Lebensgefährlich: die Schießübungen der US-Streitkräfte Foto: factum/Granville

Die Waffenübungen der US-Soldaten waren in der vergangenen Woche so laut wie noch nie. Massenhaft beschwerten sich die Bürger. Die CDU erwägt sogar Demonstrationen vor der Kaserne.

Böblingen - Die Stimmungslage im Böblinger Rathaus ist nicht gut: „Wir sind sauer“, schrieb Wolfgang Pfeiffer im Internet. Der Schießlärm aus der Panzerkaserne der US-Streitkräfte hat in der vergangenen Woche eine neue Dimension erreicht. „Wir hören es verblüffend laut im Rathaus“, teilte der Stadtsprecher am Mittwoch den Bürgern mit. Massenhaft würden die Beschwerden eingehen. Auch die SPD-Gemeinderatsfraktion hat genug – und will den Druck erhöhen. Nach jahrelangen Verhandlungen ohne Ergebnisse kommt Florian Wahl zu dem Schluss, dass die Amerikaner kein ernsthaftes Interesse an einer Einigung im Sinne aller Beteiligten hätten. Und der CDU-Fraktionschef Hans-Dieter Schühle hält mittlerweile Demonstrationen am Kasernentor für ein probates Mittel des Protests. „Das Maß ist voll“, sagt er.

Christine Kraayvanger war am Mittwoch fast ausschließlich mit Bürgerbeschwerden beschäftigt. Die Baubürgermeisterin meldete den US-Verantwortlichen per Mail den Unmut der Bevölkerung. „Aus ihrer Verärgerung machte sie darin keinen Hehl“, sagt Wolfgang Pfeiffer. Im Rathaus hätten sich die Mitarbeiter gefragt, ob außerhalb der Schießbahnen trainiert werde. So klar seien die einzelnen Schüsse bisher nicht zu hören gewesen. „Wir wissen nicht, was da los war“, sagt der Stadtsprecher. Von den US-Streitkräften kam keine Reaktion auf die Beschwerden.

Hans-Dieter Schühle hat seinen Ärger in Briefform verfasst

Die SPD-Fraktion hat jetzt beschlossen, keinen Bauanträgen oder vergleichbaren Anträgen, die vonseiten der Panzerkaserne an die Stadt und den Gemeinderat gestellt werden, mehr zuzustimmen, „solange nicht ernsthaft Bewegung in Sachen Schießlärm kommt“. Die US-Streitkräfte könnten nicht mit Kooperation – etwa in Bezug auf einen geplanten Supermarkt – rechnen, ohne eine Lösung für diese Probleme anzubieten. „Uns beschleicht das Gefühl, dass die Gespräche seit langer Zeit geführt werden, nicht um ein Ergebnis zu erzielen, sondern um in der Zwischenzeit weitermachen zu können wie zuvor“, teilt die Fraktion mit. Die SPD hofft, dass die anderen Fraktionen im Gemeinderat diesem Vorgehen folgen. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt Florian Wahl.

Hier entlang: Schießlärm – Gespräch in Berlin

Auch Hans-Dieter Schühle hat seinen Ärger in Briefform verfasst und an die Baubürgermeisterin Christine Kraayvanger geschickt. Den Schießlärm will der CDU-Fraktionschef ebenfalls nicht länger hinnehmen. „Das Problem ist, dass wir nichts dagegen tun können, außer unseren Protest verbal zu äußern“, sagt er. Das gelte gleichermaßen für die Supermarktpläne der US-Streitkräfte. In zwei Jahren soll in der Panzerkaserne das zentrale Lebensmittelgeschäft für alle in der Region Stuttgart stationierten Soldaten eröffnet werden. Das Landratsamt und die Stadt rechnen mit langen Staus auf der sowieso schon überlasteten Panzerstraße als Folge davon.

Marc Biadacz ruft zu Sachlichkeit auf

„Das ist den Bürgern nicht mehr zu vermitteln“, sagt Hans-Dieter Schühle. Ihm falle bald keine andere Maßnahme mehr ein als eine Demonstration vor der Kaserne. „Man müsste doch auf gute nachbarschaftliche Beziehungen Wert legen“, äußert er sein Unverständnis über das Verhalten der Amerikaner.

Marc Biadacz ruft allerdings zu Sachlichkeit auf. Der CDU-Bundestagsabgeordnete setzt auf ein Gespräch im Berliner Verteidigungsministerium mit Vertretern der US-Armee und der Bundeswehr. Es wurde von Anfang April auf den 25. April verschoben, damit Böblingens neuer Oberbürgermeister Stefan Belz (Grüne) dabei sein kann. Er hatte im Wahlkampf eine erfolgreichere Verhandlungstaktik in Sachen Schießlärm versprochen. „Wir sollten nicht die Emotionen hochkochen lassen“, sagt Marc Biadacz. Das Ziel müsse vielmehr sein, eine Lösung zu finden – und die könne nur gemeinsam gefunden werden. „Es kann so nicht weitergehen“, findet auch er. Der jüngste Schießlärm liefere gute Argumente für das Gespräch, die Kombination der Teilnehmer hält er außerdem für vielversprechend. „Wenn sich danach nichts bewegt, können wir schärfer an das Thema herangehen“, sagt der Abgeordnete.