Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat den Hochschulen im Land mehr Geld zugesagt. Foto: dpa

Das Land sichert den Hochschulen nach deren Hilferuf mehr finanzielle Unterstützung zu. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer verhandelt mit Finanzminister Nils Schmid (SPD) über die Mittel. Ministerpräsident Kretschmann betonte: "Das wird nicht irgendein Nasenwasser sein." 

Das Land sichert den Hochschulen nach deren Hilferuf mehr finanzielle Unterstützung zu. Wissenschaftsministerin Theresia Bauer verhandelt mit Finanzminister Nils Schmid (SPD) über die Mittel. Ministerpräsident Kretschmann betonte: "Das wird nicht irgendein Nasenwasser sein."

Stuttgart - Unter massivem Druck der Universitäten hat die grün-rote Landesregierung den Hochschulen mehr Mittel zugesagt. Unmittelbar vor Protesten an allen neun Unis im Land versicherte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne): „Wir sind uns einig darüber, dass wir die Grundfinanzierung unserer Hochschulen substanziell verbessern müssen.“ Für Kretschmann ist klar: „Das wird nicht irgendein Nasenwasser sein.“

Die Grundfinanzierung sei im Schnitt auf 53 Prozent abgerutscht, erklärte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Zudem erwarte das Land deutlich mehr neue Studenten als noch vor einigen Jahren vorausgesagt. Bauer verhandelt derzeit mit Finanzminister Nils Schmid (SPD) über eine bessere Ausstattung der Hochschulen. Allerdings soll auch das Forschungsressort eigentlich sparen, damit das Land 2020 die Schuldenbremse einhalten kann.

Kretschmann verweist an den Bund

Kretschmann sieht deshalb auch den Bund in der Pflicht und erwartet Signale zur Weiterfinanzierung des Hochschulpaktes 2020, aus dem im vergangenen Jahr 252 Millionen Euro nach Baden-Württemberg flossen. „Die Ankündigungen im Koalitionsvertrag müssen endlich mal umgesetzt werden.“ Der Wohlstand des Landes hänge von der Qualität von Bildung und Wissenschaft ab. „Ökonomischer Fortschritt ist immer stärker wissenschaftsbasiert“ erklärte der Regierungschef.

Bauer pflichtete bei und bezifferte die Lücke aus dem Hochschulpakt für 2015 auf 139 Millionen Euro und für 2016 bis 2020 auf 1,1 Milliarden Euro. Das Land korrigiere seine Hochschulfinanzierung nach oben. „Wir erwarten dieses Signal auch vom Bund.“

Unis schlagen Alarm

Die Universitäten hatten vor kurzem Alarm geschlagen und mit drastischen Einschnitten im Angebot gedroht, etwa der Schließung ganzer Studiengänge, sollte ihrer Finanznot nicht abgeholfen werden. An diesem Mittwoch demonstrieren Professoren, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Studenten der Universitäten erstmals gemeinsam für eine auskömmliche und planbare Hochschulfinanzierung. Die Studierendenschaften fordern unter anderem Verzicht auf Kürzungen, auch an den Musikhochschulen, Erhalt der Qualitätssicherungsmittel in bisheriger Form sowie Anpassung aller finanziellen Mittel an wachsende Studierendenzahlen.

Bauer zeigte Verständnis für die Forderung der Hochschulen nach einer dreiprozentigen Erhöhung der Grundfinanzierung, einem jährlichen Inflationsausgleich und einem Prozent mehr für Sachausgaben. Nach Bauers Worten würden die sukzessive steigenden zusätzlichen Kosten im Jahr 2020 bereits 500 Millionen Euro betragen. Bauer mahnte auch „deutliche größere Schritte“ beim Abbau des Sanierungsstaus von fünf Milliarden Euro an, den die Hochschulen zum Teil mitfinanzieren.

Bauer spricht derzeit mit Finanzminister Schmid über die Mittel für den Solidarpakt III und geplante Einsparungen. Dieses dritte Bündnis soll die Finanzausstattung der Hochschulen von 2015 bis 2020 regeln. Deren Grundfinanzierung hat sich seit dem ersten Solidarpakt 1997 nicht verändert. Bei der Erhöhung der Grundfinanzierung geht es darum, temporäre Zweit- und Drittmittel zu verstetigen etwa aus der Exzellenzinitiative oder aus dem Ausbauprogramm Hochschule 2012.

Kritik von der Opposition

Die CDU-Fraktion vermisst bei der Landesregierung klare Aussagen zu Finanzierung der Hochschulen. CDU-Landeschef Thomas Strobl warnte Grün-Rot, in Erwartung von Bundesmitteln sich aus der Finanzierung der Hochschulen zurückzuziehen. FDP-Generalsekretär Patrick Meinhardt sagte: „Dass die Landesregierung wieder gebetsmühlenartig nach der Finanzierung vom Bund ruft, lässt tief blicken.“

Bauer wies auf die gegenüber den bisherigen Prognosen nochmals steigenden und anhaltend hohen Studienanfängerzahlen hin. In der neuesten Vorausberechnung der Kultusministerkonferenz werden in den kommenden Jahren jährlich bis zu 25.000 Studierende mehr ein Studium im Südwesten aufnehmen als noch zu Beginn des zweiten Solidarpaktes 2007. Das entspricht dem Fünffachen der Anzahl aller Studenten, die jedes Jahr an der größten Universität des Landes, in Heidelberg, ein Studium aufnehmen.

Insgesamt sei die Zahl der Studierenden seit 2007 um 40 Prozent auf heute etwa 330.000 gestiegen. In dieser Zeit sei das Personal vor allem auf Basis von Befristungen und Lehraufträgen aufgestockt worden. Dies führe zu Qualitätsproblemen, weil die besten Köpfe sich nicht mit solchen Arbeitsplätzen begnügen.

Auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sowie die Gewerkschaften Verdi und GEW pochten auf bessere Arbeitsbedingungen an den Universitäten. Entlassungen im Mittelbau hätten überfüllte Hörsäle, überlastete Dozenten, mehr prekäre Beschäftigung und hohe Studienabbrecherquoten zur Folge, monierte GEW-Landeschefin Doro Moritz.