Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen ist in Peking nicht sehr beliebt. Foto: AP/Chiang Ying-ying

Reisen nach Taiwan sind für Politiker ein Problem. Die USA gehen damit offensiver um als die meisten Europäer. Trotzdem ist der Besuch des Gesundheitsministers etwas besonderes.

Stuttgart - Reisen gehört praktisch zur Berufsbeschreibung von Politikern, erst Recht, wenn diese ministerielle Weihen empfangen haben. Das ist in Europa so und in Asien, und natürlich auch in den USA. Es gilt dann viele Hände zu schütteln, mit den Amtskollegen zu plauschen, es gibt vielleicht ein kleines Besichtigungsprogramm und sicher viele kleine Mineralwasserfläschchen in klimatisierten Konferenzräumen. Berufsalltag eben, zumindest vor Corona.

Deutsche Reisen ohne dies groß kund zu tun

Ganz und gar nicht alltäglich ist es jedoch, wenn das Reiseziel Taiwan heißt. Die Insel von der Größe Baden-Württembergs agiert in vielen Bereichen wie ein eigener Staat, wählt Präsidenten und Parlament, hat eigenes Geld und eigene Pässe für ihre Bürger. Doch weil China die Insel und ihre rund 22 Millionen Einwohner als Teil von sich betrachtet, wenn auch als einen abtrünnigen, ist das mit offiziellen Besuchen so eine Sache. Als vor einem Jahr der Ludwigsburger CDU-Abgeordnete Stefan Bilger, der auch Staatssekretär im Verkehrsministerium ist, die Insel besuchte, da lief das praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab und wurde nicht kommuniziert. Nun ist Alex Azar nach Taiwan gereist. Der ist US-amerikanischer Gesundheitsminister und damit, ohne dem deutschen Staatssekretär zu nahe zu treten, noch einmal eine andere Nummer. Und obwohl die USA einen deutlich konzilianteren Umgang mit Taiwan pflegen als Europa ist das kein alltäglicher Besuch: es ist seit 1979 der höchstrangige US-Vertreter , der die Insel besucht.

Ein neues Gesetz öffnet die Türen

Möglich macht das ein Gesetz, welches US-Präsident Donald Trump im März unterzeichnet hat. Der „Taiwan travel act“ gestattet Besuche zwischen Vertretern der beiden Länder „auf allen Ebenen“. Das schließt die aktive Regierungsebene ein, obwohl die USA und Taiwan offiziell keine diplomatischen Beziehungen miteinander haben. Die hat Washington mit Peking, und natürlich reagierte die dortige Regierung verstimmt. Die USA sollten den Besuch stoppen, „um die Beziehungen nicht ernsthaft zu schädigen“, so Pekings Außenamtssprecher. Unklar ist, ob dieser Satz im Umkehrschluss bedeutet, dass diese Beziehungen noch nicht völlig am Ende sind.