Ein Berufungsgericht in San Francisco prüft das US-Einreiseverbot. Aber schon vor dem Urteil kritisiert US-Präsident Donald Trump die Justiz.
Washington - Amerika muss sich unter Präsident Donald Trump auf Neuerungen einstellen – auch auf Richterschelte, noch bevor ein Urteil vorliegt. In einer Rede vor Polizeivertretern kritisierte Trump am Mittwoch das Verhalten der Justiz bei den Beratungen über die Rechtmäßigkeit seines Einreisestopps für Menschen aus muslimischen Staaten. „Die Gerichte sind so politisiert“, sagte er mit Blick auf das zuständige Gericht in San Francisco. Bei der Anhörung des Gerichts am Vorabend habe er einige „schändliche“ Dinge gehört.
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„Unsere Sicherheit ist in Gefahr“, sagte er über eine mögliche Aufhebung des Muslim-Banns. Ein dreiköpfiges Richtergremium am Berufungsgericht in San Francisco befragte am Dienstagabend die Vertreter von Trumps Regierung und des Bundesstaates Washington eingehend zum Einreiseverbot für Menschen aus sieben muslimischen Staaten in Nahost und Afrika. Die Richter stellten zum Teil sehr kritische Fragen an die Trump-Gegner und äußerten Zweifel daran, dass Trumps Dekret als antimuslimisch eingestuft werden könne, weil nur 15 Prozent der islamischen Welt betroffen sei.
Kritische Fragen an die Vertreter der Regierung
Auch die Vertreter der US-Regierung mussten sich einigen kritischen Fragen stellen, aus denen Skepsis der Richter gegenüber dem Präsidentendekret sprach. So wollte ein Richter wissen, ob es wirklich Beweise für Terrorgefahr durch die sieben betroffenen Länder gebe. Ein anderer verwies darauf, dass schon vor den Reiseverboten ein Kontrollverfahren für Visumbewerber aus diesen Ländern in Kraft war.
Das Gericht will bis zum Wochenende entscheiden, ob der Ende Januar verhängte und am Samstag ausgesetzte Einreisestopp Trumps wieder in Kraft gesetzt wird. Eine Möglichkeit besteht darin, dass die Richter den Inhabern gültiger Visa die Einreise erlauben, aber neue Visumanträge stoppen.
Trump deutete am Mittwoch an, dass er nur eine vollständige Bestätigung seiner eigenen Haltung als richtige Entscheidung akzeptieren will. Die nationale Sicherheit sei so lange in Gefahr, „bis wir bekommen, was uns zusteht“, sagte er. „Wir wollen Sicherheit, das ist einer der Gründe, warum ich gewählt wurde.“ Das Gericht in San Francisco rief er auf, „das Richtige“ zu tun. Zuvor hatte Trump bereits den Bundesricher James Robart, der sein Einreiseverbot ausgesetzt hatte, scharf kritisiert.
Neue Verschärfung der Visa-Bestimmung ist geplant
Unterdessen fasst die US-Regierung bereits neue Schritte zur Verschärfung der Einreisebestimmungen ins Auge. Nach den Worten von Heimatschutzminister John Kelly könnten Antragsteller im US-Visumverfahren bald verpflichtet werden, die Passwörter für ihre Facebook- oder Twitter-Konten offenzulegen. Trumps Einreisepolitik macht die Beziehungen der USA zu muslimischen Verbündeten im Nahen Osten zu einer delikaten Angelegenheit: Er braucht sie im Kampf gegen die Terrormiliz IS, den er zur obersten Priorität seiner Außenpolitik erklärt hat. Zugleich schreckt er mit seiner antimuslimischen Haltung die US-Partner in der islamischen Welt ab. Samer Khalaf, Präsident der muslimischen US-Bürgerrechtsgruppe ADC, sagte unserer Zeitung, dass Länder wie Saudi-Arabien, Tunesien und Algerien weitere Kandidaten für einen Einreisebann seien: „Ich befürchte, die Liste wird ausgebaut.“
In der Nacht zum Mittwoch telefonierte Trump erstmals mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dabei ging es um die Hauptforderungen der Türkei an die USA: Erdogan verlangt ein Ende der US-Unterstützung für die syrisch-kurdische Miliz PYD, die aus türkischer Sicht der verlängerte Arm der Terrorgruppe PKK ist, für Washington bisher jedoch ein Partner im Kampf gegen den IS war. Erdogans zweite Forderung betrifft die Auslieferung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Ankara für den Putschversuch vom Sommer 2016 verantwortlich macht.