Der große Dealmaker: US-Präsident Donald Trump handelt nach der Devise, nur mit maximalem Druck lassen sich Erfolge erzielen. Foto: AFP

US-Präsident Donald Trump sieht in Europa vor allem einen Konkurrenten. Das erklärt seine radikale Politik. Und Europa hat dieser wenig entgegenzusetzen, analysiert USA-Korrespondent Karl Doemens.

Washington - Heiko Maas übte sich in demonstrativer Gelassenheit. „Für uns hat sich in der Sache nichts geändert“, kommentierte der deutsche Außenminister tapfer. Dabei hatte sein US-Kollege Mike Pompeo bereits kurz vor der Landung des SPD-Politikers in Washington unmissverständlich klargemacht, dass die Trump-Regierung beim strittigen Iran-Abkommen eisenhart bleibt. In einem kämpferischen Vortrag drohte Pompeo nicht nur dem Mullah-Regime mit beispiellosem finanziellen Druck, sondern verlangte von den Europäern ausdrücklich, den Sanktionen zu folgen: „Wir werden diejenigen, die verbotene Geschäfte mit dem Iran machen, zur Rechenschaft ziehen.“

Der als „Grundsatzrede“ angekündigte Auftritt des einstigen CIA-Bosses war in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: So machte Pompeo mit einem Katalog voller Maximalforderungen deutlich, dass er letztlich nicht auf Reformen, sondern auf einen kompletten Regimewechsel im Iran setzt. Einen Plan dafür konnte er nicht präsentieren. Zugleich deutete Pompeos Faust zwar nach Teheran. Doch sein Zeigefinger wies nach Europa.   Immer, wenn Sanktionen verhängt würden, müssten Geschäftsbeziehungen leiden, erklärte Pompeo lapidar: „Aber jeder muss sich daran halten.“

Der Hardliner Pompeo liegt auf Trumps Linie

Sollte Maas ernsthaft geglaubt haben, er könne irgendwelche Ausnahmeregelungen erwirken, kann er sich den Besuch im State Department sparen. Der Hardliner Pompeo liegt ganz auf der Linie seines Chefs. Und der Geschäftsmann Trump glaubt, er könne mit maximalem Druck die besten Ergebnisse erzielen. Durch die Entwicklung in Nordkorea fühlt er sich bestätigt. Nun sollen die Daumenschrauben im Iran angezogen werden.   Und nicht nur das: Die europäischen Verbündeten lässt die Trump-Regierung immer unverhohlener spüren, wer im Bündnis den Ton angibt.

Einseitig ist Washington aus internationalen Handelsvereinbarungen ausgestiegen und droht nun Europa zum 1. Juni mit Strafzöllen auf Stahl. Im Alleingang hat Washington auch das gemeinsam mit Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Russland und China 2015 geschlossene Iran-Abkommen gekündigt und will nun die vertragstreuen Partner bestrafen. Gnädig hat Trump den französischen Präsidenten und die deutsche Kanzlerin im Weißen Haus empfangen. Entgegengekommen ist er ihnen keinen Millimeter.

Europa in einer Reihe mit Golfmonarchien

Wer sich noch Illusionen über irgendwelche emotionalen Bindungen der Trump-Regierung zur alten Welt macht, der sollte die Pompeo-Rede nachlesen. Nicht nur distanzierte sich der US-Außenminister einmal ausdrücklich vom „Westen“. Für seine Iran-Strategie warb er um Unterstützung – „natürlich von unseren europäischen Freunden, aber noch von vielen mehr“. An dieser Stelle ratterte Pompeo im Schnellsprechmodus eine eindrucksvoll lange Länderliste von Australien über Bahrain, Kuwait, Katar, Saudi-Arabien und Südkorea bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten herunter: „Wir heißen jede Nation willkommen, die die Nase voll hat von den nuklearen Drohungen, dem Terrorismus, dem Raketenprogramm und der Brutalität des Regimes.“

Europa in einer Reihe mit Golfmonarchien, die Frauenrechte und Pressefreiheit mit Füßen treten? Für Trump ist das kein befremdlicher Gedanke. Ohne Skrupel huldigt der US-Präsident Autokraten wie dem usbekischen Präsidenten Shavkat Mirziyoyev oder dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte. Er hat eine Frau mit Foltervergangenheit zur neuen CIA-Chefin gemacht und weist seine Justiz an, gegen das politisch unliebsame FBI vorzugehen. Wer vor diesem Hintergrund glaubt, Trump spüre wegen gemeinsamer demokratischer Werte eine besondere Verbindung zu Europa, der ist sentimental.

Deutschland ist zu klein für erfolgreichen Gegendruck

Der große Dealmacher sieht in Europa vor allem eins: einen wirtschaftlichen Konkurrenten. Deswegen denkt er gar nicht daran, Konzernen aus Deutschland oder Frankreich im Iran einen Wettbewerbsvorteil einzuräumen. Und deswegen will er die Stahlzölle in Kraft setzen. Dass er mit den Sanktionen und den Einfuhrsteuern europäische Unternehmen doppelt trifft, stört ihn nicht. Voller bitterer Ironie ist, dass Trump zur gleichen Zeit die Strafzölle gegen China, das der amerikanischen Wirtschaft am meisten zu schaffen macht, ausgesetzt hat. Deutschland ist viel zu klein, um erfolgreichen Gegendruck aufbauen zu können. Und Europa befindet sich in einer jämmerlichen Verfassung. So könnte Trumps neue Devise heißen: „America First. Europe Last.“