Der US-Präsidentschaftswahlkampf läuft ohne sie: Sarah Palin wirft ihren Hut nicht in den Ring. Foto: AP

Sarah Palin hätte Schwung in den US-Wahlkampf gebracht - doch sie tritt nicht an.

Washington - Vor allem die Medien hätten sich bei einer Kandidatur von Sarah Palin die Hände gerieben. Kein anderer Kandidat im US-Präsidentenwahlkampf liefert so flotte Sprüche, so schöne Bilder - Sarah Palin ist eine Garantie für Spektakel und gute Quoten. Neben der gut aussehenden „Mama Grizzly“ wirken Mitt Romney und Rick Perry - die derzeitigen Favoriten im Republikaner-Lager - wie brave, blasse Typen ohne echten Charme und Charisma. Oder ziehen die Republikaner noch einen Joker aus dem Ärmel?

Monatelang hatte Sarah Palin, die Ikone der Tea-Party-Bewegung und Kandidatin für die Vize-Präsidentschaft 2008, ein „Katz-und Maus-Spiel mit dem politischen Establishment“ getrieben, wie es die „New York Times“ ausdrückt. Palin tourte durch die Lande, hielt Reden wie in besten Wahlkampfzeiten - nur verbindlich erklären wollte sie sich nicht.

Erkärung via Facebook: Familie hat Vorrang

Auch in ihrer Verzichtserklärung, die sie in Facebook veröffentlichte, blieb die Ex-Gouverneurin aus Alaska sich selbst treu: Von Gebeten und Gottes Ordnung war die Rede, von der Familie, die vor allem Vorrang habe - zugleich wetterte sie gegen zu hohe Steuern, die „die amerikanische Industrie umbringen“, und „big government“. Das politische Credo von Sarah Palin war immer schon einfach gestrickt gewesen.

Dennoch: Kaum einem anderen US-Politiker ist es gelungen, die politische Landschaft in den USA innerhalb weniger Jahre derart zu verändern. Von Beginn an war die Frau aus Alaska Sprachrohr und Ikone der strikt konservativen und populistischen Tea-Party-Bewegung. Zuerst eher belächelt, sorgte die Bewegung bei den Kongresswahlen 2010 für ein politisches Erdbeben - und macht seither mit ihrer Fundamental-Opposition Präsident Barack Obama das Leben zur Hölle.

Seite 2: Sind die Republikaner ohne Palin zu blass?

Zwar ist Palins Verzicht auf eine Kandidatur erwartet worden. Insider betonen immer wieder, zwar sei Palin eine Labsal für überzeugte Konservative - doch bei den Präsidentenwahlen komme es letztlich nicht auf eingefleischte Republikaner, sondern auf die unabhängigen Wechselwähler an. Bereits 2008 meinten böse Zungen, es sei nicht zuletzt der Einfluss der Vize-Kandidatin Palin gewesen, dass Präsidentenkandidat John McCain das Rennen verlor. Die aggressive Angriffspolitikerin „Sarah Barracuda“ sei letztlich nicht mehrheitsfähig.

Doch die Sorge der Republikaner: Auch mit den bisherigen Favoriten sieht es nicht gerade rosig aus. Mitt Romney, der Ex-Gouverneur aus Massachusetts, wirkt einfach zu aalglatt, zu business-freundlich - und außerdem hatte er 2008 schon einmal bei den Vorwahlen verloren. Sein stärkster Konkurrent, der texanische Gouverneur Rock Perry, liefert zwar gute Sprüche, aber wirkt alles in allem zu hemdsärmelig, „zu viel Texas“, wie Kritiker meinen. Außerdem setzte er sich bei jüngsten Debatten mit unbedachten Äußerungen zum Thema Immigration in die Nesseln.

Und auch Michele Bachmann, ebenfalls eine Ikone der „Tea Party“, hat an Anziehungskraft verloren - bei den Debatten wirkt sie blass, in Umfragen ist sie zurückgefallen.

Auf der Suche nach dem Hoffnungsträger

Tatsächlich sehnen sich die Republikaner nach einem echten Hoffnungsträger. Zeitweise setzten sie schon auf Chris Christie, den schergewichtigen Gouverneur aus New Jersey. Er gilt eher als politisch moderat und mehrheitsfähig, und dennoch als zupackend und direkt - doch auch er hatte seiner Partei erst vor wenigen Tagen einen Korb gegeben. „Jetzt ist nicht die Zeit für mich“, meinte er.

Über den Mangel an Kandidaten mit Glanz und Strahlkraft freut sich vor allem das Obama-Lager. Keine Frage: Der Präsident hat ein knallhartes Rennen vor sich. Angesichts miserabler Umfragewerte räumt er bereits selbst öffentlich ein, das er als Außenseiter in die Schlacht zieht.

Schlechte Konjunktur, hohe Arbeitslosigkeit und miese Stimmung im Land drücken seine Chancen zur Wiederwahl. Obamas größte Stärke dagegen ist derzeit vor allem die Schwäche seiner Gegner.