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Versuch beendet: 20.000 Polizisten bekommen neue Uniform - Kosten gestiegen.

Stuttgart - Der Trageversuch ist abgeschlossen. Demnächst werden die neuen blauen Uniformen flächendeckend an die 20.000 Polizisten in Baden-Württemberg ausgeliefert. Die neue Berufskleidung wird deutlich teurer als geplant.

Stephanie Richter möchte nicht mehr tauschen. Seit 1998 trug die Polizistin im Einsatz stets die senfgelb-grüne Uniform, deren Erscheinungsbild völlig veraltet wirkt und leicht an einen Pinselausrutscher im schulischen Malkasten erinnert. Umso mehr freute sich die 32-jährige Polizeioberkommissarin, dass sie in den vergangenen Monaten zum auserwählten Kreis der 200 Testkandidaten für die neue blaue Uniform gehörte. Nun ist der Trageversuch beendet - und Richters Urteil fällt eindeutig positiv aus: "Die neue Uniform ist nicht nur viel freundlicher fürs Auge, man fühlt sich auch deutlich wohler darin."

Ledejacke war bei Regen ein nasser Sack

Es ist ein altes Geheimnis, dass gute Leistungen am Arbeitsplatz davon abhängig sind, wie das Betriebsklima ist. Die neue blaue Uniform könnte der oft gebeutelten Polizei also helfen. "Alle Kolleginnen und Kollegen, die wie ich die neue Uniform getestet haben, sind sehr zufrieden", berichtet Richter über die Erfahrungen in den vergangenen Wochen. Vor allem der Tragekomfort scheint größer geworden zu sein. Wo es bisher eine Jeans und eine bieder wirkende Tuchhose - beide in Senfgelb - gab, erhalten die Polizisten nun eine leichte Tuchhose und eine Cargohose, jeweils in Blau.

Und auch das ist neu: Während es bisher immer wieder vorkam, dass Polizisten auch bei Regen mit ihrer Lederjacke unterwegs sein mussten, die aber mit zunehmender Nässe einem schweren Sack glich, gibt es nun ein Kleidungssortiment, das je nach Wetterlage gewechselt werden kann - von der Tuchjacke für den Innendienst über eine winddichte Softshelljacke bis zur Regenjacke und einer warmen Winterjacke. Die Lederjacke bleibt im Sortiment. Hinzu kommt: Viele Polizisten, die zuletzt nebenbei zu Models wurden, empfinden den Schnitt der Hemden und Blusen als besser und loben die Wascheigenschaften: "Da knittert nichts mehr, das ist alles längst nicht so bügelintensiv wie vorher", bestätigt Stephanie Richter.

Auslieferung der Uniformen ab Oktober

Innenminister Heribert Rech wird's gerne hören. 2007 hatte die CDU-FDP-Landesregierung den Startschuss für die neuen blauen Uniformen gegeben. Ziel damals: Der Tragekomfort, die Qualität und die Funktionalität der Berufskleidung für die 20.000 Polizeibeamten im Land müsse deutlich verbessert werden. Nun ist der Versuch abgeschlossen, und Rech fühlt sich bestätigt: "Nachdem die neuen Uniformen für gut befunden wurden, wollen und werden wir diese nun auch zeitnah an die Frau beziehungsweise an den Mann bringen", kündigte der Minister auf Anfrage unserer Zeitung an. Mehrjährige Übergangszeiten solle es, auch "im Hinblick auf ein einheitliches Erscheinungsbild der Polizei in Baden-Württemberg", nicht geben.

Eine Sprecherin von Rech bestätigte auf Anfrage, dass die Auslieferung der neuen Uniformen "ab Oktober beginnen wird". Zunächst sollen die Polizisten im Streifendienst komplett eingekleidet werden, hinzu kommen die Leiter der Polizeidirektionen und Verantwortliche in der Öffentlichkeitsarbeit. Auf diese Weise sollen innerhalb von drei Monaten rund 10.000 Beamte ihre neue Dienstkleidung passgenau erhalten.

Mehrkosten durch notwendige Verbesserungen

In einem zweiten Schritt werden dann die anderen 10.000 Polizisten versorgt. "Das Ganze wird eine logistische Mammutaufgabe", heißt es im Innenministerium. Die fünf Standorte der Bereitschaftspolizei in Böblingen, Göppingen, Biberach, Bruchsal und Lahr werden zu zentralen Verteilstellen. Allein in Böblingen wird das Land ein Zentrallager einrichten, in dem auf rund 2700 Quadratmeter Fläche bis zu 360.000 Bekleidungsteile zwischengelagert werden.

So schön und nützlich die neue blaue Uniform ist, so sehr hat sie jedoch ihren Preis. Bei der Entscheidung vor drei Jahren war das Kabinett des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) von Kosten in Höhe von rund 15 Millionen Euro ausgegangen. Nun aber hat sich der Preis auf rund 17,7 Millionen Euro verteuert. Die Mehrkosten resultieren aus notwendigen Verbesserungen, die sich im Zug der Tragetests ergeben hatten. So hatten mehrere Beamte darauf hingewiesen, dass die Gesäßtaschen der Hosen kaum nutzbar seien, weil der Waffengürtel sie abdeckt. Inzwischen wurde das Problem im Design der Hosen behoben. Nach Aussage des Innenministeriums sollen die notwendigen, zusätzlichen Gelder aus dem Etat 2010/2011 finanziert werden.

Im Zuge der Umstellung von Senfgelb-Grün auf Blau werden in den nächsten Wochen auch die letzten grün-weißen Streifenwagen von den Straßen im Land verschwinden. Schon in den vergangenen Monaten waren neue Polizeifahrzeuge nur noch in Blau-Silber beschafft worden. Alle anderen Fahrzeuge, die das Land geleast hat, werden nun bis Ende des Jahres mit Folien und entsprechenden Schriftzügen in Blau neu beklebt. Erfahrungen, wie sie Stephanie Richter zu Beginn des Trageversuchs gemacht hatte, dürften dann endgültig der Vergangenheit angehören. Da war die junge Polizistin beim Anblick ihrer blauen Uniform von Passanten immer wieder mit Worten wie "Wer sind denn Sie?" oder "Zu wem gehören Sie?" angesprochen worden.