Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (links), hat sich hinter die Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für das Amt der EU-Kommissionschefin gestellt. Foto: dpa/Jean-Francois Badias

Die Nominierung von Ursula von der Leyen für den Vorsitz der EU-Kommission treibt einen Keil in die Koalition. Aber Sigmar Gabriel irrt, wenn er den fehlenden Kabinettsbeschlusses rügt.

Berlin - Es ist schon ein sehr ungewöhnlicher Vorgang gewesen, der sich am Dienstag im Brüsseler EU-Ratsgebäude abgespielt hat: Ausgerechnet die deutsche Bundeskanzlerin enthielt sich in der Abstimmung darüber, ob erstmals seit mehr als 50 Jahren jemand aus Deutschland für den Chefposten der Europäischen Kommission nominiert werden sollte – während die übrigen 27 Staats- und Regierungschefs einhellig für die Kandidatin aus der Bundesrepublik votierten. Angela Merkel musste ihrer langjährigen Wegbegleiterin und CDU-Parteifreundin Ursula von der Leyen die Zustimmung verweigern und neutral bleiben – so sieht es die Geschäftsordnung der Bundesregierung für den Fall vor, dass sie sich intern nicht auf eine gemeinsame Position verständigen kann. Das lag an den Sozialdemokraten, deren Vizekanzler Olaf Scholz am Dienstagmorgen von Merkel über den von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Ungarns Premier Viktor Orbán aufgebrachten Personalvorschlag informiert worden war. Am Abend schließlich teilten die kommissarischen SPD-Chefs Malu Dreyer, Thorsten Schäfer-Gümbel und Manuela Schwesig schließlich mit, dass sie Merkel zur Enthaltung gezwungen hatten, weil die Personalie von der Leyen für sie vor allem für die Abkehr vom Prinzip der Spitzenkandidaten stehe und nicht für einen deutschen Machtzuwachs in Brüssel. „Die SPD hat vor der Europawahl betont, dass Entscheidungen nicht durch die nationale Brille beurteilt werden dürfen, sondern die Europäische Union demokratischer werden muss“, hieß es in der Erklärung: „Wir brauchen einen politischen Wettbewerb zwischen den Parteien in Europa, nicht zwischen den Mitgliedsländern.“