Trump hat über seinen Twitterkanal einmal mehr für Aufregung gesorgt. Foto: dpa

Der US-Präsident Donald Trump erhebt schwere Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Obama. Belege bleibt er jedoch schuldig.

Washington - Ein paar Tage lang war es ruhig geworden um Donald Trump. Doch am Samstagmorgen meldete sich ein wütender Präsident aus seiner Wochenendresidenz bei Palm Beach in Florida. „Furchtbar! Ich hab gerade herausgefunden, dass Obama meine Telefone im Trump Tower kurz vor dem Wahlsieg hat anzapfen lassen“, schrieb Trump um 6.35 Uhr. Es folgten fünf weitere Kurznachrichten. Die letzte endete mit dem Ausruf: „Wie tief ist Präsident Obama gesunken, meine Telefone im hochheiligen Prozess der Wahl abzuhören. Das ist Nixon/Watergate. Schlimmer (oder kranker) Kerl!“

Die Anschuldigungen verbreiteten sich in Windeseile nicht nur in den sozialen Netzwerken. Kein Wunder: Würde die Behauptung stimmen, hätte Trump den größten politischen Skandal seit der legendären Watergate-Affäre von 1972 aufgedeckt, als Amtsinhaber Richard Nixon im Vorfeld der Präsidentschaftswahl die Parteizentrale der Demokraten ausspionieren ließ. Doch weder in seiner wütenden Twitter-Tirade noch anschließend lieferte Trump den kleinsten Hinweis auf seine Quellen, geschweige denn Belege für die ungeheuerliche Anschuldigung. Weder Obama noch jemand anderes im Weißen Haus habe jemals die Überwachung eines US-Bürgers angeordnet, behauptete dafür Obama-Sprecher Kevin Lewis : „Alle anderen Darstellungen sind schlicht falsch.“

Eilig bemühten sich die amerikanischen Medien, eine Bestätigung der Vorwürfe aus dem Weißen Haus zu bekommen – vergeblich. Dabei fanden sie jedoch Erstaunliches heraus: Offenbar hatte Trump am Freitag den Regierungssitz in höchst erregtem Zustand verlassen, weil er sich über seinen Justizminister Jeff Sessions geärgert hatte. Der nämlich hatte nach Berichten über seine Falschaussage im Kongress freiwillig den Vorsitz über die Untersuchung der möglichen russischen Einflussnahme in den US-Wahlkampf abgegeben. Ein solcher Rückzieher gilt in Trumps Welt als Zeichen von Schwäche. Entsprechend aufgebracht soll der Präsident gewesen sein.

Die Anschuldigungen feuerte Trump ohne Rücksprache mit Beratern ab

In sein Anwesen flog Trump ohne seinen Stabschef Reince Priebus, seinen Berater Stephen Bannon und seinen Sprecher Sean Spicer. Es scheint, als habe Donald Trump seine Anschuldigung ohne Rücksprache abgefeuert. Bleibt die entscheidende Frage, worauf sich der Präsident bezog. Theoretisch könnte er geheime Informationen aus einer internen Untersuchung haben.

Dann wäre sowohl die Art der Bekanntmachung als auch der fehlende Nachweis zumindest ungewöhnlich. Wahrscheinlicher ist, dass Donald Trump die vermeintlichen Informationen von der rechtsgerichteten Nachrichtenplattform Breitbart bezog, die am Freitag über derartige Abhörvorwürfe durch ein konservatives Talk-Radio berichtet hatte. In der Vergangenheit hat Trump bei Twitter öfter unmittelbar auf Meldungen reagiert, die auf Breitbart verbreitet wurden.

Für seine Anschuldigungen erntete Trump scharfe Kritik von den Demokraten. Er selber schwieg und schlug auf seinem Golfplatz in West Palm Beach lieber Bälle. Am Sonntag meldete sich sein Sprecher zu Wort. Berichte über „möglicherweise politisch motivierte Ausforschungen“ seien sehr beunruhigend, formulierte Sean Spicer auffallend zurückhaltend. Der Vorgang solle von einem Kongressausschuss untersucht werde. Solange wollen sich weder das Weiße Haus noch Trump dazu äußern.