Heute ein Hit: Rolando D’Alesios Noverre-Choreografie „Come neve al sole“ aus dem Jahr 2001, hier getanzt von Polina Semionova und Friedemann Vogel. Foto: Sandra Hastenteufel

Hier haben Stars wie William Forsythe und Jirí Kylián ihre ersten Choreografien der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu Recht werden die Noverre-Abende deshalb mit Spannung erwartet. Ob wieder ein neuer Stern am Choreografenhimmel aufgeht, zeigt sich an diesem Mittwoch und Donnerstag im Schauspielhaus.

Stuttgart - Sie ist so alt wie das Stuttgarter Ballett: 1961 wurde die Veranstaltungsreihe „Junge Choreografen“ von Fritz Höver, dem Gründer der Noverre-Gesellschaft, und John Cranko ins Leben gerufen. In 55 Jahren hat sich der Noverre-Abend als einzigartige Experimentierbühne für den choreografischen Nachwuchs bewährt: Altmeister wie Uwe Scholz und William Forsythe haben hier ihre ersten Schritte gewagt.

Ein Blick in die Vita der zahlreichen Ballettdirektoren, die aus Stuttgart kommen, zeigt, dass ein Beitrag für die Reihe „Junge Choreografen“ oftmals der erste Schritt in eine neue Unabhängigkeit war: Christian Spuck, heute Ballettdirektor in Zürich, machte 1996 mit „Duo/Towards the Night“ bei einem Noverre-Abend als Choreograf auf sich aufmerksam. Bridget Breiner, heute Ballettdirektorin in Gelsenkirchen, gelang 2005 mit dem Pas de deux „In the Kitchen“ ein einprägsames Debüt. Im gleichen Jahr unternahm Eric Gauthier, heute Kopf von Gauthier Dance, mit „Lebenszeit“ unter den Fittichen der Noverre-Gesellschaft erste choreografische Schritte. Auch bei anderen Choreografen wie etwa Ivan Cavallari, der heute das Ballet du Rhin im Elsass leitet, oder dem Hamburger Ballettchef John Neumeier ist das Stichwort „Noverre“ im Lebenslauf zugleich der Beginn einer inspirierenden kreativen Karriere.

13 Uraufführungen stehen auf dem Programm

Und so wird auch der Noverre-Jahrgang 2016 mit Spannung erwartet. 13 Uraufführungen stehen am Mittwoch und Donnerstag im Schauspielhaus auf dem Programm, 13 Mal bietet sich jungen Künstlern die Gelegenheit, ihr Talent als zukünftige Schrittmacher zu erproben. 13 Mal aber auch hat das Publikum die Gelegenheit, eine neue choreografische Handschrift kennenzulernen und ihre Zukunftstauglichkeit zu erkunden.

Weil sie um die Chance wissen, die sich an diesem Abend bietet, machen die Stuttgarter Tänzer regelmäßig bei Kollegen aus anderen Kompanien Werbung für den Noverre-Abend. Als Gäste sind in diesem Jahr mit dabei: Emrecan Tanis vom finnischen Nationalballett, der bereits 2015 das Herren-Duett „Carry Me Shadow“ beisteuerte, sowie Richard Chappell. Der Brite, Chef einer eigenen Kompanie, kommt über den Stuttgarter Solisten Robert Robinson ins Noverre-Spiel.

Stars wie Friedemann Vogel sehen jung aus

Alte Noverre-Hasen sind die Stuttgarter Tänzer Özkan Ayik, Alexander Mc Gowan, David Moore, Roman Novitzky und Robert Robinson. Auch Ballettmeister Rolando D’Alesio will sein Noverre-Glück noch einmal versuchen: 2001 gelang ihm mit „Come neve al sole“ ein echter Hit, der bis heute nicht nur Schüler der Cranko-Schule, sondern auch Stars wie Friedemann Vogel und Polina Semionova ganz jung aussehen lässt.

Aus den Reihen des Stuttgarter Balletts sind in diesem Jahr fünf Noverre-Novizen dabei, darunter erfreulicherweise drei Frauen: Sara Ezzell, Aurora de Mori und Ruiqi Yang geben ihr Debüt als Choreografinnen – ebenso wie ihre männlichen Kollegen Cedric Rupp und Alessandro Navarro Barbeito. Und wie immer hofft das Publikum darauf, neben den vielen kleinen, schönen Schritten auf der Bühne auch einem großen Schritt für die Tanzkunst beiwohnen zu dürfen.