Im Kernkraftwerk Krümmel kontrollieren Mitarbeiter das Brennelemente-Lagerbecken. Die bis 2016 gezahlten Steuern auf das strahlende Material sollen die Energiekonzerne nun zurück erhalten. Foto: dpa

Der Karlsruher Richterspruch zur Brennelementesteuer ist eine teure Schlappe für den Staat – und die deutschen Steuerzahler, meint Wirtschaftsredakteur Alexander Del Regno.

Karlsruhe - Die Energieriesen erwartet nach dem Karlsruher Richterspruch einen warmen Geldregen, der in ihrer momentan angespannten finanziellen Lage überaus willkommen sein dürfte. Insgesamt rund sechs Milliarden Euro sollen aus der Staatskasse zurück an die drei Konzerne fließen. Dass EnBW, Eon und RWE vor dem endgültigen Atomausstiegs im Jahr 2022 versuchen, soviel Kosten wie möglich zu sparen beziehungsweise noch so viel Profit wie möglich zu machen, ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar; ebenso wie die Klage gegen die 2011 eingeführte Brennelementesteuer.

Teure Schlappe für den Staat und die damalige wie heutige Regierungschefin Merkel

Gerecht ist die Entscheidung deshalb aber noch lange nicht. Sie ist vielmehr eine teure Schlappe für den Staat und die damalige wie heutige Regierungschefin Angela Merkel. Vor allem aber ist der Richterspruch eine Ohrfeige für die deutschen Steuerzahler. Denn sie sind es, die jetzt und in Zukunft die finanzielle Hauptlast und das Hauptrisiko der Hochrisikotechnologie tragen müssen.

Noch immer ist die Frage nach der Endlagerung der strahlenden Abfälle aus den Kraftwerken nicht geklärt. Klar ist hingegen: Die Summe von rund 23 Milliarden Euro, die alle vier Energiekonzerne in einen Fonds einzahlen müssen, reicht dafür vorne und hinten nicht. Allein die Untersuchung des Salzstocks in Gorleben hat mehrere Milliarden Euro in den vergangenen Jahren verschlungen – ohne große Erkenntnisse ans Licht zu bringen. Auch der Rückbau der Kernkraftwerke kostet Milliarden – wem die am Ende aufgebürdet werden, ist noch nicht ausgemacht. Es gilt jedoch als sehr wahrscheinlich, dass es wieder einmal auf die Allgemeinheit hinausläuft. Währenddessen verdienen die Konzerne weiter gutes Geld mit den längst abgeschriebenen Meilern: Bis zu einer Million Euro soll ein Meiler bis vor Kurzem eingebracht haben – täglich.

Reaktorunfall in der Mitte Europas kann zum Kollaps ganzer Volkswirtschaften führen

Dagegen könnte ein Reaktorunfall in der Mitte Europas zum Kollaps ganzer Volkswirtschaften führen – die menschlichen Schicksale lassen sich bekanntlich nicht finanziell beziffern. Abfangen können das weder Konzernvermögen, Rückstellungen noch Fonds. Die Katastrophe schultern müssten der Staat und seine Bürger. Angesichts dessen mutet das jetzige Urteil des Bundesverfassungsgerichts – auch wenn es formaljuristisch korrekt sein mag – paradox an. Zumal der Europäische Gerichtshof in dieser Frage andere Schlüsse gezogen und die Abgabe als rechtens bezeichnet hat – auch ganz im Sinne der Steuerzahler.