Viele Regionen leben gut mit den US-Soldaten – in der Oberpfalz ist der Kahlschlag besonders drastisch. Foto: dpa/Nicolas Armer

Die Oberpfalz war im Kalten Krieg der letzte Außenposten direkt am Eisernen Vorhang. Jetzt ziehen viele US-Soldaten aus Grafenwöhr ab. Die Politik reagiert – wie auch in anderen Bundesländern.

München - Die Wölfe sind schon da. Auf dem US-Truppenübungsplatz Grafenwöhr in der Oberpfalz leben schon seit langem so viele wilde und so seltene Tiere, dass jeder streng geschützte und von Kugelhagel ebenso wie von Granatendonner liebevoll freigehaltene Nationalpark neidisch hinschaut.

„Standorttreu“ sind all diese Tiere laut Landesumweltamt – was man von den menschlichen Hauptnutzern des 23 300 Hektar großen Geländes wohl nicht mehr sagen kann: Die Oberpfalz, ein direkt am früher Eisernen Vorhang gelegene Regierungsbezirk in Ostbayern, zählt zu den Regionen, aus denen US-Präsident Donald Trump die meisten seiner amerikanischen Soldaten abziehen will.

Etwa 13 000 US-Soldaten sind in der Oberpfalz derzeit stationiert, dazu kommen wohl ebenso viele Familienangehörige, sowie gut 3000 Deutsche, die als Zivilbeschäftigte für die Truppe arbeiten. Die Kaufkraft dieses seit 70 Jahren gewachsene und aufeinander eingespielte Systems wird auf jährlich etwa 660 Millionen Euro beziffert. Da sind Supermärkte, Pubs, Autohäuser, Hotels, Bau- und Busunternehmer – und nicht zu vergessen: die für Verbrüderung berühmten deutsch-amerikanischen Volksfeste.

Schon einiges Hin und Her erlebt

Und das fällt nun alles weg? Das wäre „fast wie eine Stunde Null“ für Grafenwöhr und die Garnisonsstadt Vilseck, sagt Landrat Richard Reisinger. Aber dass es ganz so schlimm werden könnte, damit rechnen sie in der Oberpfalz zunächst einmal nicht. Zum einen, sagen Kommunalpolitiker, habe man bei den Amerikanern schon viele Ankündigungen, „viele Aufs und Abs“, erlebt, und noch sei Trump ja nicht wiedergewählt. Zum anderen treffe die „desaströse Nachricht“ nur etwa die Hälfte der stationierten US-Streitkräfte.

So soll wohl – und das ist für den Grafenwöhrer Bürgermeister Edgar Knobloch die „positive Nachricht“ – der Truppenübungsplatz als „einer der modernsten auf der Welt“ erhalten bleiben, mit ihm einige US-Brigaden und den Zivilbeschäftigten, die unter anderem für die Technik des Areals verantwortlich sind. Drittens werde der Abzug mehrere Jahre an Zeit brauchen.

Und schließlich gibt’s einen vierten Grund dafür, dass die Besorgnisse nicht gleich in Depression umschlagen: In Bayern zählt die früher bettelarme Oberpfalz zu den Boomregionen. Bürgermeister Knobloch befürchtet gleichwohl, dass mit dem Abzug der Amerikaner auch der eine oder andere Investor zurückstecken könnte, und wohl am meisten Angst hat er davor, dass seine Gegend zum bloßen Übungsplatz verkommt für die Bundeswehr und für Truppen aus anderen Nato-Staaten, die nur zum Schießen anreisen und keinen wirtschaftlichen Gegenwert hinterlassen. Dann – so sagte es Knobloch neulich in der Süddeutschen Zeitung – wäre die „Balance“ gestört.

Wohin sich die oberpfälzischen Amerikaner verabschieden, ist erst in Umrissen klar: Das 2. Kavallerieregiment mit 4500 Mitgliedern soll zurück in die USA; zwei Fallschirmjäger-Bataillone mit wohl 1000 Soldaten ziehen ins italienische Vicenza, und ein Grafenwöhrer Pionier-Bataillon geht nach Belgien.

Etwas muss hängen bleiben

Die Politik hat reagiert: Die Stadt Vilseck kann sich Hoffnung auf Hilfen von Land und Bund machen. Der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) stellten am Freitag Unterstützung in Aussicht. Und in Rheinland Pfalz, wo die US-Truppen sich aus dem Luftwaffenstandort Spangdahlem zurückziehen wollen, hat die Ministerpräsidentin des Bundeslandes, Malu Dreyer (SPD), Gespräche mit Kommunalpolitikern angekündigt.