Vorsicht, Straftat: Diesem Elektroroller fehlt das Versicherungskennzeichen. Foto: imago/Westend61/Bartek Szewczyk

Nicht nur Kinder begeistern sich für Kleinstgefährte mit Elektromotor. Doch damit begehen sie Straftaten, wenn auch in den meisten Fällen unwissentlich. Hersteller und Verkäufer verschweigen die Gesetzeslage zu den Minimobilen gern.

Böblingen - Juristisch gesehen hätten die beiden Polizistinnen ebenso gut einen 14-Jährigen in einem Formel-1-Boliden stoppen können. Ihr Streifenwagen steht in der Böblinger Fußgängerzone. Die eine Polizistin hebt einen Elektroroller an, ihre Kollegin fotografiert das Typenschild auf der Unterseite des Trittbretts. Die Fahrerin des Rollers, ein Mädchen, erwartet gewiss ungeahntes Ungemach. Für einen Führerschein ist sie zu jung, und ihr Elektromobil hat keine Straßenzulassung. Damit hat das Mädchen zwei Straftaten begangen, abgesehen von der Ordnungswidrigkeit, sich motorisiert durch eine Fußgängerzone zu bewegen.

Illegale Elektroleichtgefährte gehören in Böblingen zum Alltag. Ungeachtet dessen sagt der Polizeisprecher Peter Widenhorn, sie seien „bei uns noch kein Massenphänomen, in Großstädten sieht es anders aus“. Im Landkreis Böblingen kontrolliert die Polizei Fahrer von Kleinst-E-Mobilen nicht gezielt, sondern nur bei Auffälligkeiten. Nach dem bundespolitischen Bohei um die legalen Elektroroller „müssten sich die Voraussetzungen eigentlich herumgesprochen haben“, erläutert Widenhorn. Offenbar irrt er.

Der Kauf der kultigen Kleingefährte ist nur ein paar Klicks entfernt

Der Kauf eines kultigen Kleingefährts ist im Internet nur ein paar Klicks entfernt. Angebote gibt es in Massen. „Alter schützt vor Torheit nicht“ – so ist eine begeisterte Kundenrezension auf Amazon überschrieben. Der Verfasser, 53 Jahre alt, lobpreist den Spaß, den er mit seinem Monowheel hat, insbesondere dabei, „sich spielend zwischen Fußgängern umherzuschlängeln“. Das Monowheel ist ein Einrad ohne Sitz, gesteuert mittels Gewichtsverlagerung. Das Gefährt ist etwa so groß wie ein ausladender Strohhut und wird bis zu 40 Stundenkilometer schnell. Bei sieben Kilometern pro Stunde endet die Legalität. Im Grunde müsste dies jedem Jugendlichen bewusst sein, erst recht jedem 53-Jährigen. Ein Mofa, fahrbar ab einem Alter von 15 Jahren, darf maximal 25 Stundenkilometer schnell sein. Selbst für diese 50-Kubik-Zweiräder ist eine Führerscheinprüfung zwingend. Selbstredend müssen sie haftpflichtversichert werden.

Die Folgen von Gesetzesverstößen mit Elektrogefährten hat ein 16-Jähriger Leonberger zu spüren bekommen. Die Staatsanwaltschaft schickte ihm zwei Strafanzeigen, weil er damit Zeitungen ausgetragen hatte. Seither fährt er Fahrrad. Die Aalener Polizei mahnte mehrfach öffentlich, dass die Fahrzeuge nur auf Privatgrund bewegt werden dürften. Anlass war ein Elfjähriger auf einem Hoverboard, ein selbstbalancierendes Stehgefährt mit Rädern links und rechts des Fahrers.

Ein Fall wurde sogar bundesweit als Bonmot bekannt

Der Elfjährige ist zu jung, um strafrechtlich verfolgt zu werden, anders als ein 26-Jähriger, den die Polizei auf einem selbst gebauten Dreirad stoppte. Basis war ebenfalls ein Hoverboard. Der Fall wurde bundesweit als Bonmot bekannt, weil der Fahrer seine Konstruktion „uFO“ getauft hatte, für unbekanntes Fahrobjekt. Der Humor des Bastlers dürfte sich eingetrübt haben. Das Fahren ohne Fahrerlaubnis kann genauso mit einer Gefängnisstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden wie das Fahren ohne Straßenzulassung. Allerdings ist die Bandbreite der tatsächlichen Urteile groß. Entscheidend für die Richterspruch ist üblicherweise die Frage, ob der Angeklagte die Tat wissentlich oder ahnungslos begangen hatte.

Die Verkäufer, erst recht die Hersteller der Elektrogefährte, halten Informationen über die Gesetzeslage gern zurück. Beim Otto-Versand ist in der vorletzten Zeile des Angebots für ein Hoverboard der knappe Vermerk zu lesen: „Außerhalb StVZO“. Beim Monowheel auf Amazon fehlt jeder Hinweis auf die Illegalität – wie bei etlichen anderen Angeboten. Immerhin Real vermerkt obenan und unmissverständlich: „Hoverboards besitzen keine Zulassung für den Straßenverkehr.“ Gleiches gilt für alle ihre Artverwandten. Eine Ausnahme sind die zumindest in Großstädten allseits bekannten Segways.

Das Landeskriminalamt hat in einem Merkblatt die Voraussetzungen aufgelistet, unter denen „Elektrokleinstfahrzeuge“ zugelassen und ohne Führerschein bewegt werden können. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 20 Stundenkilometer begrenzt. Sie müssen eine Lenkstange haben, zwei voneinander unabhängige Bremsen, eine Beleuchtung und eine Versicherung: „Sogenannte Hoverboards, E-Skateboards und Citywheels erfüllen die Voraussetzungen nicht“, heißt es da.