Abrams-Panzer – zu schwer für den Einsatz in der Ukraine? Foto: dpa/Nicolas Armer

Die Zusage der Lieferung amerikanischer Abrams-M1-Panzer hat mehr politische als militärische Bedeutung.

Eingerahmt von Außenminister Anthony Blinken zu seiner Linken und Pentagon-Chef Lloyd Austin zu seiner Rechten, bemühte sich die Choreografie des Weißen Hauses darum, schon optisch eine klare Botschaft des US-Präsidenten zu senden. „Wir sind geeint. Amerika ist vereint, und die Welt ist es auch“, erklärte Biden als er Schlag zwölf vor die Kameras trat, um die Lieferung von 31 amerikanischen Abrams-M1-Panzern an die Ukraine anzukündigen. „Diese Panzer sind ein weiterer Beweis unserer anhaltenden, unverbrüchlichen Unterstützung für die Ukraine.“

 

Während der Präsident andeutete, dass es eine Weile dauern könnte, bevor US-Kampfpanzer in der Ukraine zum Einsatz kommen, machte Biden damit den Weg für die zeitnahe Lieferung deutscher Leopard-2 frei. „Deutschland hat mich nicht gezwungen, meine Meinung zu ändern“, sagte Biden zu der Frage einer einer Journalistin nach den Gründen für die Kehrtwende bei der Lieferung von Abrams-Panzern.

Der Durchbruch kam am Dienstagnachmittag

Der US-Präsident dankte Bundeskanzler Olaf Scholz für „seine Führung“ bei dem Thema. Er sei „eine starke Stimme für die Einheit“ und ein enger Freund. „Deutschland hat wirklich Verantwortung übernommen.“ Vor seinem Auftritt hatte der Präsident bei einer Telefonkonferenz mit Scholz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Rishi Sunak und der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auch intern den Schulterschluss gesucht.

Wladimir Putin habe gedacht, er könne den Westen auseinanderdividieren. „Er hat sich geirrt.“ Die Panzer seien keine offensive Bedrohung für Russland. Bei einem Rückzug der russischen Truppen seien diese, wo sie hingehörten. „Das ist es, was wir alle wollen – ein Ende dieses Krieges in gerechter und dauerhafter Form.“

Der Durchbruch bei den Verhandlungen zwischen den Verbündeten kam am Dienstagnachmittag, als der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan seinem deutschen Gegenüber Jens Plötner via E-Mail mitteilte, die USA seien willens, die von Deutschland gewünschten „Abrams-M1“-Panzer an die Ukraine zu liefern. Wie das „Wall Street Journal“ weiter herausfand, sei dies das Ergebnis intensiver Verhandlungen zwischen deutschen und amerikanischen Sicherheitsexperten gewesen.

Es bestand Eile, um den Eindruck eines Bruchs im westlichen Bündnis zu zerstreuen, der durch die fehlende Einigung der Ukraine-Kontaktgruppe bei deren Treffen vergangenen Freitag in Ramstein entstanden war. US-Präsident Biden hatte sich vorgenommen, die atmosphärischen Störungen im deutsch-amerikanischen Miteinander vergessen zu machen, als er am Mittwoch im Weißen Haus den gefundenen Ausweg aus der Panzer-Sackgasse bestätigte.

Zuvor hatte Bundeskanzler Scholz im Deutschen Bundestag die Lieferung von 14 Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 aus deutschen Beständen bekannt gegeben. Die Regierung habe sich mit Umsicht etappenweise voran gearbeitet. „Es ist das einzige Prinzip, das in einer so gefährlichen Angelegenheit Sicherheit auch für Europa und Deutschland gewährleistet.“

Panzer kommen nicht aus dem Bestand

Öffentlich widerspricht das Weiße Haus dieser Darstellung nicht. Doch die Substanz der erzielten Lösung deutet nach Ansicht von Analysten nicht auf einen Sinneswandel der Amerikaner hin, die den Abrams-M1 als wenig geeignet für die Ukraine bezeichnet hatten. Mit 70 Tonnen Eigengewicht sei der Panzer zu schwer, erfordere in seiner Komplexität zu lange Ausbildungszeiten und habe einen zu hohen Wartungsaufwand.

Dass der Abrams nach Aussagen eines Mitarbeiters der US-Regierung frühestens im nächsten Herbst, vielleicht sogar erst „in Jahren“ in der Ukraine zum Einsatz kommt, unterstreicht den politischen Charakter der Entscheidung. Laut „Politico“ soll die Lieferung nicht aus Beständen der rund 3500 Panzer der US-Streitkräfte kommen, sondern aus dem „Ukraine Security Assistance“-Programm finanziert werden. Die Entscheidung der USA macht den Weg frei für eine zeitnahe Lieferung der bis zu 100 Leoparden, die binnen drei Monaten zum Einsatz kommen könnten.