Zwischen Italien und Deutschland gab es bei Welt- und Europameisterschaften bislang sieben Spiele - und kein Mal konnte sich das DFB-Team durchsetzen. Nach dem 0:0 in der Finalrunde der WM 1962 in Chile duellierten sich die beiden Fußballländer acht Jahre später zum zweiten Mal. Überraschend sorgte Italien-Legionär Karlheinz Schnellinger in der 90. Minute (Foto) des WM-Halbfinals 1970 in Mexiko für das 1:1. Also ...
 Foto: dpa

Noch nie konnte ein DFB-Team Italien bei einer WM oder EM besiegen. Wir blicken in die Historie.

Berlin - Die Spanier haben es gerade erst geschafft, nun will auch Deutschland sein Trauma im Weltfußball überwinden. Wie der amtierende Welt- und Europameister Spanien, der vor dem erfolgreichen Viertelfinale am vergangenen Samstag nie bei einer WM oder EM gegen Frankreich hatte gewinnen können, will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) endlich einen Sieg schaffen bei einem großen Turnier gegen Italien.

Das Halbfinale von Warschau, in dem es am Donnerstag (20.45 Uhr) um den Einzug ins Endspiel von Kiew geht, ist der achte Anlauf eines deutschen Teams gegen die Squadra Azzurra. Die Zeit sei reif für einen Sieg, hat Bundestrainer Joachim Löw erklärt. Bisher reichte es nur zu zwei Remis bei EM-Endrunden (1988, 1:1, und 1996, 0:0), bei Weltmeisterschaften gehen zwei 0:0 in Gruppenspielen (1962, 1978) einher mit drei Niederlagen in K.o.-Spielen.

Zuletzt 2006, als im Halbfinale das Sommermärchen durch ein 0:2 nach Verlängerung auf tragische Weise zu Ende ging. Zurück blieb „ein Moment der Leere“, hat Lukas Podolski dieser Tage noch einmal festgestellt und sich erinnert: „Italien war in der Verlängerung schon besser. Das erste Tor dann - ja, da war der Traum vorbei.“

"...und Grosso schießt ins lange Eck"

In der 119. Minute legte Andrea Pirlo den Ball quasi blind, aber eben doch maßgerecht auf für Fabio Grosso. „Ich kann mich an die Situation noch genau erinnern“, sagte Miroslav Klose am Dienstag im EM-Quartier in Danzig. Klose ist neben Podolski, Kapitän Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Per Mertesacker einer von nur fünf Spielern auf Seiten des DFB, der damals schon dabei war und es heute noch immer ist. „Ich weiß, dass es eine Flanke war, wir kriegen den Ball nicht rechtzeitig weg, dann wird der Ball durchgesteckt und Grosso schießt ins lange Eck“, sagte Klose: „Das war ein grauer Moment, weil es im eigenen Land war.“

30 Jahre ist das Endspiel der Weltmeisterschaft 1982 in Spanien her. 1:3 verlor Deutschland gegen Italien. „Ich habe gelernt zu verlieren und eine Niederlage zu respektieren“, sagt Paul Breitner, einer der deutschen Spieler. Aber noch heute spricht er noch von „Sabotage“ - und meint „die Sauerei am Flughafen von Sevilla.“

Die Rache des Bodenpersonals an den Deutschen

Ebendort hatte die DFB-Auswahl am Donnerstag vor dem Endspiel in Madrid das Halbfinale gegen Frankreich gewonnen. „Bei 35 Grad und gefühlten 97 Prozent Luftfeuchtigkeit“, sagt Breitner, und als wäre das nicht belastend genug gewesen, sollten die Spieler noch in der Nacht nach Madrid zurückfliegen - da nahm, so Breitners, arglistiges Bodenpersonal Rache an den deutschen Spielern, „weil wir in der Zwischenrunde die Spanier aus dem Turnier geworfen hatten.“

Erst war keine Maschine da, dann doch, aber die war nicht startklar. Neben Verpflegung für die hungrigen Spieler mangelte es vor allem an Treibstoff. 4.15 Uhr am Freitagmorgen war es schließlich, als doch noch ein Flugzeug mit dem DFB-Tross an Bord abhob. Gegen 7 Uhr kombinierten die Spieler im Teamhotel in Madrid widerwillig Abendessen und Frühstück - und waren zwei Tage später im Endspiel vor Müdigkeit stehend k.o., erst recht nach Rossis Führungstor für die Italiener. 3:1 hieß es am Ende für Italien.

Zum „Jahrhundertspiel“ war es bereits 1970 gekommen. Bei 40 Grad im Schatten und vor 102.400 Zuschauern in Mexiko-Stadt war das Spiel zwischen Italien und Deutschland lange Zeit erstaunlich unauffällig. Die Dramatik begann mit dem Ausgleich zum 1:1 in der letzten Minute der regulären Spielzeit durch Karl-Heinz Schnellinger.

Beckenbauer spielte mit ausgerenkter Schulter

„Ausgerechnet Schnellinger“, wie ARD-Reporter Ernst Huberty über den Italien-Legionär treffend anmerkte. Der späte Ausgleich setzte neue Kräfte frei. „Es war ein Befreiungsschlag ohne Gleichen“, sagt Mittelfeldspieler Jürgen Grabowski. Franz Beckenbauer hatte sich die Schulter ausgerenkt, mit einer Armschlinge spielte er das Spiel trotzdem zu Ende. Von einer „Abnutzungsschlacht bis zum bitteren Ende“ erzählt Grabowski.

Doch es war bitter für die Deutschen, dieses Ende. Selbst zwei Treffer von Gerd Müller reichten nicht. „In der Verlängerung ging es nur noch nach vorne, es gab keine Taktik mehr“, sagte Löhr. Italiens Gianni Rivera war schließlich das 4:3 vorbehalten, der Schlusspunkt im wohl dramatischsten Spiel der Fußballgeschichte. Noch heute spricht Grabowski von „einer der bittersten Niederlagen meiner Karriere“. Trotzdem hat sich im Laufe der Jahre bei ihm auch die Erkenntnis durchgesetzt: „Ich habe zu einem Superspiel beigetragen.“