Wer sich im Ruhestand nicht über seine Riester-Rente ärgern will, sollte sich seinen Vertrag rechtzeitig genau anschauen Foto: imago/Christian Ohde

Versicherer dürfen die Rente nicht kürzen, hat das Landgericht Köln entschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Aber der Tenor ist eindeutig und eine Klausel in vielen Riester-Verträgen damit wohl nichtig. Zehntausende Sparer könnten betroffen sein.

Es ist ein Urteil, das viele Riester-Sparer hoffen lässt und Versicherer wohl ins Grübeln bringt. „Wir schätzen, dass in jedem Fall Zehntausende Verträge betroffen sind“, sagt Britta Langenberg. Sie ist Vorsorgeexpertin der Bürgerbewegung Finanzwende. Diese hat vor Jahresfrist einen Kölner bei der Einreichung einer Klage gegen den Lebensversicherer Zurich Deutsche Herold unterstützt, weil dessen Fall Grundsatzcharakter beigemessen wurde. Zurich hatte 2017 dem damals 43-jährigen Vorsorgesparer mitgeteilt, dass die ihm ab 2039 zugesagte Riester-Rente nun doch nicht rund 485 Euro monatlich beträgt, sondern lediglich 360 Euro, schildert Langenberg den Fall. Begründet wurde das mit der damaligen Niedrigzinsphase. Nach langem Hin und Her kam es dann im Jahr 2022 zur Klage.

Das Urteil mit dem Aktenzeichen AZ: 26 O 12/22 ist bislang vom Landgericht Köln noch nicht veröffentlicht worden, liegt den Streitparteien aber schon vor. „Die Klausel ist nichtig, das ist ein ganz klarer Erfolg für Verbraucher“, sagt Langenberg. Die Riester-Rente dürfe von Zurich nicht einseitig gekürzt werden, nur weil die Finanzmärkte schlecht laufen.

„Das Urteil hat uns überrascht“, erklärt ein Zurich-Sprecher. Man analysiere diesen ersten Spruch in einer sehr komplexen juristischen Frage und werde dann weiter entscheiden. Revision ist bis in den März hinein möglich.

Dem Landgericht Köln hat offenbar die Einseitigkeit einer Klausel im Riester-Vertrag des Klägers missfallen. Darin räumt Zurich sich das Recht ein, einen im Vertrag fixierten Rentenfaktor im Extremfall bis einen Tag vor Rentenbeginn nachträglich zu kürzen, falls es dafür ein „wirtschaftliches Erfordernis“ wie anhaltend niedrige Zinsen gibt. Dieser Faktor ist eine Art Multiplikator, der für die Berechnung der späteren Rente ausschlaggebend ist. Im Kölner Fall hatte die Kürzung die monatliche Riester-Rente um rund 120 Euro vermindert. Für den Fall, dass es am Kapitalmarkt besser läuft, als bei Vertragsabschluss erwartet, bietet Zurich allerdings keine Aufstockung der Monatsrente an. Vor allem deshalb hat das Gericht die ganze Klausel kassiert.

Zurich ist in Deutschland die Nummer sechs der Branche

Das sei auch nicht dadurch zu ändern, dass in bestehenden Verträgen nun die Möglichkeit einer solchen Aufstockung eingeräumt wird, sagt Knut Pilz. Er ist Anwalt des Klägers aus Köln und Experte für Versicherungsrecht. Deshalb habe das Urteil auch Signalwirkung über den Einzelfall hinaus. Es betreffe Riester-Sparer mit fondsgebundenen Anlagen, wie im Fall seines Mandanten. Diese habe in Deutschland vor allem der Marktführer Allianz verkauft und ebenfalls schon teils in einzelnen Verträgen mehrmals vom vermeintlichen Recht auf Rentenkürzung Gebrauch gemacht. Zurich ist in Deutschland die Nummer sechs der Branche.

Das Kölner Urteil ist das erste in der so komplexen wie bedeutenden Materie. Fondsgebundene Riester-Verträge haben sich zuletzt immer größerer Beliebtheit erfreut. Für die Tragweite des Urteils kommt es aber auf die jeweilige Klausel an. Zumindest in einigen Zehntausend Verträgen dürfte sie ähnlich wie im Fall Zurich enthalten sein – was bereits schon zu Rentenkürzungen geführt hat oder aber sie im Raum stehen lässt.

Expertin: Vorsorgegedanke wird torpediert

Wenn wie im beklagten Fall ein Viertel der ursprünglich vereinbarten Rente gekürzt werden kann, torpediere das den Vorsorgegedanken, kritisiert Langenberg. Es gebe dann keine Planbarkeit der Vorsorge mehr. Vielen Betroffenen seien die Kürzungen möglicherweise noch gar nicht richtig bewusst geworden, weil es noch in der Einzahlungsphase stehende Verträge betrifft, die erst ab 2035 nach und nach fällig werden. „Gerade bei staatlich geförderten Verträgen wie Riester sollte es ein Fair Play geben, die Spielregeln müssen verständlich sein“, fordert die Verbraucherschützerin. Eine einseitig zulasten des Verbrauchers gehende Klausel im Kleingedruckten zu verstecken, sei unzulässig, wie das Gericht nun bestätigt habe.