Umstritten: Ungarns autoritärer Regent Viktor Orban Foto: Rudolf Karancsi/AP/dpa

Unterstützt er Viktor Orban im Wahlkampf? Der Budapester Repräsentant des Konzerns tauchte auf einer solchen Liste auf – und verschwand schnell wieder. Was war da los?

Es ist eine heikle Frage für alle baden-württembergischen Unternehmen, die in Ungarn engagiert sind. Wie hält man es mit Viktor Orban, dem immer autoritärer agierenden, rechtspopulistischen Ministerpräsidenten? Wer Millionen oder Milliarden in dem osteuropäischen Land investiert, pflegt natürlich den Kontakt zur Regierung, auch auf höchster Ebene. Doch bei den Treffen geht es vor allem ums Geschäftliche, die Politik wird meistens ausgeklammert.

 

Nahezu tabu wäre es für Manager, direkt oder indirekt für Orban Partei zu ergreifen – zumal vor den fürs nächste Frühjahr geplanten Parlamentswahlen, bei denen der Premier ernsthaft herausgefordert werden könnte. Doch genau in diesen Verdacht ist nun der oberste Repräsentant des Stuttgarter Bosch-Konzerns in Ungarn geraten. Nachdem er in sozialen Medien als Mitglied eines Unterstützerkreises des umstrittenen Regenten aufgeführt wurde, entbrannte in der digitalen Öffentlichkeit des Landes eine erregte Debatte – die das Unternehmen schnellstmöglich mit einem entschiedenen Dementi auszutreten versuchte.

Kampf um die Hoheit im digitalen Raum

Es geht um den Digitalen Bürgerkreis (englisch: digital civic circle), ein erst im Sommer gegründetes Netzwerk im Umfeld von Orbans Fidesz-Partei. Offizielles Ziel ist es, den virtuellen Raum in Ungarn nicht länger anderen zu überlassen, sondern selbst zu besetzen und zu bespielen. Zugleich soll damit wohl die durchaus steigerbare Beliebtheit des Premiers bei jungen Leuten befördert werden. Im Kampf gegen seinen Kontrahenten Peter Magyar gilt der Bürgerkreis als wichtiges Forum.

Entsprechend aufmerksam wurde registriert, als ein Fidesz-Abgeordneter unlängst auf Facebook eine Reihe prominenter Unterstützer aufführte. Mit Bild und Namen erschien da auch Istvan Szaszi, der Repräsentant der Bosch-Gruppe in Ungarn und der Adria-Region. Seit vier Jahren vertritt der Manager den Konzern in Budapest, für Bosch ist er bereits seit zwei Jahrzehnten dort und in Deutschland tätig. Onlinemedien griffen die Erwähnung umgehend auf, prompt entspann sich im Netz eine lebhafte Debatte: Dürfe ein hochrangiger Unternehmensvertreter sich im beginnenden Wahlkampf derart positionieren? Müsse er sich nicht zurückhalten und im Dienst politisch neutral bleiben, so wie das Bosch von seinen Beschäftigten erwarte?

„Ohne Kenntnis oder Zustimmung genannt“

Es dauerte nur wenige Stunden, dann war Szaszi aus dem Personaltableau wieder verschwunden. Der Grund: Bosch hatte laut einer Sprecherin „den ,Digital Civic Circle‘ kontaktiert und um Entfernung seines Namens und Fotos von entsprechenden Meldungen gebeten“. Die Nennung des Managers in diesem Zusammenhang sei nämlich „ohne seine Kenntnis oder Zustimmung erfolgt“, sie entbehre jeder Grundlage. Über die Falschinformation habe man auch die betroffenen Medien informiert, die das inzwischen korrigiert hätten.

Wie sich das Verhältnis zwischen Bosch und der Regierung Orban gestaltet, diese Frage beantworte die Sprecherin allgemein: „Grundsätzlich ist ein regelmäßiger Austausch mit Regierungs- und anderen politischen Vertretern zu wirtschafts- und industriepolitischen Themen in Ländern, in denen Bosch vertreten und ein wichtiger Arbeitgeber ist, üblich und wird in der Regel durch die lokalen Repräsentanten gepflegt – so auch in Ungarn.“