Der Angeklagte, der im Straßenverkehr mit einer Schreckschusswaffe herumgefuchtelt hat, ist mit einer milden Jugendstrafe davon gekommen.Foto: Pascal Thiel Foto:  

Ein 19-Jähriger wird zu Sozialstunden verurteilt, weil er einem anderen Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr mit einer Schreckschusspistole gedroht hat. Durch diesen hatte er sich offenbar provoziert gefühlt.

Esslingen - Mitunter geht es äußerst aggressiv zu auf Deutschlands Straßen. Vor Gericht landen die zumeist mit dem ausgestreckten Mittelfinger oder einem vehementen Tippen an die Stirn ausgetragenen Konflikte eher selten. Es sei denn, es ist eine Waffe im Spiel, wie das bei einem durch ein Überholmanöver ausgelösten Zwist im August des vergangenen Jahres auf der B 313 bei Plochingen der Fall war. Da fuchtelte ein heute 19-jähriger Fahrer vehement mit einer geladenen Schreckschusspistole in Richtung jenes Autofahrers, von dem er sich provoziert fühlte. Die beiden sahen sich jetzt vor dem Amtsgericht in Esslingen wieder.

Recht kleinlaut sitzt der 19-Jährige auf der Anklagebank. Denn er weiß nur zu gut, dass er am frühen Abend des 11. August des vergangenen Jahres eine Riesendummheit begangen hat. Sie hat ihn wegen des „vorsätzlichen unerlaubten Führens einer Schusswaffe“, wie es im reinsten Amtsdeutsch heißt, vor Gericht gebracht. Sein Verteidiger gibt für ihn die Erklärung ab, es sei „jugendlicher Leichtsinn“ gewesen, der ihn damals zu der Tat hingerissen habe. Begonnen hatte es auf einer Landstraße in der Nähe von Wernau. Er habe sich über einen Autofahrer geärgert, der – während er ihn überholen wollte – Gas gegeben und ihn damit gezwungen habe, wieder hinter ihm einzuscheren.

Die Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht

Daraufhin setzte er sich wenig später auf der vierspurigen B 313 bei Plochingen neben ihn und gab dem Kontrahenten mit einer von Seitenscheibe zu Seitenscheibe gezeigten Schreckschusspistole der Marke Heckler & Koch zu verstehen, wer im Zweifel der Stärkere wäre. Dabei hatte er seinem Verteidiger zufolge die Waffe nur angeschafft, um an Silvester Feuerwerksraketen abzufeuern. An diesem Tag habe er sie lediglich zur Reparatur nach Esslingen bringen wollen.

Die nun angeklagte Zweckentfremdung der Pistole verfehlte ihre Wirkung nicht. Denn der heute 44-Jährige bremste seinen Wagen abrupt von 80 auf 30 Stundenkilometer ab, „um aus der Schusslinie zu kommen“, wie er vor Gericht aussagte. Ob der junge Mann die Mündung direkt auf ihn gerichtet habe, könne er nicht mehr mit Sicherheit sagen, aber als einen „Bedrohungszustand“ habe er die Situation allemal empfunden. Das kann der Vorsitzende Richter Nico Niese gut verstehen. Schließlich sehe die Waffe „total echt aus, richtig martialisch“, bekundet er beim Anblick der Fotos in der Akte.

Der Bedrohte rief sofort die Polizei, die den 19-Jährigen schließlich in Esslingen stoppte, ihm befahl die Hände aufs Steuer zu legen und den Aufbewahrungsort der Waffe preiszugeben. Die Anmerkung des Verteidigers, es habe keine Belehrung seitens der Beamten stattgefunden, konterte der Richter. „Was glauben Sie, wie diese Kontrolle in den USA abgelaufen wäre? Die schießen im Zweifel erst und fragen dann.“

Zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt

Ebenso wie die Staatsanwältin, der Verteidiger und eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe ist auch Nico Niese der Ansicht, das unüberlegte Handeln des damals 18-Jährigen sei seinem jugendlichen Alter geschuldet gewesen. Er verurteilt den Studenten zu 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Und er macht dem 19-Jährigen deutlich, damals „in mehrfacher Hinsicht Glück gehabt“ zu haben: Dass er, der bedrohte Autofahrer und andere Verkehrsteilnehmer nicht zu Schaden gekommen seien, „nur weil Sie gemeint haben, sie müssten den Gangster raushängen“.