In Augsburg wurden vier Männer wegen Menschenhandels und Beihilfe zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Spur eines 18-jährigen Opfers führt zu einem Bordell in Echterdingen.

In Augsburg wurden am Freitag vier Männer wegen Menschenhandels und Beihilfe zu langen Haftstrafen verurteilt. Die Spur eines 18-jährigen Opfers führt zu einem Bordell in Echterdingen. Dort weist man jeden Verdacht von sich und spricht von einem "Einzelfall".

Im Juni 2008 fährt Ulrich K. von Augsburg Richtung Stuttgart. Sein Ziel: der FKK-Club Paradise in Echterdingen. Dort setzt er Jessica E. ab. Die junge Frau ist 18. Sie soll sich verkaufen, zum ersten Mal.

Nun, ein Jahr später, bringt der Fall Jessica E. das Paradise und seinen Chef Jürgen Rudloff in Erklärungsnot. Zwar betont das Management, dass es seit der Firmengründung im Februar 2008 "keine einzige Straftat im Club gegeben" hat. Auch bei den Ordnungs- und Finanzbehörden gibt es keine Klagen. Das Großbordell mit selbstständigen Prostituierten gilt als modern und vorbildhaft. Doch im Fall von Jessica E. hat das Modell erstmals kläglich versagt.

Als K. im Juni 2008 nach Stuttgart fährt, erweist er einem Bekannten einen Gefallen. Gunter H., der im Augsburger Rotlicht als "Highlander" bekannt ist, hat schon bessere Tage erlebt. Mit Jessica E. soll es wieder finanziell aufwärtsgehen. Der Highlander nennt sie "Teeniele". Wenige Tage nach dem 18.Geburtstag soll sie für den 25 Jahre älteren Mann erstmals anschaffen. Aber in seiner Heimatstadt will H. nichts riskieren; im nahen München ist er 2005 nur knapp am Gefängnis vorbeigeschrammt. Da trifft es sich, dass K. einen Draht zu Jürgen Rudloff hat, dem Investor des Paradise.

In fünf mehrtägigen Einsätzen wird sich die 18-Jährige für den Highlander in dem Großraumbordell in Echterdingen verkaufen. In zwei, drei guten Tagen verdient sie 1500 Euro - wovon H. 1100 Euro einstreicht. Als die Sozialhilfeempfängerin das Geld selbst auf den Kopf haut, gibt es Ärger.

Dieser Streit und vieles mehr ist fein säuberlich dokumentiert. Angeblich hatte man sich in der Augsburger Szene über den Highlander und sein damals minderjähriges Investment mokiert und der Polizei einen Tipp gegeben. Seitdem wurden H. samt Umfeld intensiv observiert. Am 15. Juli 2008 hat die Polizei genug Beweismaterial zusammen. Die Verdächtigen werden verhaftet.

Nach drei Monaten Verhandlung vor dem Augsburger Landgericht hat der Vorsitzende Richter Karl-Heinz Haeusler die Urteile verkündet: Gunther H. muss wegen schweren Menschenhandels, Zuhälterei und - in einem zweiten Fall - wegen schwerer Körperverletzung für sechseinhalb Jahre ins Gefängnis. Ulrich K. erhält wegen Beihilfe zum Menschenhandel eineinhalb Jahre Haft; zwei weitere Angeklagte 30 beziehungsweise 15 Monate.

Gunther H. hat die 18-Jährige nicht mit roher Gewalt gezwungen. Er macht der jungen Frau schöne Augen, gewinnt ihre Liebe, nutzt ihre emotionale Abhängigkeit aus und manipuliert sie mit Kalkül. Das ist, falls es bei unter 21-Jährigen in die Prostitution mündet, "Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung" und strafbar. "Das ist schäbig", ergänzt Richter Haeusler.

In der Urteilsbegründung hebt der Richter auch auf die Stuttgarter Komponente ab: "Herr Rudloff wusste genau, dass da eine 18-Jährige kommt", sagt Haeusler. "Es liegt uns fern, der Stuttgarter Justiz Hinweise zu geben. Man könnte aber durchaus daran denken zu prüfen, ob das Verhalten von Herrn Rudloff beanstandungsfrei oder womöglich strafwürdig ist."

Rudloff, der bisher nur als Zeuge im Augsburger Verfahren gehört wurde, weist alle Mitverantwortung von sich. "Wir arbeiten legal, mit Zuhältern gibt es keinen Kontakt", beteuert er. Und Ulrich K., der sich vor Gericht als Geschäftsmann im Sportmarketing vorgestellt hat? "Der Mann hat uns keine einzige Frau vermittelt", sagt Rudloff.