Auf einer Nebenstrecke im sonst so idyllischen Schwäbischen Wald zwischen Alfdorf und Kaisersbach ist es zu einem tragischen Unfall gekommen Foto: Gottfried Stoppel

Das Landgericht verurteilt einen 20-Jährigen zu drei Jahren Haft. Er hatte im Schwäbischen Wald einen auf der Straße liegenden betrunkenen Fußgänger überfahren und war geflüchtet, ohne sich um den Schwerverletzten zu kümmern.

Stuttgart/Kaisersbach - Der Vorsitzenden Richterin der zweiten Jugendstrafkammer am Stuttgarter Landgericht, Sina Rieberg, ist der Fall offenkundig nahe gegangen. Bei der Urteilsverkündung hebt sie die besondere Tragik hervor, betont aber auch, dass wegen der Schwere der Schuld eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung nicht möglich gewesen sei.

Der 20-jährige Angeklagte, der bisher ein völlig unauffälliges Leben geführt hatte, wird zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Grund ist eine fatale Trunkenheitsfahrt nach dem Besuch eines Festes im Schwäbischen Wald. Diese endete für einen 22-jährigen Fußgänger mit dem Tod. Das Gericht wertete als versuchten Mord, dass der 20-Jährige, nachdem er den betrunken auf der Straße liegenden 22-Jährigen mit dem Auto überfahren hatte, geflüchtet war, ohne sich um den Schwerverletzten zu kümmern. Dass dieser auch durch einen rasch herbeigerufenen Notarzt nicht mehr hätte gerettet werden können, habe der Angeklagte nicht gewusst und deshalb seinen Tod billigend in Kauf genommen.

Vernünftige Planung über den Haufen geworfen

Beide jungen Männer hatten am 8. Juli vergangenen Jahres das offenkundig äußerst beliebte Sandlandfest in Alfdorf-Hellershof besucht. Wie viele der insgesamt rund 1200 Gäste der dortigen Beachparty müssen sie reichlich Alkohol getrunken haben. Zum Zeitpunkt des Unfalls lag der Pegel bei beiden über der Zwei-Promille-Marke. Besonders tragisch sei gewesen, so die Vorsitzende Richterin, dass beide ihre ursprünglich vernünftige Planung spät in der Nacht über den Haufen geworfen hätten. Beide hatten sich eigentlich vorsorglich um eine Unterkunft in der Nähe gekümmert. Der 20-Jährige hatte das Auto seiner Mutter bei einem Freund abgestellt und war die etwa 15-minütige Fußwegstrecke mit diesem zum Fest gelaufen. Warum er sich gegen 3 Uhr in der Frühe von drei Freunden überreden ließ, das Auto zu holen und doch noch nach Welzheim zu fahren, konnte das Gericht nicht im Detail klären. Vom Beginn des Festes an kann sich der 20-Jährige nur noch lückenhaft an die Geschehnisse erinnern. Letztlich aber fuhr er mit den Kumpels statt auf dem direkten Weg über eine Nebenstrecke gen Heimat – wohl, um möglichen Polizeikontrollen zu entgehen. Kurz hinter einer Kurve bei Kaisersbach-Schillinghof kam es zu dem folgenreichen Unfall. Der 22-Jährige, der sich, ebenfalls entgegen seiner ursprünglichen Pläne, zu Fuß nach Hause aufgemacht und dann völlig betrunken auf die Straße gelegt hatte, wurde von dem Auto überrollt und mehrere Meter mitgeschleift.

Abgrissenes Nummernschild führt zum Fahrer

Der 20-jährige Fahrer machte zwar noch eine Vollbremsung, konnte aber nicht mehr rechtzeitig anhalten. Ein Gutachter bescheinigte, dass er zwar nicht die dort erlaubten 100 Stundenkilometer erreicht hatte, aber für die Sicht- und Straßenverhältnisse dennoch zu schnell unterwegs gewesen sei. Statt sich nach dem Unfall um den Schwerverletzten zu kümmern, fuhr der 20-Jährige weiter und hielt erst etwa 200 Meter weiter kurz an. Er ließ sich von seinen Mitfahrern aber überreden, endgültig das Weite zu suchen. Die Polizei kam ihm mehr als eine Stunde später auf die Spur. Am Unfallort fanden die Ordnungshüter ein abgerissenes Nummernschild.

„Sie haben erkannt, dass Sie einen Menschen überfahren haben und müssen sich bewusst gewesen sein, dass er sterben könnte“, sagte die Vorsitzende Richterin. „Sie haben seinen möglichen Tod in Kauf genommen, um nicht mit dem Unfall in Verbindung gebracht zu werden.“ Auch wenn dem Gericht bewusst sei, dass man es nicht mit einem Kriminellen zu tun habe, halte man eine Haftstrafe wegen der Schwere der Schuld, aber auch aus erzieherischen Gründen, für geboten.