Elternglück mit Hindernissen: der Kampf um den Kindesunterhalt kann hart sein. Foto: dpa

Wenn Väter keinen Unterhalt für ihre Kinder bezahlen, stehen allein erziehende Mütter oft dumm da. Doch eine 35-Jährige aus dem Raum Ludwigsburg will sich davon und vom trägen Behördenapparat nicht unterkriegen lassen.

Unterhalt - Es sind nur 25 Euro, ein lächerlich geringer Betrag. Doch für Vivien Müller (alle Namen geändert) sind diese 25 Euro, die sie als Unterhalt für ihren Sohn Dan erstritten hat, viel Geld. „Das war für mich echt Bombe“, sagt die 35-Jährige, die im Großraum Ludwigsburg lebt. Eigentlich stehen ihr monatlich 355 Euro Unterhalt für ihren Sohn zu – von dessen Vater, von dem sie getrennt lebt. Doch seit Ende 2015 zahlt er nicht mehr. Und Vivien Müller rennt auf eigene Faust hinter dem Geld für ihren Sohn her.

Ein Nebenjob als Fußballtrainer

Seitdem ist die berufstätige Mutter ein sehr häufiger Gast bei Ämtern und Behörden aller Art. Weil der Vater arbeitslos war, versuchte sie bei der Arbeitsagentur herauszufinden, wie viel Arbeitslosengeld er überhaupt bezieht. Dafür musste sie wiederum zu einem Gerichtsvollzieher, um ihren Auskunftsanspruch durchzusetzen. Für eine mögliche Pfändung vom Konto des Vaters brauchte sie dann die Unterstützung der Rechtshilfestelle am Amtsgericht Besigheim. Auch einen Anwalt hat sie sich schon nehmen müssen.

Auf Umwegen erfuhr die junge Mutter, dass der Vater als Jugendtrainer bei einem Fußballverein Jungs coacht. Das brachte sie auf die Palme, „weil er sich überhaupt nicht um seinen eigenen Sohn kümmert, aber für die Fußballjugend hat er Zeit“. Und: es brachte sie auf die Spur, dass für den Nebenjob doch eine Übungsleiterpauschale fällig sein müsste. Nach einem langwierigen Briefwechsel mit dem Verein überwies dieser ihr eingangs erwähnte 25 Euro. Besser als nichts, denkt sich Vivien Müller. Immerhin muss sie mit rund 1000 Euro netto plus etwa 300 Euro Wohngeld sich und ihren inzwischen 13-jährigen Sohn durchbringen. „Da brauche ich wirklich jeden Euro“, sagt sie.

Beistandschaft bringt lange Wartezeiten

Dass Dan inzwischen 13 ist, hat übrigens einen entscheidenden Nachteil. Denn nur für Kinder bis zwölf Jahre springt nämlich von Amts wegen das Landratsamt in die Bresche. Das Amt zahlt den Unterhalt und versucht, sich das Geld vom anderen Elternteil, meistens vom Vater, zurückzuholen (siehe „Ärger mit dem Unterhalt“).

Für ältere Kinder kann das Jugendamt eine sogenannte Beistandschaft einrichten. Das bedeutet, dass die Behörde – vergleichbar mit einem Anwalt – versucht, den Unterhalt vom betreffenden Elternteil einzutreiben. Das funktioniert oft mehr schlecht als recht über Kontopfändungen oder Zwangsvollstreckungen. Doch bei Vivien Müller hat das, warum auch immer, nicht funktioniert. Den Satz „wir können nichts für Sie tun“ habe sie mehrfach gehört. Als der Vater nicht mehr zahlte, habe es geheißen, dass sie mindestens sieben Wochen warten müsse, bis etwas passiert. „Das hat alles furchtbar lange gedauert“, sagt sie. Also habe sie sich entschlossen, selbst für das Geld zu kämpfen.

Neuer Job – neue Hoffnung?

Jetzt hoffe sie, dass eine Kontopfändung bei Dans Vater einen Teilerfolg bringt. Zudem will sie ihn dazu verdonnern, demnächst an Eides statt seine Einkommensverhältnisse darzulegen. Denn kürzlich hat ihr die Arbeitsagentur geschrieben, dass er kein Arbeitslosengeld mehr beziehe. Ein neuer Job des Mannes? Für Vivien Müller war das ein neuer Hoffnungsschimmer.

Auf eine Beistandschaft vom Landratsamt wolle sie wohl auch in Zukunft verzichten. „Jetzt habe ich die Sache schon allein ins Rollen gebracht.“ Sie hat den Vater bereits bei der Polizei angezeigt, wegen Verletzung der Unterhaltspflicht. Damit will sie der Sache Nachdruck verleihen.

Tatsächlich wäre alles für sie ganz einfach gewesen: wenn sie selbst keinen Job hätte. Einmal habe der Vater ihres Sohnes sie beim Jugendamt angezeigt, weil sie Dan wegen des Jobs zeitweise alleine zuhause lassen musste. Von jemandem, der sich um seine Unterhaltspflicht drückt, sei das „echt ein Witz“. Und: wäre sie arbeitslos, dann müsste sich von Amts wegen das Jobcenter um den Unterhalt kümmern. Ein Gedanke, der Vivien Müller ziemlich sauer macht. „Ich weigere mich zu glauben, dass man es besser findet, wenn ich zuhause säße und nichts tun würde.“

Ärger mit dem Unterhalt

Vorschuss:
Wenn Väter für ihr Kind keinen Unterhalt zahlen, ist das nicht nur für die Mütter eine finanzielle Belastung. Auch die Landratsämter zahlen dafür meist kräftig drauf. Das Landratsamt Ludwigsburg leistete im vergangenen Jahr für 1242 Kinder einen Unterhaltsvorschuss, weitere 230 Anträge wurden bereits gestellt. Die Ausgaben dafür beliefen sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Doch von den zahlungsunwilligen oder -unfähigen Vätern wurden lediglich rund 870 000 Euro zurück geholt. Die Behörde blieb also auf rund 1,7 Millionen Euro Unterhaltskosten selbst sitzen.

Strafe:
Dabei ist das Nichtbezahlen von Unterhalt für Kinder keinesfalls ein Kavaliersdelikt. Es gilt sogar als Straftat, wenn sich jemand bewusst um seine Unterhaltspflicht drückt. Dafür können bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe fällig werden. Auch müssen Unterhaltspflichtige ihr Einkommen offen legen. Wer bei der diesbezüglichen eidesstattlichen Versicherung flunkert, für den kann ebenfalls eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren fällig werden.

Unterstützung:
Wer sich beim Kampf um den Unterhalt einen Anwalt nimmt, sollte sich keine Wunder erhoffen. Für eine Zwangsvollstreckung von beispielsweise 3000 Euro erhält ein Anwalt gerade mal 89 Euro Honorar – vermutlich kein sonderlich großer Anreiz.