Pablo Fernandez (links) und Bernd Bachofer machen bald am Waiblinger Marktplatz gastronomisch gemeinsame Sache. Foto: Gottfried Stoppel

Wo einst Medizin verkauft wurde, serviert der Waiblinger Pablo Fernandez bald kulinarische internationale Klassiker. Das Lokal Untere Apotheke kooperiert mit einem bekannten Gourmetrestaurant.

Noch baumeln dicke Kabelstränge von der Decke, und eine weiße Schicht Baustellenstaub überzieht den Boden und die uralten freigelegten Holzbalken. Doch Pablo Fernandez ist zuversichtlich, dass bis zum Frühjahr alles fertig wird und er spätestens Anfang April die ersten Gäste am Marktplatz in Waiblingen bewirten kann. Im sogenannten Zacherhaus, einem stattlichen Fachwerkgebäude, das zu den ältesten in der Stadt gehört, sind mehr als 250 Jahre lang Heilkräuter, Tinkturen und Salben über den Verkaufstresen gegangen. Vor fünf Jahren endete diese Ära mit der Schließung der Unteren Apotheke.

 

Serviert werden „Klassiker modern interpretiert“

Ihr haucht Pablo Fernandez nun nach längeren Leerstand neues Leben ein: In seinem Lokal, das Untere Apotheke heißen wird, will der 36-Jährige „Klassiker modern interpretiert“ servieren. Tortilla statt Tabletten, Schakschuka statt Schnupfenspray. Kräuter, so kündigt Pablo Fernandez an, werden an diesem Ort auch künftig eine wichtige Rolle spielen. Und da Essen und Trinken bekanntlich Leib und Seele zusammenhalten, bietet die Untere Apotheke also weiterhin eine Art von medizinischer Versorgung für Waiblingen – und das von früh bis spät, vom Frühstück bis zum abendlichen Absacker.

Dass Fernandez einen Schwerpunkt beim Frühstück setzen will, hat auch mit seinem gastronomischen Geschäftspartner und Mentor zu tun. Der heißt Bernd Bachofer und betreibt schräg gegenüber seit fast 20 Jahren sein Sternerestaurant im zweitältesten Haus der Stadt, das einst ebenfalls eine Apotheke beherbergte. Im Boutique-Hotel in den darüberliegenden Geschossen können seine Gäste nach einem kulinarischen Abend ihre müden Häupter betten. Für das Frühstück hält der Gastronom einen Raum mit großem Tisch, Kühlschrank, Kaffeemaschine und Teekocher parat, die Gäste dürfen sich hier selbst versorgen. Das sage aber nicht allen zu, erzählt Bachofer, der Menschen mit größerem Appetit bisher den Gang ins Café Tagblatt zu einem „Bachofer-Frühstück“ ans Herz legte.

Das Lokal ist ein Herzensprojekt

Künftig sollen die Frühstücker in der Unteren Apotheke verköstigt werden. Pablo Fernandez will sowohl ein klassisches Frühstück mit Brötchen, Wurst und Käse anbieten als auch französisch und südländisch inspirierte Speisen wie Tortilla oder Schakschuka, pochierte Eier in einer Tomatensoße mit Paprika, Zwiebeln und Minze-Joghurt, dazu Fladenbrot. „Ich möchte, dass sich jeder in der Karte wiederfindet und wohlfühlt“, sagt Pablo Fernandez. Wer mag, darf bodenständig bleiben, wen es nach Neuem gelüstet, der kann gastronomisch auf Reisen gehen. Dazu werde „der beste Kaffee der Stadt“ serviert, kündigt Fernandez an. Die Bohnen kommen von der Waiblinger Rösterei Pilu. Um den Anspruch zu erfüllen, sagt Fernandez, müsse die Kaffeemaschine mit einigem Aufwand jeden Tag neu eingestellt werden – je nachdem, welche Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit herrschen.

Für Pablo Fernandez ist das Lokal ein echtes Herzensprojekt. Aufgewachsen ist er, Sohn einer Waiblingerin und eines Barceloners, buchstäblich im Nachbarhaus. Dort betrieb sein Großvater Fritz Gerhardt viele Jahre ein Geschäft für Farben und Lacke. Auf der hinteren Terrasse seines zukünftigen Lokals ist Fernandez einst mit dem Dreirad herumgedüst, das Laufen hat er auf dem unebenen Kopfsteinpflaster des Marktplatzes gelernt. Als Teenie verdiente Pablo Fernandez ein bisschen Geld an der Eisdiele – und lernte dabei Bernd Bachofer kennen, der sich hier ab und zu ein Eis genehmigte. Pablo Fernandez jobbte als Aushilfe im „Bachofer“ und hatte Gelegenheit, ab und zu in die Küche zu spickeln. „Bei uns zu Hause kochen die Männer“, sagt er, „mein Vater ist der beste Koch – zusammen mit Bernd Bachofer.“

Die Firma Jun Paella Catering ruht jetzt erst mal

Nach dem Abitur am Salier-Gymnasium hat er Marketing studiert, nebenher aber stets in der Gastronomie gearbeitet und schließlich seine Firma Jun Paella Catering in Stuttgart gegründet. Die lässt er erst einmal ruhen, die Untere Apotheke hat Vorrang. Seine Gäste darf Pablo Fernandez auch unter den Arkaden des Alten Rathauses bewirten – zumindest so lange, bis das einst als Restaurant genutzte, seit Jahren leer stehende Gebäude wieder einen Pächter hat.

Auch die Untere Apotheke ist ein traditionsreicher Ort. Nach ihrer Sanierung wird sie Gästen einen Mix aus Moderne und Vergangenheit bieten, wie Fernandez sagt. Die Einrichtung werde in erdfarbenen Tönen, klassisch und modern sein – „so wie die Küche“. 55 Plätze wird das Lokal innen haben, von der Bar aus, an der auch geschmaust werden darf, können Gäste direkt in die verglaste Küche schauen. Serviert werden abends Tapas, aber keine kompletten Menüs. Die gibt es ja drüben bei Bernd Bachofer.

Das Haus hat wieder einen stilechten Torbogen

Die großen Fenster, die auf den Marktplatz hinausgehen, sind neu und von der Denkmalbehörde abgesegnet. An der Rückfront des Gebäudes ist indes die Vergangenheit zurückgekehrt: Statt einer schnöden Tür ist wieder ein stilechter Torbogen aus Sandstein eingebaut worden. Zurückkehren wird auch eine Sandsteintafel mit Inschrift, die an ein denkwürdiges Ereignis erinnert: Die 1164 von Mailand nach Köln geschafften angeblichen Gebeine der Heiligen Drei Könige sollen auf ihrer Reise im Vorgängerbau der Unteren Apotheke Station gemacht haben.