Ein Musterschild ist im Friedwald im Biosphärenreservat bei Dessau-Roßlau an einem Baum befestigt Foto: dpa

Die eine Seite macht gute Geschäfte mit Urnen- und Friedwälder, die andere hat Bedenken, weil sie glaubt, dass mit den Urnen und der Asche der Verstorbenen giftige Stoffe in den Boden der Wälder gelangen. Wer bekommt Recht?

Frankfurt - Es mutet an wie ein bizarrer Streit, schließlich geht es um Verstorbene, um Urnenwälder und Friedhöfe. Aber es geht wohl auch um wirtschaftliche Interessen. Die eine Seite macht gute Geschäfte mit Urnen- und Friedwälder, die andere hat Bedenken, weil sie glaubt, dass mit den Urnen und der Asche der Verstorbenen giftige Stoffe in den Boden der Wälder gelangen. Am Donnerstag standen sich die Parteien vor dem Frankfurter Landgericht gegenüber.

Das bundesweit tätige Franchise-Unternehmen Ruhe Forst GmbH hat gegen einen Landschaftsplaner und Natur-Sachverständigen geklagt. Dieser soll es unterlassen, weiter zu behaupten, dass der Boden durch die Urnen verseucht wird und Bäume geschädigt werden. Ein Urteil gab es nicht, das Gericht will am 18. September entscheiden.

Es sind nicht nur die Prozess-Beteiligten, die sehr genau auf das Verfahren schauen. Nach Angaben von Experten machen sich auch Friedhofsgärtnereien und -Verwaltungen sowie Steinmetze Sorgen. Sollte der Naturschutz-Sachverständigen Recht bekommen, müssen sie mit Einbußen rechnen, weil offenbar immer mehr Bundesbürger ihre Angehörigen in der Natur und damit in Urnen- oder Friedwäldern bestatten lassen wollen. Genehmigungen für neue Friedwälder wären dann vermutlich schwieriger zu bekommen.

Deshalb sehen Unternehmen wie Ruhe Forst ihre Geschäfte gefährdet, sollte die Klage gegen den Experten, der sich auch mit Friedhofsplanung und -entwicklung befasst, abgewiesen werden. Dem Vernehmen nach finden bereits fünf Prozent aller Verstorbenen ihre letzte Ruhestätte unter einem Baum in der freien Natur. 2013 soll es einer aktuellen Studie zufolge rund 45 000 Bestattungen in den etwa 400 Urnen- und Friedwäldern in Deutschland gegeben haben.

Für den Landschaftsplaner sind mit den Baumbestattungsorten massive Eingriffe in das Ökosystem Wald verbunden. Er glaubt, dass die Asche der Toten toxische Stoffe wie Schwermetalle enthält, die über die Urnen in den Boden gelangen. Tatsächlich gibt es Studien, die nachweisen, das die Asche zum Teil Mangan, Zink, Chrom oder Nickel enthalten. Allerdings ist umstritten, ob die Konzentrationen ausreichen, um wirklich Schaden anzurichten. Fakt aber ist, dass Ruhewälder zum Teil nur genehmigt wurden, wenn die Urnen aus dicht verschlossenem Edelstahl bestehen und nur maximal einen halben Meter tief vergraben werden.

Unternehmen wie Ruhe Forst oder FriedWald versichern, dass sie ein „ökologisch anerkanntes Naturbestattungskonzept gewährleisten“, wie es bei Fried Wald heißt. Die Asche werde in biologisch abbaubaren Urnen an der Wurzel eines Baumes beigesetzt. Fried Wald verweist auch darauf, dass Greenpeace das Konzept 2006 als umweltfreundliche Variante einer Beisetzung bezeichnet habe. Auch bei Ruhe Forst betont man, dass nicht jeder Wald zu einem Ruhewald werden könne.

Die Geschäfte mit den Bestattungswäldern scheinen sich zu lohnen. Fried Wald etwa setzte 2012 mit 45 Friedwäldern rund 7,5 Millionen Euro und erzielte einen Jahresüberschuss von 1,6 Millionen Euro erwirtschaften – zehn Prozent mehr als 2012.