Viele Nummernschilder ohne „S“ vorne stehen an der Egilolfstraße in Birkach. Foto: /Torsten Schöll

Rund um den Campus der Universität Hohenheim verschärft sich das Parkplatzproblem. Die Anwohner in Birkach und Plieningen hatten genau das befürchtet.

Hohenheim - PA, AC, HDH, FÜ – wer mit seinen Kindern Kfz-Kennzeichenerraten spielen will, ist an der Egilolfstraße genau richtig. Entlang der Straße, die das Campusgelände der Universität Hohenheim nach Stuttgart-Birkach abgrenzt, finden sich, Stoßstange an Stoßstange, Fahrzeuge aus ganz Deutschland und den europäischen Nachbarländern. Logisch: In Hohenheim studieren jungen Menschen fast aus aller Welt – und nicht wenige besitzen ein eigenes Auto, das abgestellt sein will.

Bemerkenswert: Die Fahrzeuge parken an der Egilolfstraße allesamt auf der campusabgewandten Seite entlang der Wohnhäuser sowie an den Nebenstraßen des Wohnviertels. Die Querparkplätze der Universität, die sich entlang der Straße aufreihen, stehen dagegen: leer. Eine Momentaufnahme? Leider nicht: „Ich habe die Parkplätze der Universität noch nie voll belegt gesehen, seit das Parken dort etwas kostet“, erzählt der Anwohner Hajo Wehrmann. Der Architekt, dessen Haus an der Abzweigung zum Muttergartenweg steht und in dem auch sein Büro für sich und seine Mitarbeiter untergebracht ist, ärgert sich mächtig: „Das ist nicht in Ordnung“, sagt der 74-Jährige. Nicht nur seine Mitarbeiter haben seit vergangenem Jahr Schwierigkeiten, morgens einen Parkplatz zu finden. Auch die Anwohner, so Wehrmann, müssen erst mehrmals im Karree herumfahren, bis sie irgendwo einen freien Platz erobert haben.

1400 Parkplätze auf dem Campus Hohenheim kosten jetzt

Seit dem 2. November 2020 werden auf Anordnung des Landes Baden-Württemberg die universitätseigenen Parkplätze bewirtschaftet. Rund 1400 Parkplätze betrifft das auf und entlang des Hohenheimer Campus. Was die Anwohner bereits vor Einführung dieser Parkgebühren befürchtet hatten, hat sich bewahrheitet: Die Studenten, die auf jeden Euro achten müssen, scheuen nachvollziehbarerer Weise das Abstellen auf den kostenpflichtigen Plätzen und suchen sich stattdessen lieber Standplätze in den angrenzenden Wohngebieten – zumal die Überwachung der Uni-Parkplätze, die von der landeseigenen Parkraumgesellschaft Baden-Württemberg (PBW) betrieben werden, äußerst streng ist.

Die Fahrzeuge, die an den Wohnstraßen stehen, werden anschließend, wie der Anwohner Eberhard Stabel berichtet, „tagelang nicht mehr bewegt“. Dass die kostenpflichtigen Uniparkplätze derzeit nicht allzu begehrt sind, bestätigt auch der Geschäftsführer der PBW, Gebhard Hruby: „Auf Grund der pandemischen Lage und des fehlenden Präsenzunterrichts ist die Auslastung derzeit deutlich geringer als vor der Coronapandemie. Trotz dieser Einschränkungen werden werktags zwischen 400 und 450 Parktickets innerhalb des Universitätsareals verkauft.“ Doch liegt es tatsächlich an Corona, dass die Uni-Parkplätze leer bleiben?

Wegen Corona sind Uniparkplätze gerade nicht begehrt

Zumindest der Vergleich mit der Zeit vor der Pandemie hinkt: Vor der Pandemie war Parken hier noch gratis. Anwohner Stabel fürchtet viel mehr, dass nach der Coronapandemie nicht etwa die Uni-Parkplätze belegt sind, sondern die Situation im Wohnviertel noch schlimmer wird.

Wie Gebhard Hruby erklärt, habe die PBW, um den Parkdruck auf die Wohngebiete zu minimieren, jüngst einen reduzierten Sondertarif für Studierende und Bedienstete sowie günstige Tarife für die Bewohner der Wohnheime eingeführt. „Ob und inwieweit trotzdem ein Ausweichen auf das angrenzende Wohngebiet stattfindet, kann durchaus hinterfragt werden“, so der PBW-Geschäftsführer.

Anwohner hätten Universitätsparkplätze mitgenutzt

Ein Teil des Parkdrucks im Wohnviertel sei demnach auch dem Umstand geschuldet, dass die Anwohner früher die Universitätsparkplätze mitgenutzt hätten, nun aber selbst im Wohngebiet parkten. „Um die Belange der Anwohner zu berücksichtigen, hat die PBW zusätzlich einen Abendtarif und einen Sonn- und Feiertagstarif in Höhe von zwei Euro eingeführt“, so Hruby.

Wirkliche Abhilfe könnte die Bewirtschaftung auch des öffentlichen Parkraums in den betroffenen Wohngebieten schaffen. Doch die Hürden für eine Anwohnerparkregelung sind hoch: „Aktuell ist eine Ausschreibung in Vorbereitung, die weitere Erhebungen für die Planungen im Parkraummanagement vorsieht“, erklärt ein Sprecher der Stuttgarter Stadtverwaltung. „Sollte sich bei dieser Untersuchung zeigen, dass die Auslastung der Parkplätze im Bereich von 100 Prozent ist, ist die rechtliche Grundlage für die Einführung des Parkraummanagements gegeben.“

Voraussetzungen fürs Anwohnerparken

Die Ergebnisse dieser Untersuchung sollen voraussichtlich zum Jahreswechsel 2021/22 vorliegen. Voraussetzung dafür ist, dass an der Uni wieder Regelbetrieb stattfindet. In einem nächsten Schritt müssten dann der Bezirksbeirat und der Gemeinderat die Einführung der Anwohnerparkregelung beschließen.

Um bis dahin die Pkw-Verdrängungen in anliegende Wohngebiete wenigstens abends und am Wochenende zu mildern, schlägt nun der Bezirksbeirat vor, dass die bewirtschafteten Parkplätze der Universität künftig zu diesen Zeiten kostenfrei sein sollten. Die Stadtverwaltung sei hierzu in Abstimmung mit dem Land.