Zwar kommen zurzeit nur wenige Geflüchtete nach Stuttgart. Ihre Unterbringung bleibt aber ein Problem. Foto: IMAGO/Arnulf Hettrich

Für die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten fehlt es der Stadt an Personal und an Wohnflächen. Dennoch müssen zumindest vorerst keine Schulturnhallen in Anspruch genommen werden. Aber es wird enger in den Unterkünften – das erhöht den Stress.

In der ganzen Republik klagen die Kommunen darüber, dass die Grenzen bei der Flüchtlingsunterbringung schon oder doch in Kürze erreicht seien. Das ist in Stuttgart nicht anders. Im jüngsten Sozialausschuss des Rats hat es bei dem Thema dennoch eine gute Nachricht gegeben: „Wir konnten die Belegung von Turnhallen mit Geflüchteten abwenden“, sagte Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne).

In den vergangenen Wochen ging man bei der Stadt aufgrund der hohen Zugangszahlen von Geflüchteten davon aus, dass man im April nicht mehr ohne die Belegung von Schulturnhallen auskommen werde. Dass dies zumindest vorerst nicht eintritt, hat einen einfachen Grund: Man sei bei der Suche nach potenziellen Gebäuden und Grundstücken „auf ein interessantes Objekt aufmerksam geworden, das sich für eine Großunterkunft eignet“, erklärte die Sozialbürgermeisterin auf Anfrage. Dabei handelt es sich offenbar um eine leer stehende Sporthalle.

Viele kommen aus Syrien, Afghanistan und Irak

Auch die Zuweisungen von Geflüchteten sind im Februar und im März etwas geringer als in den Vormonaten. So mussten im Oktober insbesondere aus Syrien, Afghanistan und Irak insgesamt 288 Personen untergebracht werden, im November 252, im Dezember 317 und im Januar 266. Im Februar betrug die Zuweisung noch 108 Personen, im März werden es laut Prognose 87 sein. Insbesondere die Ankünfte von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine haben stark abgenommen, inzwischen sind es nur noch ein paar wenige. Zum Vergleich: Noch im Oktober des Vorjahres waren es 170, im November kamen 244 Ukrainer in Stuttgart an, im Januar 147.

Die Verwaltung machte aber deutlich, dass die derzeit geringeren Flüchtlingszahlen nur eine Folge der jahreszeitlich bedingt geringeren Zugänge sei, aber keine längerfristige Tendenz. Insgesamt sind derzeit in der Landeshauptstadt rund 8600 Geflüchtete in Unterkünften einquartiert, 3500 stammen aus der Ukraine. Allerdings wird die Stadt die Nebenhalle der Schleyerhalle mit einigen hundert Plätzen, die man eigentlich aufgeben wollte, bis Ende des Jahres betreiben. Nur so könne man die Belegung von Turnhallen vermeiden. Das wird von den Ratsfraktionen gut geheißen. Bis Ende des Monats wird auch das Containerdorf auf dem Wasen abgebaut sein.

Sozialamt im Flüchtlingsbereich stark unterbesetzt

Weniger erfreulich ist die Lage in den mit der Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten befassten städtischen Ämtern. Bürgermeisterin Sußmann wie die Fraktionen sprachen den Beschäftigten Dank für ihren großen Einsatz aus. Diese müssten wegen der starken Belastung „sehr viel aushalten“, erklärte die Bürgermeisterin. Sozialamtsleiterin Franziska Vogel machte deutlich, dass man im Flüchtlingsbereich „beim Personal eine Unterdeckung von 25 bis 35 Prozent“ habe. Insgesamt waren im Sozialamt Ende vorigen Jahres 140 Stellen nicht besetzt.

Wenig erfreut sind die Ratsfraktionen auch darüber, dass wegen einer Regelungslücke des Bundes in Stuttgart jeden Monat rund 170 000 Euro mehr als nötig an Geflüchtete aus der Ukraine ausgezahlt werden. Dies rührt daher, dass diese schon frühzeitig Bürgergeld (ehemals Hartz IV) bekommen haben, das auch Geld für das Essen enthält, viele aber in Gemeinschaftsunterkünften verpflegt werden, ohne dafür bezahlen zu müssen. Dadurch sind sie gegenüber anderen Geflüchteten besser gestellt.

Unmut über Begünstigung ukrainischer Geflüchteter

„Das führt zu Unfrieden in den Unterkünften“, erklärte etwa Sibel Yüksel von der FDP. Auch Jasmin Meergans von der SPD findet, dass die Stadt, wenn Geflüchtete aus der Ukraine in Unterkünften das Essen ins Anspruch nehmen, „dafür auch etwas verlangen müsste“. Aus rechtlichen Gründen geht das aus Sicht der Stadt nicht. Thorsten Wieland, der stellvertretende Leiter des Jobcenters, erklärte, dass es eine solche Möglichkeit gesetzlich von 2016 bis 2018 auch gab, sodass man für das Essen in diesen Fällen bis zu 170 Euro im Monat habe einbehalten können. Diese Regelung sei aber ausgelaufen und trotz der Bitte der Kommunalverbände nicht wieder eingeführt worden. Der Bund habe die jetzige Situation „sehenden Auges“ herbeigeführt, sagte Alexandra Sußmann.

Wegen der Knappheit an Flächen für die Unterbringung von Geflüchteten ist die Stadt auch wieder zurückgegangen auf die 4,5-Quadratmeter-Regelung pro Person. Zuvor hatte man sieben Quadratmeter je Person bereitgestellt, für Familien mit Kindern zum Teil schon zehn Quadratmeter. Man wisse, dass diese Reduzierung der Wohnfläche „als längerer Zustand nicht gut ist“, sagt die Bürgermeisterin. „Aber es geht nicht anders, wir stoßen hier an die Grenzen der Realität.“

Weil diese Wohnflächenreduzierung zu mehr Stress in den Unterkünften führe und teils auch eine Ursache für mehr Gewalt in Familien sei, habe man ein Auge auf die Entwicklung. „Wir schauen da nicht weg“, betonte Alexandra Sußmann.