Die mit Spannung erwartete Urteilsbegründung aus Leipzig zum Thema Diesel-Fahrverbote ist da - und nun? Die Landesregierung will die 30 Seiten erst einmal ausführlich analysieren. Das kann dauern.

Stuttgart - Kommen Fahrverbote für ältere Diesel-Autos in Stuttgart und wie sehen sie konkret aus? Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat zu dem Thema zwar ein Urteil gesprochen. Mittlerweile liegt auch die schriftliche Urteilsbegründung vor. Doch das Thema ist ausgesprochen heikel für die grün-schwarze Landesregierung - sie will erst einmal ausführlich analysieren und sich intern beraten.

Worum geht es?

Auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe hin entschied das Bundesverwaltungsgericht im Leipzig im Februar, dass Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge zur Luftreinhaltung nach geltendem Recht grundsätzlich zulässig sind, wenn sie verhältnismäßig sind. Das Urteil sieht zudem Übergangsfristen und eine phasenweise Einführung von Fahrverboten vor. In einer ersten Stufe sollen nur ältere Fahrzeuge betroffen sein - bis zur Abgasnorm Euro 4. In Stuttgart seien Fahrverbote für jüngere Euro-5-Fahrzeuge nicht vor dem 1. September 2019 möglich. Die schriftliche Urteilsbegründung gibt es jetzt auch. Die Deutsche Umwelthilfe fordert, Diesel-Fahrverbote sofort in die Luftreinhaltepläne der betroffenen Städte aufzunehmen und umzusetzen.

Warum ist die schriftliche Urteilsbegründung so wichtig?

Bei der Umsetzung des Urteils kann jedes Detail, jedes Wort wichtig sein - und möglicherweise auch das, was zwischen den Zeilen steht. Was heißt zum Beispiel genau verhältnismäßig? Wie ist das mit dem Datum 1. September 2019 zu verstehen - heißt dies, dass es ab dann Fahrverbote im Stuttgarter Fall geben muss oder kann? Gibt es Spielraum, um in Stuttgart noch ganz um Fahrverbote herumzukommen?

Wie steht die Landesregierung zu Fahrverboten?

Das Thema ist in der grün-schwarzen Koalition heikel. Ein Regierungssprecher sagt, man wolle das Urteil respektieren, aber auch alles tun, um Fahrverbote zu vermeiden. Jedoch gehen die Meinungen in der Koalition auseinander. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hat mal angekündigt, erste Fahrverbote könne es schon Ende 2018 geben. Zuletzt plädierte er dafür, nicht zwischen Diesel der Normen 4 und 5 zu unterscheiden. Wenn es Verbote geben müsse, dann generell nicht vor dem 1. September 2019. Viele CDU-Politiker halten Verbote in der Autostadt Stuttgart, in der Unternehmen wie Daimler und Porsche angesiedelt sind, für undenkbar. Da das Thema das Zeug zu einem Koalitionskonflikt hat, gab die Regierungsspitze die Devise aus, sich mit öffentlichen Festlegungen erst einmal zurückzuhalten.

Wie ist der weitere Ablauf?

Zunächst wollen sich die Koalitionspartner Zeit zur genauen Lektüre der Urteilsbegründung nehmen. Das kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Sollte man zu dem Ergebnis kommen, dass der Luftreinhalteplan für Stuttgart überarbeitet werden muss, müssen die Eckpunkte durchs Kabinett. Ursprünglich hieß es, das solle noch vor der Sommerpause passieren. Auch der Stuttgarter Gemeinderat muss zustimmen. Der neue Luftreinhalteplan möglicherweise mit Fahrverboten muss öffentlich ausgelegt werden, bevor er in Kraft tritt. Dann können sich Bürger dazu äußern. Die Stadt Stuttgart ging bislang davon aus, dass der neue Plan im Oktober 2018 fertig sein soll - möglicherweise ist das Datum aber nicht zu halten. Klar ist bereits: Sollte es Fahrverbote in Stuttgart geben, sind auch zahlreiche Ausnahmen davon vorgesehen.