Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz äußert sich vor dem Untersuchungsausschuss. Foto: dpa/Marijan Murat

Im Untersuchungsausschuss um den Expo-Pavillon in Dubai tritt die Landespolizeipräsidentin als Schlüsselzeugin auf. Eine Fehleinschätzung räumt sie nur indirekt ein.

Stuttgart - Nein, das zentrale Missverständnis klärt Landespolizeipräsidenten Stefanie Hinz an diesem Freitag nicht auf: die Frage, warum sie, damals noch als Abteilungsleiterin im Wirtschaftsministerium, ein Schreiben aufsetzte, das sie nur als Unterstützung verstand, aber als Bewerbung Baden-Württembergs für die Expo in Dubai gesehen werden konnte. Ebenso die Frage, warum nicht früher die Alarmglocken schrillten, als ein Vertrag unterschrieben wurde, in dem „Baden-Württemberg“ als Teilnehmer eingetragen worden war.

Mit fester Stimme trägt die Juristin im fensterlosen Raum vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag ihr Vorgehen in den Jahren 2018 und 2019 um die Bewerbung für die Expo in Dubai vor. An einigen Stellen versagt das Erinnerungsvermögen der 48-Jährigen. Doch nur einmal lässt sie sich etwas aus der Reserve locken – als SPD-Obmann Daniel Born sie darauf hinweist, dass viele Finger auf sie zeigten. „Der Sündenbock ist kein Herdentier“, sagt sie da.

Wie wurde das Land Vertragspartner?

In dem Untersuchungsausschuss geht es um die Frage, warum das Land als Vertragspartner für das Baden-Württemberg-Haus auf der Expo in Dubai geradestehen muss, obwohl das nie so geplant war. Ursprünglich war das Projekt „aus der Wirtschaft für die Wirtschaft“ geplant. Eine Initiative bestehend aus Ingenieurkammer Baden-Württemberg, dem Fraunhofer-IAO und der Messe Freiburg wollte Sponsorengelder einwerben und so den Pavillon stemmen. Eine Beteiligung des Landes an der geplanten Projektgesellschaft wurde zwar diskutiert, aber nicht weiter verfolgt.

Doch schon 2019 zeichnete sich ab, dass die eingeworbenen Sponsorengelder nicht ausreichen würden. Schließlich nickte der Landtag eine Fehlbedarfsfinanzierung von neun Millionen Euro ab. Als die Weltausstellung wegen der Corona-Krise auf 2021 verschoben wurde, wurde das Projekt noch einmal teurer. Jetzt geht es um 15 Millionen Euro. Dennoch hält die Landesregierung an der Teilnahme fest. Denn längst ist das Land auch rechtlich in der Haftung, obwohl das Wirtschaftsministerium stets nur protokollarisch im Boot sein wollte.

Ein fatales Formulierung

Eine entscheidende Rolle spielte dabei ein Schreiben im November 2018, das Stefanie Hinz damals als Abteilungsleitern des Wirtschaftsministeriums im Namen der Initiative verschickt hatte, um das Projekt politisch zu flankieren, wie sie mehrfach betont. Der Sprecher der Gruppierung, der damalige Hauptgeschäftsführer der Ingenieurkammer, Daniel Sander, legte ihr ein Standardschreiben vor. Damit sollte das Land die Initiative unterstützen. Aus dem Betreff strich strich Hinz sicherheitshalber den „federal state“, also das „Bundesland“, heraus, „Baden-Württemberg“ allerdings blieb stehen, ebenso wie die Formulierung, man schicke die Bewerbung „im Namen“ der Initiative. Und auch der Bitte Sanders, ihn darin als „Commissioner General“ – also als Generalbevollmächtigten – zu nennen, kam Hinz nach – ohne nachzuhalten, was diese Rolle beinhalten sollte. Für sie sei klar gewesen, dass Sander für die Projektinitiative gehandelt habe und nicht für das Land.

Dennoch sichert sie sich ab. Die Rechtsabteilung des Ministeriums hatte die Juristin zwar nicht eingebunden, die Leitungsebene im Ministerium sehr wohl. „Es war nicht so, dass es ein Projekt war, das im Geheimen lief“, sagte Hinz. „Ich habe nicht eigenmächtig gehandelt.“

Doch ihr Handeln hat Folgen. Für die deutsche Seite war damit sonnenklar, dass die Projektinitiative sich bewerbe und das Land nur unterstütze. Für die Expo Dubai war der Fall nicht so klar, zumal der später von Daniel Sander im Beisein der Wirtschaftsstaatssekretärin unterschriebene Vertrag ebenfalls „Baden-Württemberg“ als Teilnehmer nannte, auch weil die notwendige Projektgesellschaft der drei Partner immer noch nicht gegründet ist. Dem Wirtschaftsministerium lag der Vertrag laut Sander vor. Doch geprüft hatte ihn vorab niemand. Das gehe über eine protokollarische Prüfung hinaus, sagte Hinz. „Mit dem Wissen von heute wäre dort eine Prüfung angezeigt gewesen“, räumte sie aber ein. Kurze Zeit später fiel der Fehler offenbar auf. Hinz vereinbarte sicherheitshalber eine Haftungsfreistellung mit der Projektinitiative.

Wer trägt die Verantwortung?

Doch da war es zu spät. Die Verantwortlichen erfuhren Ende 2019, dass das Land als Lizenznehmer eingetragen worden war, und bemühten sich um Klärung. Das entscheidende Rechtsgutachten lag vor, als Hinz das Ministerium schon als Landespolizeipräsidentin verlassen hatte. Es kam zu dem Schluss, dass das Land in der Pflicht war.

„Das war kein Leuchtturm-Projekt im Haus“, sagte Hinz und verriet damit wohl viel darüber, warum offensichtliche Alarmzeichen nicht gesehen wurden. Dass die Spitzenbeamtin Hinz Schaden nehmen könnte, ist dennoch eher unwahrscheinlich. Denn im Innenministerium ist man zufrieden mit der Landespolizeipräsidentin. Anders steht es um Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), die in ihrer Befragung klarmachte, dass sie in vieles zu spät eingebunden gewesen sei. „Insgesamt verstärkt sich das Bild des Missmanagements durch Wegschauen“, sagte FDP-Obfrau Gabriele Reich-Gutjahr.

Ähnlich sieht es SPD-Obmann Daniel Born. Es gelinge nicht, dass alle Finger in Richtung Frau Hinz zeigten. „Dieser Offenbarungseid weist in Richtung Hoffmeister-Kraut“, wiederholte er seine Kritik an der Wirtschaftsministerin. „Dieses Ministerium hat keine Führung.“

Die AfD-Abgeordnete Carola Wolle sieht die Verantwortung eher bei Hinz. „Die heutige Polizeipräsidentin hat sich von Herrn Sander nach und nach über den Tisch ziehen lassen“, sagte sie. CDU-Obfrau Marion Gentges hingegen widersprach: „Ich würde ihr da keinen schwerwiegenden Fehler anlasten wollen“, sagte sie über Hinz. Ihrer Einschätzung nach hätte eine frühere Erkenntnis über die rechtlichen Probleme bei dem ins Trudeln geratenen Projekt kein anderes Ergebnis gebracht, sondern nur einen früheren Einstieg des Landes.