanna zustande kam, äußerte sich sehr zufrieden. „Heute freuen wir uns alle, denn wir haben gesehen, wie zwei Völker, die seit vielen Jahren weit voneinander entfernt waren, einen Schritt der Annäherung gemacht haben“, sagte er bei einer Audienz für Diplomaten am Heiligen Stuhl in Rom.

US-Touristen dürfen weiter nicht einreisen

Die USA und Kuba haben unter anderem vereinbart, ihre diplomatischen Beziehungen offiziell wieder aufzunehmen. In Havanna soll in den nächsten Monaten wieder eine US-Botschaft eröffnet werden. Auch einige Beschränkungen bei Handel und Finanzgeschäften entfallen. Das US-Embargo, das amerikanischen Touristen Reisen nach Kuba sowie den Handel mit dem kommunistischem Karibikstaat verbietet, bleibt aber weiter bestehen.

Durch die neue Offenheit erhofft sich Obama mittel- bis langfristig eine Demokratisierung des autoritären Systems in Havanna. Raul Castro dagegen kalkuliert sicher genau umgekehrt: Infolge der neuen Offenheit des mächtigen Nachbarn rechnet er mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage und in deren Folge mit einer Stabilisierung seines Herrschaftssystems. Daher lobte er den US-Präsidenten: „Diese Entscheidung von US-Präsident Obama verdient den Respekt und die Anerkennung des kubanischen Volkes.“ Zugleich warnte er aber mit Blick auf das fortbestehende US-Embargo: „Das heißt aber nicht, dass das Wichtigste gelöst ist.“

Auch Obama dämpfte die Erwartungen: „Ich erwarte nicht, dass die heute von mir angekündigten Veränderungen über Nacht einen Wandel der kubanischen Gesellschaft bewirken werden“, sagte er. Es diene aber weder amerikanischen Interessen noch dem kubanischen Volk, Kuba „zum Kollaps“ zu treiben.

Alles zugestanden, nichts gewonnen?

Das Embargo kann nur vom US-Kongress aufgehoben werden, in dem die Republikaner in beiden Kammern die Mehrheit haben. Und mächtige Senatoren und Abgeordnete der Republikaner, gefolgt von einigen Falken unter den Demokraten griffen Obamas neue Kuba-Politik bereits scharf an. Der republikanische Senator Marco Rubio aus Florida, Sohn kubanischer Einwanderer und einer der Aspiranten auf die Präsidentschaftskandidatur 2016, warf Obama vor, er habe Castro „alles zugestanden und nichts gewonnen“.

Der Präsident habe keine demokratische Öffnung Kubas erreicht, keine freien Wahlen, nicht die Zulassung politischer Parteien. Mehr Offenheit und Handel mache die Lage der Kubaner nicht besser, sondern befördere nur den Machtzugriff des Regimes „auf Jahrzehnte hinaus“. „Die Außenpolitik dieses Präsidenten ist nicht nur naiv, sie ignoriert vorsätzlich, wie die Welt funktioniert.“

Aber auch der scheidende demokratische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Senat, Robert Menendez, tönte: „Es ist ein Irrtum, dass Kuba sich reformieren wird, nur weil der amerikanische Präsident glaubt, dass die Castro-Brüder plötzlich ihre Fäuste öffnen werden, wenn er seine Hand in Frieden ausstreckt.“ Obama kann sich aber auf die gewandelte öffentliche Meinung in den USA stützen. So sprachen sich die US-Bürger in den vergangenen Jahren mehrheitlich für eine Normalisierung der Beziehungen mit Kuba aus. Und selbst unter den Nachfahren der Exil-Kubaner und Castro-Gegnern im wichtigen Wechselwählerstaat Florida gewinnen Gemäßigte an Boden.

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