Die deutschen Familienunternehmen fordern von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Unternehmensteuerreform. Foto: dpa

Deutschland ist im Steuerwettbewerb zurückgefallen, weil andere Industriestaaten die Unternehmenssteuern gesenkt haben. Die deutschen Familienunternehmen fordern eine Reform.

Berlin - Es ist noch nicht so lange her, da bekam Deutschland für seine Unternehmensbesteuerung viel Lob. Die Unternehmenssteuerreform von 2008 galt als gelungenes Modell, mit dem das Land im weltweiten Steuerwettbewerb mithalten konnte. Doch der Vorsprung ist dahin. „Deutschland ist im globalen Standortwettbewerb zum Hochsteuerland für Unternehmen avanciert“, heißt es in einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, die von der Stiftung Familienunternehmen in Auftrag gegeben worden ist. Seit der letzten Reform vor einem Jahrzehnt sei die Steuerbelastung für Unternehmensgewinne leicht gestiegen. Sie liegt für Kapitalgesellschaften wegen höherer Gewerbesteuersätze inzwischen bei 30 Prozent. Zurückgefallen ist Deutschland auch deswegen, weil wichtige Industrieländer wie die USA und Frankreich Steuersenkungen beschlossen haben. Andere Länder wie die Schweiz und Großbritannien denken über Reformen nach. „Die große Koalition muss verhindern, dass deutsche Familienunternehmen im Wettbewerb benachteiligt werden“, sagte Stiftungsvorstand Rainer Kirchdörfer. Der Studie zufolge seien Familienunternehmen Verlierer im Steuerwettbewerb.

Standort Deutschland verliert an Attraktivität

Die Studie zeigt, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern an Attraktivität verliert. Von Bedeutung für den Steuerwettbewerb sei die Steuerreform der USA, die zur Senkung des Steuersatzes auf Unternehmensgewinne von einst 35 auf nun 21 Prozent führt. Damit bieten die USA günstigere Bedingungen als 15 EU-Länder, die im Schnitt bei 24 Prozent liegen. Deutschland liegt weit über dem EU-Schnitt. Mit der höhere Belastung sei Deutschland nicht wettbewerbsfähig. „Um im zunehmenden internationalen Steuerwettbewerb nicht noch weiter zurückzufallen, besteht in Deutschland dringender Handlungsbedarf“, schreiben die ZEW-Wissenschaftler.

Dass sich die steuerliche Situation für Familienunternehmen verschlechtert hat, begründen die Forscher mit mehreren Entwicklungen. In den vergangenen Jahren seien viele Staaten dazu übergegangen, Unternehmen der Digitalwirtschaft mit günstigen Steuerregeln zu locken. Sie führten Steueranreize für Wirtschaftsgüter wie Patente und Warenzeichen ein. Wurden im Jahr 2000 in der EU nur in Frankreich und Irland Einkünfte aus Lizenzen und Warenzeichen steuerlich begünstigt, ist dies 2018 schon in 14 EU-Mitgliedsstaaten der Fall. Das deutsche Steuersystem kennt diese Vorzugsbehandlung nicht. Damit sinke die Anziehungskraft für digitale Geschäftsmodelle. Da die deutschen Familienunternehmen stärker im industrienahen Bereich verankert sind, profitierten sie von diesem Steuervorteil in anderen Ländern weniger. Sie mussten aber gleichwohl Verschlechterungen hinnehmen, da steuerliche Bemessungsgrundlagen wie die Abschreibungsbedingungen verschärft worden sind.

Deutscher Gesetzgeber hat Abkommen übererfüllt

Nachteile ergeben sich für Familienunternehmen auch deshalb, weil das internationale Vorgehen gegen den aggressiven Steuerwettbewerb von Großkonzernen zu einer Vielzahl von Gesetzesverschärfungen führt. Anlass waren Steuervermeidungsstrategien internationaler Großkonzerne. Die Folgen spürten nun Familienunternehmen. Der deutsche und europäische Gesetzgeber habe die internationalen Vereinbarungen übererfüllt, heißt es in der Studie. Beispiel dafür seien die Pläne der EU, die sensible Geschäftsdaten bestimmter Unternehmen im Internet veröffentlichen will. Davon seien die großen Familienunternehmen massiv betroffen.

Die ZEW-Forscher empfehlen dem deutschen Gesetzgeber, den Satz zur Unternehmensbesteuerung zu senken. Außerdem sei die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung sinnvoll.