Ministerpräsident Markus Söder: die Wahl am Sonntag kann für ihn ins Auge gehen. Foto: AFP

Seit einem Jahr fiebert die Republik der Bayern-Wahl am kommenden Sonntag entgegen. Die Unwägbarkeiten sind zuletzt sogar noch gewachsen. Dennoch kristallisieren sich drei wahrscheinliche Szenarien für den Wahlausgang heraus.

Stuttgart - Die Unsicherheiten sind enorm – selten gab es vor einer wichtigen Wahl so große Unwägbarkeiten wie vor der Landtagswahl am kommenden Sonntag in Bayern. Laut dem ZDF-Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen wissen 42 Prozent der Wahlberechtigten noch nicht, für wen sie am Sonntag votieren sollen. Andere Meinungsforscher halten gar keine verlässliche Umfrage mehr für möglich, weil die Zahl der Unentschlossenen anders als üblich vor Wahlen noch zugenommen habe – demnach sei sich mehr als die Hälfte der Befragten unsicher, welche Partei sie wählen wollen. Dennoch kristallisieren sich drei wahrscheinliche Szenarien heraus.

Erstes Szenario: eine Koalition aus CSU und Freien Wählern

Dass die CSU ihre Alleinherrschaft verliert, scheint nach allen Stimmungsbildern der Meinungsforscher sehr wahrscheinlich. Auch die Protagonisten der Christsozialen scheinen mit dem Verlust der absoluten Mehrheit zu rechnen, denn sie schieben sich für diesen Fall schon vorzeitig die Schuld in die Schuhe. In den Umfragen kam die CSU zuletzt nicht mehr über 35 Prozent – im ZDF sind es 34 Prozent und bei der ARD 33 Prozent.

Ein Teil der Verantwortung wird in der Bundespolitik zu suchen sein – vor allem in den Uneinigkeiten mit der Schwesterpartei CDU. Daher verzichtet die CSU an diesem Freitagabend bei ihrer Schlusskundgebung in München auf einen Auftritt von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Stattdessen will Ministerpräsident Markus Söder mit Parteichef Horst Seehofer und dem österreichischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auftreten – auch dies ein Signal an die unentschlossenen Wähler.

Folglich könnten die Freien Wähler der Hauptprofiteur der CSU-Schwäche sein, indem sie in die Landesregierung eintreten. Sie kommen in den jüngsten Stimmungsbildern auf zehn (ZDF) bis elf (ARD) Prozent. Ihr Vorsitzender Hubert Aiwanger zeigt sich daher zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass es für CSU und Freie Wähler reichen wird, weil wir unterm Strich immer mehr Direktstimmen bekommen als Zweitstimmen. Damit werden wir etwas stärker sein“, sagte er am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Im schlimmsten Fall müsse die FDP dritter Partner werden, so Aiwanger. Die Liberalen könnten nach dem Politbarometer mit 5,5 Prozent und laut Infratest dimap mit 6,0 Prozent knapp den Einzug in den Landtag schaffen.

Zweites Szenario: ein schwarz-grünes Bündnis

Die Grünen dürften der große Überraschungsgewinner sein. Denn von den politisch denkbaren Allianzen hat bisher nur eine Regierung aus CSU und Grünen eine sichere Mehrheit. Im Politbarometer liegt die Ökopartei bei 19 Prozent, Infratest dimap sieht sie bei 18 Prozent – bei der Wahl vor fünf Jahren hatte sie noch 8,6 Prozent erzielt. Um den Siegeszug zu vollenden, leisten Baden-Württemberger Wahlkampfhilfe: Ministerpräsident Winfried Kretschmann tritt am Mittag im schwäbischen Ustersbach auf, der frühere Parteichef Cem Özdemir am Abend in München.

Allerdings bremst Ministerpräsident Söder die Erwartungen an ein schwarz-grünes Bündnis. „Das Programm der Grünen ist aus meiner Sicht so in der Form nicht koalitionsfähig“, betonte er am Freitagmorgen. „Das wirkt zwar frisch, aber das Programm ist uralt.“ Vor allem bei der Inneren Sicherheit wollten die Grünen alles zurückdrehen, was die CSU beschlossen habe. Er könne sich bei den inhaltlichen Unterschieden eine Zusammenarbeit derzeit kaum vorstellen.

Drittes Szenario: eine schwarz-rote Koalition

Knappe parlamentarische Mehrheiten sind rein rechnerisch auch für andere Koalitionsmodelle möglich – doch dafür müssten etliche Voraussetzungen erfüllt sein. Denkbar ist dies gerade lediglich für eine Allianz von CSU und SPD. Dazu müssten sowohl die CSU als auch die auf Talfahrt befindlichen Sozialdemokraten aber alle Demoskopen überraschen und die ihnen vorhergesagten schweren Verluste begrenzen können. Aus Sicht von Infratest dimap liegt die SPD bei elf Prozent, im ZDF behaupten sie sich mit zwölf Prozent knapp auf dem dritten Platz. Wenn FDP und Linke die Fünf-Prozent-Hürde nicht überspringen, könnte es für Schwarz-Rot reichen.

SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen tritt am Abend in Schweinfurt erneut mit Parteichefin Andrea Nahles auf – nachdem sie zuletzt Differenzen zwischen beiden deutlich gemacht hat. Diese werden auch nicht hilfreich gewesen sein, um die Wähler zu überzeugen.

Unwahrscheinliche Szenarien: ohne die CSU – mit der AfD

Nur theoretisch könnte es auch eine Mehrheit gegen die CSU geben: mit Grünen, SPD, Freie Wählern und FDP. Einem solchen Bündnis stehen allerdings gegenteilige Bekenntnisse von Verantwortlichen entgegen. Offensichtlich wäre die Schnittmenge für eine solche Konstellation zu gering – allein der Wille, die CSU aus der Regierung zu vertreiben, reicht nicht aus, um diese vier Parteien zusammenzuhalten.

Praktisch ausgeschlossen ist auch eine Regierung mit AfD-Beteiligung, obwohl die Rechtspopulisten ebenfalls als ein Gewinner der Wahlen fast schon feststehen. Im Politbarometer und bei Infratest dimap kommen sie auf 10,0 Prozent. Allerdings lehnen es bisher alle anderen Parteien strikt ab, mit der AfD eine Koalition einzugehen.

Sehen Sie im Video die wichtigsten Fakten zur Wahl in Bayern: