Dicht an dicht unterm Sonnenschirm am Strand bei Rimini: So wird es 2020 sicher nicht aussehen. Foto: Mauritius //Federico Rostagno

In Italien blühen die Ideen, wie die Strandsaison 2020 gerettet werden könnte. In Rimini erregte eine Firma mit der Idee transparenter Plastikbarrieren Aufsehen. Und das ist nicht alles.

Rimini - Eigentlich hätten die „stabilimenti balneari“, die Bezahlstrände, an Ostern in Italien ihre Tore öffnen sollen. Doch wegen der Corona-Epidemie und der strikten Kontaktsperre sind die Strände Italiens menschenleer geblieben. Nach wie vor hat die Regierung von Giuseppe Conte keinen Hinweis darauf gegeben, ob, wann und unter welchen Voraussetzungen die Badeanstalten in diesem Jahr ihren Betrieb werden aufnehmen können. Das ist ein großes Problem, denn die Badesaison ist den Italienern heilig: „Das Meer war schon immer unsere Rettung, unsere Erlösung“, betont Sergio Palazzo, Betreiber des Lido „Il Selvaggio“ in Sperlonga, etwa 100 Kilometer südlich von Rom.

Um eine möglichst rasche Öffnung der Strände und Strandbäder zu ermöglichen, wurden in diesen Tagen von privaten Unternehmern schon die absurdesten Lösungen ersonnen. „Einige Firmen wollen Plexiglas-Boxen um die Sonnenliegen bauen, andere Tunnels zum Strand graben, die wir mit Desinfektionsmittel abspritzen sollen“, erklärte Mauro Vanni vom Verband der Badeanstalten in der Urlaubsstadt Rimini gegenüber der Lokalzeitung. Das seien aber völlig unrealistische Vorschläge. Niemand wolle mit einer Gesichtsmaske und mit Gummihandschuhen am Strand liegen und schon gar nicht in einer Plexiglas-Kabine, die sich unter der Sonne aufheize wie ein Backofen. Eines sei sicher, betonte Vanni: „Solange man sich nicht zu nahe kommen darf, kann man den Strandurlaub vergessen.“

Der Lido-Betreiber setzt auf die desinfizierende Wirkung von Meer und Sonne

Lido-Betreiber Palazzo ist da sehr viel weniger pessimistisch: Die Regierung werde in den nächsten Wochen schon noch zur Vernunft zurückkehren und die Kontaktsperren zumindest an den Stränden lockern. Der Strand sei ja nicht dasselbe wie eine Bar oder ein Restaurant oder eine Disco: „Am Strand ist man unter freiem Himmel, nicht in einem engen Raum.“ Außerdem habe das Meerwasser eine desinfizierende Wirkung. Auch an Land finde das Virus unwirtliche Bedingungen vor: „Der Sand wird von der Sonne auf 40 bis 60 Grad aufgeheizt – ich möchte den Erreger sehen, der sich unter solchen Bedingungen verbreiten kann“, betont Palazzo. Seiner Meinung nach würde es ausreichen, den Abstand zwischen den einzelnen Sonnenschirmen und den Liegen zu vergrößern. Für den Gang an die Lido-Bar könne man ja die Maske aufsetzen.

Aber die Verunsicherung ist groß – sowohl unter den Lido-Betreibern als auch unter den möglichen Gästen. Massimo Casanova, Besitzer des Lido „Papeete“ in Milano Marittima, betont, dass er während der Saison Dutzende von Angestellten beschäftige, denen er nun nicht sagen könne, wann sie beginnen sollen.

Wer nach Italien einreisen will, muss 14 Tage in Quarantäne

Die für Millionen italienischer Familien unentbehrlichen Bezahlstrände sind auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor: Insgesamt gibt es in Italien rund 30 000 dieser Lidos, die in der Hochsaison im Sommer 300 000 Angestellte beschäftigen und einen Umsatz von schätzungsweise 15 Milliarden Euro erwirtschaften. Der genaue Betrag ist nicht bekannt, weil bei Weitem nicht alle Mieten für die Sonnenschirme und die Liegen, die pro Tag schnell einmal 40 Euro betragen, von den Betreibern beim Finanzamt versteuert werden. Rund 1000 Kilometer der insgesamt 3000 Kilometer Sandstrände des Belpaese werden von den kostenpflichtigen Strandbädern belegt. Angesichts dieser Zahlen wird sich die Regierung etwas einfallen lassen müssen.

Auch wenn in diesem Jahr die ausländischen Gäste ausbleiben werden: Wer nach Italien einreisen will, müsste sich erst einmal für 14 Tage in Quarantäne begeben. Das ist wohl zu viel verlangt. Aber zumindest für die Italiener, die ohnehin den größten Anteil der Gäste stellen, will Tourismus-Vizeministerin Lorenza Bonnacorsi eine Lösung finden. „Wir werden diesen Sommer an den Strand gehen, wir arbeiten daran“, verspricht er. Am Mittwoch hat die Regierung bereits eine neue Weisung erlassen, die es den Lido-Betreibern erlaubt, ihre Strandbäder nach dem Winter wieder aufzufrischen und zu desinfizieren. „Das ist ein erster, ermutigender Schritt“, findet Sergio Palazzo. Er hofft, seine Stammgäste bereits im Mai wieder empfangen zu können.