Ein Unternehmer aus Baden-Württemberg soll gegen das Russland-Embargo verstoßen haben. (Symbolbild) Foto: dpa/Kay Nietfeld

Wegen der Annexion der Krim hat die EU Sanktionen gegen Russland verhängt. Ein Unternehmer aus Süddeutschland soll dennoch Maschinen und Chemikalien zum Bau von Raketen nach Moskau geliefert haben. Nun steht der 69-jährige Russe vor Gericht.

Hamburg - Unter Verstoß gegen das Russland-Embargo soll ein Unternehmer aus Baden-Württemberg Raketentechnik nach Moskau geliefert haben. Der 69-Jährige muss sich seit Freitag vor dem Staatsschutzsenat am Oberlandesgericht Hamburg verantworten. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, er habe mit einer Rüstungsfirma in Moskau die Lieferung von 15 Kilo Decaboran vereinbart. Die Chemikalie wird zur Herstellung von Raketentreib- und Sprengstoffen verwendet.

Der bis zu seiner Verhaftung in Keltern bei Pforzheim wohnende Russe habe 1,5 Kilo der gesundheitsschädlichen Chemikalie in seinem Flugzeug-Reisegepäck transportiert. Bei dem Flug am 27. September 2017 von Frankfurt nach Moskau habe er Zollbeamte und Reisende gefährdet, denn bei Hautkontakt oder dem Einatmen von Decaboran bestehe Lebensgefahr. Weitere drei Kilo des Stoffes habe er in drei normalen Paketsendungen nach Moskau geschickt.

Angeklagte soll Zollbehörden getäuscht haben

Der seit 25 Jahren in Deutschland lebende Unternehmer soll zwischen 2014 und und 2018 auch mehrere Maschinen nach Russland geliefert haben, darunter zwei belgische Spezialpressen, mit denen Raketenteile hergestellt werden können. Zwei der Maschinen habe er selbst bei der Moskauer Firma in Betrieb genommen.

Der Angeklagte habe die Zollbehörden bewusst durch falsche Angaben getäuscht, erklärte der Vertreter der Bundesanwaltschaft. Der gesamte Lieferumfang habe über 1,8 Millionen Euro betragen, der Gewinn für den Angeklagten belief sich auf rund 200 000 Euro. Die EU hatte 2014 wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim ein striktes Embargo gegen Russland verhängt.

Kaution von 320 000 Euro gestellt

Der Angeklagte - im blauen Hemd, mit langen weißen Haaren und üppigem Vollbart - äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. Sein Verteidiger beantragte, den Haftbefehl gegen eine Kaution von 320 000 Euro außer Vollzug zu setzen. Zur Begründung sagte er, sein Mandant sitze bereits seit zehn Monaten in Untersuchungshaft. Damit habe er schon fast die drohende Mindeststrafe von einem Jahr abgesessen. Außerdem sei eine Bewährungsstrafe denkbar. Darüber wollte das Gericht nicht sogleich entscheiden. Der Anwalt beantragte ferner die Zuordnung eines zweiten Pflichtverteidigers mit Spezialkenntnissen im Embargorecht.

Der Prozess findet vor dem Staatsschutzsenat am Hanseatischen Oberlandesgericht statt, weil eine der Pressen über Lübeck geliefert worden sein soll. Der Hamburger Staatsschutzsenat ist auch für Fälle in Schleswig-Holstein zuständig. Das Gericht hat zwölf weitere Termine bis zum 18. Dezember angesetzt.