Hochrisikospiele sind rar, doch dann wird es meist richtig schwer für die Polizei – und teuer für den Steuerzahler. Foto: AFP

Im Prinzip können Fußball-Vereine an den Zusatzkosten bei Hochrisikospielen beteiligt werden. Der VfB Stuttgart reagiert mit Unverständnis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Innenminister Strobl will weiterhin keine Gebühr erheben. Die SPD übt Kritik daran.

Leipzig - Die Beteiligung des Profi-Fußballs an Polizeikosten bei Risikospielen ist grundsätzlich rechtmäßig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig festgestellt. Der konkrete Rechtsstreit zwischen der Deutschen Fußball Liga (DFL) und der Hansestadt Bremen wurde zwar an das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen zurückverwiesen. Im Wesentlichen hat Bremen hat den Rechtsstreit jedoch gewonnen. Das Bremer Gesetz verstoße nicht gegen Bundesrecht, entschied das Gericht. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer jubelte: „Ich hoffe, dass die DFL erkennt, dass sie dieses Spiel verloren hat.“ Das Leipziger Gericht habe „Rechtsgeschichte geschrieben“.

Der VfB hat „erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken“

In Baden-Württemberg löst das Urteil ein zwiespältiges Echo aus: Der VfB Stuttgart, der in dieser Saison kein Hochrisikospiel zu bestreiten hat, reagierte enttäuscht. „Wir haben weiterhin erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf die Möglichkeit, Polizeikosten im Umfeld von Großveranstaltungen in Rechnung zu stellen“, sagte Finanzvorstand Stefan Heim unserer Zeitung. „Wir sehen darin eine Bedrohung für eine Vielzahl kultureller Veranstaltungen, deren gesellschaftlicher Nutzen damit nicht gewürdigt wird.“

Aus Sicht des VfB sei die Frage nach den Kosten nicht entscheidend. Vielmehr müsse es darum gehen: „Was können Polizei, Vereine und Fußballfans gemeinsam dafür tun, dass es überhaupt keine Hochrisikospiele mehr gibt und dass sich insgesamt die Einsatzzeit der Polizei bei Fußballspielen reduziert.“ Heim verwies auch auf Innenminister Thomas Strobl (CDU) und die von diesem initiierten Stadionallianzen. Durch die enge Kooperation gebe es seit deren Einführung signifikant weniger Polizei-Einsatzstunden beim Fußball in Baden-Württemberg. „Das ist aus unserer Sicht genau der Weg, den wir weitergehen müssen, denn das entlastet unsere Polizisten nachhaltig und spart zugleich Kosten.“

Strobl sagte, er wolle das Urteil im Detail auswerten, bekräftigte aber, er sehe keine Veranlassung, von seinem Kurs abzuweichen. „Uns geht es nicht ums Kassemachen – wir müssen das Problem an der Wurzel packen.“ Damit zog der Minister die Kritik von SPD-Fraktionsvize Sascha Binder auf sich, denn die Genossen sehen sich in ihrer Rechtsauffassung bestätigt. „Die Strategie des Innenministers, weniger Polizisten bei Fußballspielen einzusetzen und darauf zu hoffen, dass nichts passiert, wird den Herausforderungen bei der Reduzierung von Gewalt in den Fußballstadien in keiner Weise gerecht“, sagte Binder. Erste Ergebnisse zeigten, dass sein Plan nicht aufgehe.

FDP: Mitverantwortung der Veranstalter gefragt

„Wenn Kosten von Polizeieinsätzen grundsätzlich übernommen werden müssen, kann es das Aus für diese großen Sportereignisse bedeuten“, sagte FDP-Landeschef Michael Theurer. „Allerdings darf erwartet werden, dass die Veranstalter eine Mitverantwortung übernehmen – gerade dann, wenn wie im Fußball Millionengewinne erwirtschaftet werden.“

Seit 2014 können in Bremen die Zusatzkosten für gewinnorientierte Groß-Veranstaltungen (über 5000 Teilnehmer), die erfahrungsgemäß zu Gewalttätigkeiten führen, dem Veranstalter in Rechnung gestellt werden. Die DFL scheiterte nun mit ihrem Einwand gegen das Gesetz. Die Gebührenregelung sei gerechtfertigt, weil die Polizei eine besondere Leistung erbringe, die sich von der allgemeinen Gefahrenabwehr abgrenzen lasse, sagte der Vorsitzende Richter Wolfgang Bier. Die Gebühr werde auch nur bei Hochrisikospielen verlangt, und die DFL müsse nicht alle Polizeikosten bezahlen, sondern nur die Mehrkosten. Beim fraglichen Spiel Bremen gegen Hamburg waren 969 Beamte im Einsatz statt wie üblich 150.

Der Veranstalter müsse die Gebühr nicht zahlen, weil er die Sonderleistung der Polizei verursacht hat, sondern weil er einen „Sondervorteil“ hat, so Bier. Er erhalte bei Hochrisikospielen eine besonders aufwändige Sicherheitsvorsorge. Sonst bestünde das Risiko, dass Zuschauer nicht zum Stadion kommen. Der Richter räumte ein, dass die Gebühren eine „beträchtliche“ Höhe erreichen können. Sie seien aber in der Bundesliga „nicht unverhältnismäßig“. In der 3. und 4. Liga oder bei sonstigen Sport- und Kultur-Ereignissen könne das Gesetz „einschränkend ausgelegt“ werden.