US-Notenbank-Präsidentin Janet Yellen leitet die Zinswende ein. Foto: dpa

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhöht nach sieben Jahren extrem billigen Geldes erstmals wieder ihren Leitzins. Er wird auf eine Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent angehoben. Es ist eine historische Entscheidung.

Frankfurt -

Warum hat die US-Notenbank Fed die Zinsen wieder erhöht?
Die Konjunktur in den USA ist wieder in Schwung, sie wächst 2015 nach Prognosen von Deutsche Bank-Volkswirt Stefan Schneider um 2,4 Prozent und 2016 um 2,5 Prozent. Die Arbeitslosigkeit liege mit 5 Prozent auf Vollbeschäftigungsniveau, sagt Frank Hübner, Volkswirt bei Sal. Oppenheim. Die Fed Rate dürfte von 0 bis 0,25 auf 0,25 bis 0,50 Prozent steigen. Dieser Schritt war schon im September erwartet worden.
Ist die Erhöhung ein gutes Zeichen?
Ja. Schließlich belegt sie, dass die US-Wirtschaft, die weltgrößte Volkswirtschaft, wieder auf einem guten Weg ist. Für Ulrich Kater signalisiert die Fed damit auch, dass die Finanzmarktkrise überwunden ist.
Welche Folgen könnte die lange erwartete Zinserhöhung haben? Droht an der Börse ein Kurseinbruch?
Volkswirte rechnen mit verhaltenen Reaktionen. Schließlich ist seit Monaten klar, dass der Zinsschritt kommt. Ein Kurseinbruch an der Börse ist unwahrscheinlich, zumal die Kurse in den letzten Tagen ohnehin nachgegeben haben. Die Zinsen von US-Staatsanleihen würden nur moderat steigen, sagt Commerzbank-Chef-Volkswirt Jörg Krämer.
Wie steht es um Euro und Dollar?
Die US-Währung wird im Vergleich zum Euro stark bleiben, die Zinsschere zwischen beiden Wirtschaftsräumen geht mit der Erhöhung der US-Leitzinsen weiter auseinander. Die EZB wird den Zins noch lange niedrig halten und ihr Anleihekaufprogramm um sechs Monate bis März 2017 verlängern. Viele Ökonomen erwarten schon im nächsten Jahr die Parität. Ein Euro wäre dann für einen Dollar zu haben.
Trifft der Zinsschritt in den USA deutsche Anleger, Verbraucher und Unternehmen?
Wer auf US-Staatsanleihen setzt kann sich auf höhere Zinsen freuen. Ein zweiter Effekt ergibt sich aus der tendenziell weiteren Aufwertung des Dollar. Reisen in die USA und andere Länder, in denen mit Dollar bezahlt wird, verteuern sich. Eigentlich müssten auch Heizöl, Benzin und Diesel teurer werden, weil Öl in Dollar abgerechnet wird. Allerdings wird dieser Effekt derzeit durch den niedrigen Ölpreis mehr als ausgeglichen. Insofern halten sich auch die Folgen für Unternehmen und ihre Energierechnung in Grenzen. Bei Rohstoffen, für die ebenfalls der Dollar gilt, sieht es ähnlich aus. Auch dort sind die Preise im Keller. Umgekehrt werden Produkte aus der Eurozone in Dollarländern günstiger. Das sollte den Export stützen.
Was bedeutet die Entscheidung für die Weltwirtschaft?
Ein Risiko ergibt sich für die Schwellenländer. Sie sind zum Teil hoch verschuldet – in Dollar. Steigen in den USA die Zinsen, wird der Schuldendienst teurer. Zudem droht der Abzug von Kapital, weil die Geldanlage in den USA attraktiver wird. Damit wird die ohnehin abgeschwächte Konjunktur in Ländern wie Brasilien, Südafrika oder Indonesien zusätzlich gebremst. Was auch Importe aus den Industrieländern trifft.
Wird die Fed die Zinsen 2016 weiter erhöhen?
Vermutlich ja. Allerdings werde die Fed nur dosiert vorgehen, glaubt Commerzbank-Ökonom Krämer. Die Fed selbst hat angedeutet, dass der Leitzins bis Ende 2016 auf 1,4 Prozent steigen könnte. Das wäre, so Krämer, ein „geldpolitisches Bremsmanöver mit halber Kraft“. Entsprechend gemäßigt dürfte die Reaktion in Wirtschaft und an den Finanzmärkten ausfallen.
Die Fed ist das Pendant zur Europäischen Zentral (EZB). Wo liegen die größten Unterschiede?
Die Fed wurde bereits 1913 gegründet. Das System der Fed besteht aus der Fed selbst und zwölf regionalen Fed-Banken. Wie die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Fed unabhängig. Geleitet wird sie von sieben Gouverneuren, Präsidentin ist seit 2014 Janet Yellen. Legendär ist ihr Vor-Vorgänger Alan Greenspan, dem aber angelastet wird, in seiner Amtszeit von 1987 bis 2006 durch allzu billiges Geld den Boden für die Finanzkrise bereitet zu haben.
Was sind die geldpolitischen Ziele der Fed?
Hohe Beschäftigung und niedrige Arbeitslosigkeit, moderate langfristige Zinsen und stabile Preise. Wichtigstes Instrument ihrer Geldpolitik ist die Federal Funds Rate (Fed Rate), der Leitzins. Zu diesem Zinssatz leihen sich Banken untereinander Geld, um ihrer Mindestreservepflicht bei der Fed nachzukommen. Die Fed nennt in der Regel eine Spanne für den Leitzins.
Wie hat sich die Fed Rate entwickelt?
Im Jahr 2000 lag sie bei 6,5 Prozent, Mitte 2003 nur noch bei einem Prozent. Bis Ende Juni 2006 stieg der US-Leitzins wieder auf 5,25 Prozent. Danach senkte ihn die Fed wegen der Finanzkrise bis Ende 2008 auf eine Spanne zwischen 0 und 0,25 Prozent. Dort stand er bis gestern noch. Zusätzlich kaufte sie zwischen 2009 und 2014 für Billionen Dollar US-Staatsanleihen. Mit diesem Quantitative Easing (QE) sollte die Finanzkrise bekämpft und die Wirtschaft in Fahrt gebracht werden.